Immer mehr Therapieoptionen für M. Crohn

Dr. Andrea Wülker

Lang andauernde Remission und keine Komplikationen lauten heute die Ziele. Lang andauernde Remission und keine Komplikationen lauten heute die Ziele. © fotolia/animaflora

Junger Patient mit Bauchschmerzen, chronischen Durchfällen, Gewichtsabnahme und Fatigue? Da sollten Sie an einen Morbus Crohn denken. Die Inzidenz der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) steigt weltweit, aber es gibt auch gute Nachrichten: Die Zahl der Behandlungsmöglichkeiten nimmt ebenfalls zu.

Der M. Crohn beginnt typischerweise im Teenager- oder jungen Erwachsenenalter und verläuft in Schüben. Am häufigsten sind das terminale Ileum und Kolon betroffen, doch kann sich die Erkrankung am gesamten Gastrointestinaltrakt manifestieren, schreiben Dr. Joana Torres von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York, und Kollegen. Man nimmt an, dass der M. Crohn auf einem komplexen Zusammenspiel aus genetischer Suszeptibilität, Umweltfaktoren und veränderter Darm-Mikrobiota beruht, was zu einer abnormen Immunantwort der Schleimhaut und zu einer gestörten Epithelbarriere führt.

Neben Medikamenten auch Ernährungstherapie erwägen

Moderne Therapiestrategien zielen darauf ab, die Progression der Erkrankung und damit Komplikationen zu verhindern. Damit umfasst die Behandlung einerseits die Remissionsinduktion und andererseits die Erhaltungstherapie. Die Wahl der Medikation richtet sich nach der Schwere der Erkrankung und nach dem Ansprechen auf vorhergehende Therapien. Am häufigsten kommen Kortikosteroide, Immunsuppressiva und Biologika zum Einsatz. 5-Aminosalicylate zeigen sich im präoperativen Setting wenig effektiv und ihre Wirksamkeit, postoperativ ein Crohn-Rezidiv zu verhindern, ist gering. Der Einsatz von Antibiotika sollte auf Fälle mit Fisteln und/oder Abszessen beschränkt bleiben. Zu Probiotika und Stuhltransplantation laufen aktuell intensive Forschungen, doch hat sich ihr Einsatz noch nicht etabliert.

Die Ernährungstherapie stellt eine wichtige Behandlungskomponente bei Crohn-Patienten mit Gewichtsverlust oder Malnutrition sowie vor operativen Eingriffen dar. Bei Kindern mit M. Crohn empfehlen Experten die alleinige orale Ernährungstherapie als Erstlinientherapie zur Remissionsinduktion. Zu den Medikationsgruppen im Einzelnen schreiben die Kollegen: Kortikosteroide wie Budesonid oder Prednisolon dienen der Behandlung eines leicht bis mäßig aktiven M. Crohn. Bei lokalisiertem ilealem oder ileozökalem Befall sollte das topisch wirksame Budesonid bevorzugt eingesetzt werden, um systemische Nebenwirkungen möglichst zu vermeiden. Bei allen anderen Lokalisationen stehen sys­temische Steroide (Prednisolon) im Vordergrund. Budesonid und Prednisolon eignen sich nicht zur Erhaltung der Remission.

Steroide nur zeitlich begrenzt verordnen

28 % der Patienten entwickeln eine Steroidabhängigkeit und der Entzug mit einer kortisonsparenden Substanz gilt als wichtiges Ziel, um langfristige Nebenwirkungen (Dia­betes, Osteoporose, Hypertonie, Infektionen) zu vermeiden. Immunsuppressiva wie Thiopurine (Azathioprin und Mercaptopurin) und Methotrexat sollten nur zur Erhaltungstherapie herangezogen werden. Einige Studien berichteten, dass Thiopurine bei M. Crohn zu einem geringeren Bedarf an operativen Eingriffen führen und einen moderaten Nutzen im Hinblick auf die Remissionserhaltung haben.

Allerdings geht der Einsatz dieser Medikamente mit einem erhöhten Risiko für bestimmte Malignome (Lymphome, bestimmte Hautkrebsarten, Tumoren des Harntrakts) einher. Obwohl einige Evidenz für die Wirksamkeit von Methotrexat (MTX) vorliegt, herrscht bei CED damit bisher eher Zurückhaltung – wahrscheinlich, weil insbesondere junge Menschen erkranken. Zudem ist MTX in der Schwangerschaft kontraindiziert. Doch es weist ein günstiges Nutzen-Risiko-Profil auf und findet heute zunehmend als Monotherapie oder in Kombination Verbreitung.

Die drei TNF-a-Antikörper Infliximab, Adalimumab und Certolizumab Pegol (nur in einigen Ländern erhältlich) können bei M. Crohn eine Remission induzieren und aufrechterhalten. TNF-a-Blocker besitzen die höchste Wirksamkeit in der Therapie des M. Crohn, doch ihre Zulassung beschränkt sich auf Patienten, die auf Steroide oder Thiopurine nicht angesprochen haben. Infliximab erwies sich als einziger TNF-a-Blocker in einer randomisierten kontrollierten Studie bei perianalem M. Crohn als effektiv.

Inzwischen stehen die ersten Bio­similars zur Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen zur Verfügung. Sie dürften sich hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit nicht wesentlich von den Originalprodukten unterscheiden, kosten aber weniger. Alle monoklonalen Antikörper können Immunogenität auslösen.

Antikörper können ihre Wirksamkeit verlieren

Wenn die Wirksamkeit einer Anti-TNF-Monotherapie im Lauf der Zeit nachlässt, ist es möglicherweise sinnvoll, ein Immunsuppressivum zusätzlich zu geben, um Immunreaktionen gegen den monoklonalen Antikörper zu reduzieren. Die Anti-TNF-Behandlung bietet in der klinischen Praxis im Allgemeinen gute Verträglichkeit, doch sie verdoppelt bei CED-Patienten das Risiko für opportunistische Infektionen und man befürchtet, dass sie das Melanomrisiko erhöhen kann, so die Autoren.

Zu den neuen Biologika gehören Vedolizumab und Ustekinumab. Ersteres ist ein monoklonaler Antikörper, der das α4β7-Integrin blockiert, was zu einer darmselektiven antiinflammatorischen Aktivität führt. Vedolizumab bewirkt bei refraktärem und luminalem Morbus Crohn eine Induktion und Erhaltung der klinischen Remission.

Der monoklonale Antikörper Ustekinumab blockiert die Interleukine IL-12 und IL-23. In Studien war er bei Patienten mit moderatem bis schwerem Morbus Crohn, die noch keine Anti-TNF-Therapie erhalten hatten oder auf Standardmedikamente nicht ansprachen, gegenüber Placebo überlegen. Für beide Substanzen sind jedoch noch Langzeitdaten zum Sicherheitsprofil erforderlich.

Quelle: Torres J et al. Lancet 2016; online first

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Lang andauernde Remission und keine Komplikationen lauten heute die Ziele. Lang andauernde Remission und keine Komplikationen lauten heute die Ziele. © fotolia/animaflora