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Immuntherapie plus Anti-Angiogenese zusätzlich zur Chemotherapie verlängert Überleben

Immunsuppression, Neoangiogenese und Vaskularisierung sind wesentliche Eigenschaften des Tumor-Microenvironments beim fortgeschrittenen kleinzelligen Lungenkarzinom (ES-SCLC), die für den nur begrenzten Nutzen von Immuntherapien bei diesem Krankheitsbild verantwortlich zeichnen: Die Kombination aus Immun- und Chemotherapie hat bislang lediglich zu einer Überlebensverlängerung von im Median rund zwei Monaten geführt. Die Reprogrammierung des Microenvironments sowie die Normalisierung der Tumorgefäße in Kombination könnte synergistische Effekte erzielen und in der Folge die Infiltration von Immunzellen erleichtern. Chinesische Onkolog:innen versuchten das in einer Phase-3-Studie, in der sie den neuartigen PD-L1-Checkpoint-Inhibitor Benmelstobart mit dem Angiogenese-Inhibitor Anlotinib und einer Etoposid-Carboplatin-Chemotherapie kombinierten.
Diese Chemotherapie stellte zu Studienbeginn den gültigen Standard in der Erstlinie des ES-SCLC dar. Deshalb erhielten die Patient:innen folgende Regime:
- vier Zyklen Etoposid/Carboplatin plus Placebo (Kontrolle)
- Etoposid/Carboplatin plus Benmelstobart und Anlotinib
- Etoposid/Carboplatin plus Anlotinib allein
Nach Ende der Chemotherapie wurde eine Erhaltung aus Placebo, Benmelstobart plus Anlotinib bzw. Anlotinib allein bis zu einer Progression der Erkrankung oder bis zum Auftreten inakzeptabler Toxizitäten gegeben. Primäre Endpunkte waren das von einem unabhängigen Komitee ermittelte Gesamtüberleben und progressionsfreie Überleben, wie Prof. Dr. Ying Cheng, Jilin Cancer Hospital, Changchun, berichtete.1
Sie präsentierte einen Vergleich der ersten Daten der 246 Personen im Benmelstobart/Anlotinib-Arm und der 247 Patient:innen im Kontrollarm. Die Kombination war sowohl beim PFS (median 6,9 Monate vs. 4,2 Monate; HR 0,32; p < 0,0001) als auch beim OS mit median 19,3 Monaten vs. 11,9 Monate (HR 0,61; p = 0,0002) hoch signifikant überlegen. Ähnliches galt für die objektive Ansprechrate (81,3 % vs. 66,8 %) und die Dauer des Ansprechens (median 5,8 Monate vs. 3,1 Monate).
Therapiebedingte Nebenwirkungen traten unter der Kombination bzw. Chemotherapie allein bei 93,1 % vs. 87,0 % der Teilnehmenden auf. 4,5 % bzw. 1,6 % der Patient:innen verstarben an den Toxizitäten. Am häufigsten waren in beiden Armen Neutropenien, Thrombozytopenien und Leukopenien; immunvermittelte Nebenwirkungen aller Schweregrade traten im Kombinationsarm mit 42,7 % vs. 19,1 % deutlich öfter auf.
Das, so Prof. Cheng, sind die bisher längsten Überlebenszeiten, die beim neu diagnostizierten ES-SCLC beobachtet wurden – und das bei einem akzeptablen und handhabbaren Sicherheitsprofil.
Neue vielversprechende Therapieoption
Zu einer neuen Behandlungsstrategie beim ES-SCLC stellte Prof. Dr. Martin Wermke, Technische Universität Dresden, Daten aus einer Phase-1-Studie vor: DLL3 ist ein inhibitorischer Notch-Ligand, der sich auf der Oberfläche von SCLC und neuroendokrinen Karzinomen findet. Der bispezifische Antikörper BI 764532 erkennt mit dem einen Ende DLL3 und mit dem anderen das CD3-Antigen auf zytotoxischen T-Zellen. Die beiden Zelltypen werden dadurch in engen räumlichen Kontakt gebracht, sodass die T-Zelle an die Tumorzelle ankoppeln und sie lysieren kann. In der Phase-1-Studie wurde BI 764532 bei bislang 90 Patient:innen mit lokal fortgeschrittenen Tumoren erprobt, von denen 47 ein SCLC aufwiesen. Die Substanz wurde in drei verschiedenen Dosisexpansions-Schemata gegeben und war bislang relativ gut verträglich. Die Wirksamkeit, die in Phase-1-Studien nur ein sekundärer Endpunkt ist, war mit einer Ansprechrate von 26 % (Dosis ≥ 90 µg/kgKG) für die stark vorbehandelten Patient:innen – drei Viertel hatten mindestens zwei Vortherapien erhalten – vielversprechend, ohne dass bislang die maximal tolerierte Dosierung erreicht worden wäre.
Quelle:
Wermke M. IASLC WCLC 2023; OA01.05
Immun- und Chemotherapie alleine weniger wirksam
In einer weiteren Phase-3-Studie, die ebenfalls von Prof. Cheng vorgestellt wurde, kam der PD1-Antikörper Tislelizumab in Kombination mit Etoposid-Platin bei 457 Patient:innen mit neu diagnostiziertem ES-SCLC randomisiert gegen die alleinige Chemotherapie zum Einsatz.2 Hier fiel die Wirkung deutlich geringer aus: Das OS betrug unter Tislelizumab vs. alleinige Chemotherapie median 15,5 Monate vs. 13,5 Monate (HR 0,75; p = 0,0035) und das PFS median 4,8 Monate vs. 4,3 Monate (HR 0,63; p < 0,0001). Beim Sicherheitsprofil waren die Resultate ganz ähnlich wie in der erstgenannten Studie.
Ähnlich die bereits vor einigen Jahren publizierten Ergebnisse der Phase-3-Studie IMpower133, in der 403 Patient:innen mit ES-SCLC den PD-L1-Inhibitor Atezolizumab mit Etoposid-Carboplatin oder nur die Chemotherapie erhielten: Hier hatte die Immuntherapie das mediane Gesamtüberleben von 10,3 Monaten auf 12,3 Monate verlängert (HR 0,76; p = 0,0154), unabhängig von PD-L1-Expression und Tumormutationslast. In Singapur konnte Prof. Dr. Stephen Liu, Georgetown University, Washington D.C., die Fünf-Jahres-Daten dieser Studie sowie die Ergebnisse einer Phase-4-Studie vorstellen, in die Patient:innen aus dem Verumarm nach dem Ende von IMpower133 hatten wechseln können.3 Letzteres traf auf 18 Patient:innen zu; insgesamt waren nach den fünf Jahren noch elf Personen aus dem experimentellen Arm am Leben (12 %).
Der Kontrollarm war nicht so lange nachverfolgt worden, aber darin waren bereits nach zwei Jahren nurmehr 16 Patient:innen am Leben gewesen. Es sei damit klar, dass die Blockade der PD1-/PD-L1-Immuncheckpoint-Achse beim ES-SCLC das Überleben verlängert, bei einigen Patient:innen sogar über längere Frist. Die Ergebnisse seien bei Weitem noch nicht befriedigend, aber doch besser als zuvor, resümierte Prof. Liu.
Quellen:
1. Cheng Y. IASLC WCLC 2023; OA01.03
2. Cheng Y. IASLC WCLC 2023; OA01.06
3. Liu S. IASLC WCLC 2023; OA01.04
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