Immunmangelsyndrom: Bei chronischer Sinusitis die Antikörper untersuchen

Dr. Barbara Kreutzkamp

Es lohnt sich, die Antikörperspiegel unter die Lupe zu nehmen. Es lohnt sich, die Antikörperspiegel unter die Lupe zu nehmen. © ustas – stock.adobe.com

Wenn die Sinusitis einfach nicht verschwinden will, kann dahinter ein Immunmangelsyndrom stecken. Die Quantifizierung von IgG und IgA sowie eine Impfung gegen S. pneumoniae helfen bei der Diagnose.

Eine chronische Rhinosinusitis mit länger als zwölf Wochen andauernden Beschwerden gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen überhaupt. Wenn die Therapie nicht anschlägt, könnte es an einem begleitenden Immun­defekt liegen, schreiben Professor Dr. Ludger­ Klimek­, Zentrum für Rhinologie und Allergologie in Wiesbaden, und Kollegen. Sowohl primäre als auch sekundäre Immunmangelsyndrome kommen bei Patienten mit chronischer Rhinosinusitis überdurchschnittlich häufig vor.

In puncto primärer Immundefekte dominiert das variable Immundefektsyndrom mit einem Mangel an IgG sowie mindestens einer weiteren Ig-Klasse. Weitere Erkrankungen sind der selektive IgA-Mangel – bei dem der für die Schleimhautabwehr essenzielle Immunglobulintyp A zu wenig gebildet wird  – und das primäre spezifische Antikörpermangelsyndrom, das mit normalen Immunglobulintitern im Serum einhergeht. Den entscheidenden Hinweis liefert die Konfrontation z.B. mit Streptococcus pneumoniae – entweder in Form einer Infektion oder einer Impfung mit Polysaccharid-Vakzine, auf die jemand mit spezifischem Antikörpermangelsyndrom nur mit einer sehr schwachen IgG-Antikörper-Antwort reagiert.

Gezielte Antibiose nach Bakteriennachweis

Häufiger als primäre Immunmangelsyndrome treten sekundär bedingte Defizienzen auf, z.B. im Rahmen von Malnutrition, metabolischen Störungen wie Diabetes mellitus, hämatologischen Malignomen oder einer HIV-Infektion. Auch Medikamente wie Kortikosteroide, Immunsuppressiva, Rituximab oder Chemotherapien ziehen das Immunsystem in Mitleidenschaft.

Um den Verdacht zu bestätigen, werden nach der Anamnese und Bildgebung umfangreiche La­bortests erhoben. Sie umfassen ein komplettes Blutbild, die Quantifizierung verschiedener Serum-Ig-Subklassen sowie die Überprüfung von Antikörperspiegeln gegen Pneumokokken-Serotypen und/oder gegen andere Polysaccharidantigene für Impfstoffe.

Je nach Schweregrad kommen im Falle akuter Exazerbationen orale oder parenterale Antibiotika zum Einsatz. Insbesondere bei schwerer Symptomatik ist ein Keimnachweis optimal, dessen Ergebnis dann eine gezielte Antibiose ermöglicht. Außerdem sollte man auf ein Antibiotikum zurückgreifen, dass in der respiratorischen Mukosa hohe Spiegel erzielt, schreiben die Autoren. Für die empirische Therapie gilt: Mittel der Wahl sind bei oraler Gabe Aminopenicilline sowie Cephalosporine der ersten und zweiten Generation – mit jeweils einer deutlichen Lücke gegen Haemophilus influenzae.

Makrolide stellen in dieser Indikation traditionell Ausweichmedikamente dar, ebenso Tetrazykline (bei Chlamydia pneumoniae jedoch Mittel der Wahl) und Trimethoprim-Sulfonamid-Kombinationen, die in dieser Indikation ebenfalls Keim- und zusätzlich Resistenzlücken aufweisen. Chinolone sind wirksam, bleiben aufgrund der raschen Resistenzentwicklung allerdings Problemkeimen vorbehalten.

Wenn Impfung und Antibiose versagen, Antikörper geben

Gegen S. pneumoniae immunisieren bietet prophylaktisch eine gute Option, es vermindert die Inzidenz der sinopulmonalen Infekte. Spricht der Patient nur unzureichend auf den Polysaccharidimpfstoff an, weicht man auf eine Konjugatvakzine aus. Persistiert die Nebenhöhlen­entzündung trotz Immunisierung oder prophylaktischer Antibiose, steht für Patienten mit spezifischem Antikörper- oder mit sekundärem Immunmangelsyndrom (z.B. unter einer Rituximabbehandlung) zusätzlich eine Ig-Substitution zur Verfügung. Für Betroffene mit selektivem IgA-Mangel ist sie hingegen nicht indiziert.

Minimalinvasiver Eingriff kann sich lohnen

Die chirurgische Therapie mit minimalinvasiven Ansätzen wie der funktionellen endoskopischen Nasennebenhöhlen-Chirurgie ist ersten Studien zufolge auch für Patienten mit chronischer Rhinosinusitis bei Immunmangelsyndromen effektiv. Auch im Falle einer begleitenden Sarkoidose kann der chirurgische Eingriff eine Option bieten – vor allem, wenn Antibiotika versagen.

Quelle: Klimek L et al. HNO 2019; 67: 715-730

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