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Intensive Antiaggregation schadet MINOCA-Patienten eher

MINOCA stellt Kardiologen vor Probleme, weil es kaum Evidenz zu Charakteristika, Prognose und optimalem Management gibt. Unklar war bisher auch, welche Rolle der Plättchenhemmung zukommt. Eine Nachanalyse der randomisierten CURRENT-OASIS-7-Studie bringt teilweise Licht ins Dunkel. An der etwa zehn Jahre alten Untersuchung nahmen mehr als 25 000 Patienten mit akutem Koronarsyndrom (ACS) teil, wie Dr. Matthias Bossard vom Kantonsspital Luzern ausführte.
Ischämiezeichen, aber keine Stenosen ≥ 50 %
Im 2 x 2 faktoriellen Design hatte je eine Gruppe Clopidogrel entweder in Standarddosierung (300 mg an Tag 1, 75 mg an den Tagen 2–30) oder in Hochdosis (600 mg an Tag 1, 150 mg an den Tagen 2–7, 75 mg bis Tag 30) erhalten. Zudem war im Rahmen der dualen Plättchenhemmung ASS entweder in Hoch- oder Niedrigdosis verabreicht worden. In der aktuellen Analyse ging es den Forschern aber um das Clopidogrel.
Beim primären Endpunkt – der Kombination von kardiovaskulärem Tod, Herzinfarkt und Schlaganfall binnen 30 Tagen – profitierten ACS-Patienten nach perkutaner Intervention vom Clopidogrel-Hochdosisregime: Entsprechende Komplikationen und Stentthrombosen ereigneten sich seltener. Unter den Teilnehmern befanden sich knapp 1600 mit einem Infarkt ohne Obstruktion, die man sich nun genauer anschaute. Definiert war der MINOCA als Troponinerhöhung samt Ischämiezeichen, aber ohne relevante Stenosen (≥ 50 %) in der Angio.
Komplikationen dreimal häufiger bei Doppeldosis
Betroffene waren jünger als Patienten mit Koronarobstruktion und wiesen weniger Begleiterkrankungen auf, berichtete Dr. Bossard. Kardiovaskuläre wie auch Blutungskomplikationen und Sterberisiko lagen drei- bis viermal niedriger. Zu unerwünschten Ereignissen binnen 30 Tagen kam es bei MINOCA insgesamt selten (< 1 % der Fälle). Jedoch tat man diesen Patienten keinen Gefallen, wenn man sie auf die Doppeldosis Clopidogrel setzte. Dann stieg die Rate des kombinierten Endpunktes um das 3,57-Fache und die Gesamtmortalität vervierfachte sich. Letzterer Zusammenhang war wegen der geringen Fallzahlen nicht signifikant. Blutungen kamen unter intensivierter Plättchenhemmung bei MINOCA nicht häufiger vor.
Natürlich müssen diese Daten mit Vorsicht betrachtet werden, stammen sie doch aus einer Post-hoc-Analyse. Nichtsdestotrotzt dürfe man nicht alle Patienten mit akutem Koronarsyndrom über einen Kamm scheren, betonte Dr. Bossard.
Schweizer Kollege rechnete mit einem Benefit
Die eindeutigen Ergebnisse bewertete er als überraschend. Denn MINOCA fußt durchaus auf Pathologien wie Plaqueschäden oder Koronardissektion, bei denen ein Benefit von der intensiven Plättchenhemmung zu erwarten gewesen wäre. Das Fazit des Kollegen lautet: „Bei MINOCA-Patienten sollten Kardiologen die aggregationshemmende Therapie an der zugrunde liegenden Pathologie ausrichten.“ Patienten routinemäßig eine hochdosierte duale Plättchenhemmung zu verordnen, sei möglicherweise überflüssig und schädlich.
Quelle: ESC* Congress 2019
* European Society of Cardiology
** Myocardial Infarction With Nonobstructive Coronary Arteries
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