Kandidaten für aktive Beobachtung

EADV 2023 Dr. Susanne Gallus

Sollte oder muss man alle Basalzellkarzinome therapieren? Sollte oder muss man alle Basalzellkarzinome therapieren? © Markus Bormann – stock.adobe.com

Jedes Jahr werden weltweit über fünf Millionen neue Basalzellkarzinome (BCC) diagnostiziert. Wie Daten vermuten lassen, könnte die Dunkelziffer in Europa sogar um 70 % höher liegen. 

Das Risiko für Metastasen liegt allerdings bei 0,0028–0,55 %, gab Dr. Isabelle­ Hoorens vom Ghent University Hospital zu bedenken. In einer Beobachtungsstudie mit 89 Patienten (280 BCC) wuchsen diese durchschnittlich pro Jahr um 1–4 mm. 53 % der Läsionen blieben im folgenden Jahr sogar stabil. Sollte oder muss man daher alle BCC therapieren? Ein besonderes Augenmerk sollte diesbezüglich auf Patient:innen gelegt werden, bei denen allgemein von einer geringen verbleibenden Lebenserwartung auszugehen ist. 

Insgesamt sind Letztere eine sehr heterogene Gruppe, v.a. aufgrund der Bandbreite an Komorbiditäten. Dennoch zeigten Studien, dass dies bei der OP-Entscheidung oft keine Rolle zu spielen scheint. Laut einer US-Studie werden ca. 70 % der Patient:innen operiert, ungeachtet der verbleibenden Lebenserwartung. Retrospektiv erhalten jährlich über 100.000 US-Patient:innen eine OP in ihrem letzten Lebensjahr. Dass sich die behandelnden Ärzt:innen dazu entscheiden, abzuwarten und die Situation aktiv zu beobachten, ist nur sehr selten der Fall, fasst Dr. Hoorens die Situation zusammen.

Erstens, zweitens, drittens...

Welche Faktoren muss man bei der Therapieentscheidung berücksichtigen? Erstens: Ältere Patient:innen entwickeln häufiger noduläre BCC im Kopf-Hals-Bereich im Vergleich zu jüngeren. Zweitens: die individuelle Lebenserwartung. In einer Arbeit wird z.B. Menschen eine geringe Lebenserwartung attestiert, die zum Zeitpunkt der Diagnose mindestens 85 Jahre alt sind oder einen Charlson-Comorbidity-Index (CCI) von drei oder mehr haben. Die Adult-Comorbidity-Evaluation-27 (ACE-27) ist nach der Meinung von Dr. Hoorens allerdings etwas besser geeignet als der CCI, da dieser Index sehr detailliert ist.

OP aber ohne Mohs?

Es gibt Daten dazu, dass ein höheres Alter die Dauer der Krankenhausaufenthalte nach einer Exzision nach Mohs verlängert. Da ältere Patienten häufiger Tumoren haben, die in tiefere Hautschichten reichen, sind während der OP oft mehrere Exzisions-Runden nötig. Eine Exzision ohne histophathologische Schnittrandkontrolle kann die Eingriffsdauer von ca. 3 h auf etwa 1 h verkürzen.
 

Drittens darf man auch die Therapie selbst nicht vergessen. Insbesondere bei Niedrigrisikotumoren stellt sich immer die Frage, ob der Therapieerfolg die behandlungsbedingten unerwünschten Effekte aufwiegt. Zudem sollte man im Hinterkopf behalten, dass Ältere oft ein höheres Komplikationsrisiko haben, z.B. durch die verlangsamte Wundheilung, einen schlechteren Ernährungszustand oder die Komedikation. 

In Europa hat man allerdings den Nachteil, dass man mit ausschließlichem aktiven Abwarten etwas von den aktuellen Leitlinienempfehlungen abweicht. Daten aus Europa und Vergleichsstudien zu diesem Thema sind ebenfalls spärlich gesät, gibt Dr. Hoorens zu bedenken. In den USA scheinen sich laut Befragungen die Dermatologen eine aktive Beobachtung zumindest bei hypothetischen Patient:innen mit geringer Lebenserwartung inzwischen häufiger vorstellen zu können. 

Um herauszufinden, welcher Patient von einer Therapie profitiert, könnte man sich neben dem Patientenwunsch ihrer Meinung nach an folgenden Punkten orientieren:

  • Gibt es keine Anzeichen für eine limitierte Lebenserwartung?
  • Ist die Läsion den individuellen Patienten mit geringer Lebenserwartung lästig (Symptome)?
  • Handelt es sich um einen Hoch­risikotumor und hätte es ein minimales Wachstum auch für einen Patienten mit geringer Lebenserwartung bereits Konsequenzen bzw. hätte eine verzögerte Therapie für diese Person möglicherweise Konsequenzen? 

Quelle:
Hoorens I. EADV Congress 2023; Vortrag „Should we treat all BCCs?“, Presentation-ID D3T03.1B

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