ILD frühzeitig erkennen

Dr. Angelika Bischoff

Die ILD kann reversibel und selbstlimitierend oder mit Gefahr der Progression, stabil mit Residuen sowie progredient irreversibel verlaufen. Die ILD kann reversibel und selbstlimitierend oder mit Gefahr der Progression, stabil mit Residuen sowie progredient irreversibel verlaufen. © pickup – stock.adobe.com

Interstitielle Lungenerkrankungen kommen auch im Rahmen einiger rheumatologischer Systemerkrankungen als prognostisch relevante Organmanifestationen vor. Dies verlangt eine umfassende pulmologische Diagnostik.

Der Begriff interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) umfasst über 300 verschiedene  Krankheiten. Auslöser gibt es viele, sie reichen von exogenen inhalativen Noxen wie anorganische Substanzen, Medikamenten- oder Strahlenexposition bis hin zu endogenen autoimmunen Prozessen. Insbesondere bei der rheumatoiden Arthritis, Kollagenosen und Vaskulitiden sind ILD nicht selten. Die Lungenbeteiligung kann dabei im Rahmen einer bekannten rheumatologischen Erkrankung auftreten oder als ihr erstes Zeichen. Manchmal manifes­tiert sich die ILD auch als IPAF. Dabei handelt es sich um eine interstitiellen Pneumonie mit autoimmunen Features, die nicht die Kriterien einer spezifischen rheumatologischen Erkrankung erfüllt. 

Die ILD kann reversibel und selbstlimitierend oder mit Gefahr der Progression, stabil mit Residuen sowie progredient irreversibel verlaufen. Bedrohlich wird die Situation, wenn eine akute Exazerbation auftritt. Auslöser dafür sind häufig Infektionen oder auch operative Eingriffe. Bei Patienten mit ILD besteht zudem ein hohes Risiko, dass eine SARS-CoV-2-Infektion schwer verläuft und die Fibrose verschlechtert. 

Da sich sowohl die Prognose als auch die Therapie verschiedener ILD-Formen deutlich voneinander unterscheiden, ist eine korrekte Diagnose unabdingbar. 

Die pulmonalen Beschwerden einer ILD nehmen meist sehr langsam allmählich zu. Anamnestisch sollte bei jedem ILD-Patienten auch nach Symptomen für rheumatische Erkrankungen gefragt werden. Dazu gehören

  • Gelenkbeschwerden,
  • Muskelschwäche
  • Hautveränderungen,
  • RaynaudSymptomatik,
  • Sicca-Problematik sowie
  • Schluck- und Refluxbeschwerden.

Umgekehrt sollte das Erfassen pulmonaler Symptome wie Husten oder Dyspnoe schon frühzeitig zum Management von Patienten mit rheumatologischer Erkrankung gehören. 
Anamnestisch erfasst werden müssen zudem exogene Noxen im Umfeld des Patienten als mögliche ILD-Auslöser: Vogelhaltung, Schimmel, Nikotin, thorakale Bestrahlung oder Medikamente. Assoziiert mit ILD sind vor allem Nitrofurantoin, Amiodaron, Platinderivate, Busulfan oder Checkpoint-Inhibitoren, nicht jedoch das früher oft angeschuldigte Methotrexat. 

Bei ILD-Patienten lässt sich meist ein typisches inspiratorisches Knisterrasseln beidseitig dorsobasal auskultieren. Wenn dies nicht zu vernehmen ist, darf man eine ILD aber nicht ausschließen. Weitere häufige klinische Zeichen sind Uhrglasnägel und Trommelschlegelfinger. Desweiteren ist nach rheumatologischen Manifestationen zu suchen, z. B. nach Sklerosierungen oder Exanthemen der Haut, druckschmerzhaften oder geschwollenen Gelenke und Muskelschwäche. 

Die Labordiagnostik zielt darauf ab, eine Grunderkrankung aufzudecken und Organfunktionen zu kontrollieren. Das Basislabor sollte Differenzialblutbild, Leber- und Nierenwerte, Kreatinkinase, Laktatdehydrogenase, Elektrophorese, Blutsenkung, CRP und Urinanalyse umfassen. Erhöhte Konzentrationen von Angiotensin-Konversionsenzym (ACE) oder löslichem Interleukin-2-Rezeptor sind verdächtig auf eine Sarkoidose. Natriuretische Peptide spiegeln eine eventuell kardiale Komorbidität wider. 

Zusätzlich zum Basislabor sollte ein Screening auf antinukleäre Autoantikörper (ANA) durchgeführt werden. Dies geschieht am besten durch ANA-Immunfluoreszenz. Bei positivem Befund wird die Serologie erweitert: SSc-spezifische AK, Anti-dsDNS, Anti-Sm, Anti-U1-RNP, Anti-SS-A, Anti-SS-B und Myositis-spezifische Antikörper wie Anti-jo-1. Die drei letztgenannten spezifischen Antikörper sollten auch bestimmt werden, wenn das ANA-Screening negativ ausfällt. Bei Verdacht auf eine rheumatoide Arthritis sind Rheumafaktor und Anti-CCP-AK zu bestimmen, bei Vaskulitisverdacht helfen c/p-ANCA, Anti-MPO-AK und Anti-PR3. 

Die Lungenfunktionsprüfung ergibt bei ILD restriktive Einschränkungen und dient der Einschätzung des Schweregrads. Auch bei Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen sollte die Lungenfunktion frühzeitig geprüft werden, um eine Lungenbeteiligung zu erkennen. 

Als wichtigster Prognose- und Verlaufsparameter gilt die forcierte Vitalkapazität (FVC). Während gesunde Erwachsene jährlich im Mittel etwa 20 ml FVC verlieren, nimmt die FVC bei Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose pro Jahr um 150–200 ml ab. Ein Rückgang um mehr als 10 % in zwölf Monaten zeigt einen rasch progredienten Verlauf an. Die Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO) ist in der Regel schon bei Erkrankungsbeginn erniedrigt. Klinisch relevant sind vor allem Verlaufsmessungen. Ergänzt werden sollten diese Messungen durch Belastungstests, z.B. den 6-Minuten-Gehtest.

Bildgebende Methode der Wahl zur ILD-Diagnostik ist die Computertomografie. Aus der Art und Verteilung der interstitiellen Muster kann die Erkrankung typisiert werden. Das Thorax-Röntgen in zwei Ebenen dient dazu, wichtige Differenzialdiagnosen wie Pneumonie oder Herzinsuffizienz auszuschließen. Auch der Lungenultraschall kann dazu beitragen. 
Die bronchoalveoläre Lavage mit Lungenbiopsie wird durchgeführt, um inflammatorische Prozesse infektiöser, toxischer oder allergischer Genese von Lungenfibrosen als Systemerkrankungen abzugrenzen. 

Quelle: Reichenberger F, Dechant C, Ley S, Gschwendtner A, Benedikter J, Späthling-Mestekemper S, Kneidinger N, Powitz F, Krüger K, Wahle M, Schwaiblmair M „Diagnostik interstitieller Lungenerkrankungen – Handlungsempfehlung mit Fokus auf rheumatologische Systemerkrankungen“, Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 1371-1382; DOI: 10.1055/a-1877-0275 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
 

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die ILD kann reversibel und selbstlimitierend oder mit Gefahr der Progression, stabil mit Residuen sowie progredient irreversibel verlaufen. Die ILD kann reversibel und selbstlimitierend oder mit Gefahr der Progression, stabil mit Residuen sowie progredient irreversibel verlaufen. © pickup – stock.adobe.com