
Karpaltunnelsyndrom: Nerv befreien oder den Verlauf abwarten?
Mit zunehmendem Grad der Nervenschädigung verschlechtert sich die Prognose eines Nervenkompressionssyndroms – so viel steht fest. Doch das Ausmaß des Schadens herauszufinden, ist gar nicht so einfach, wie Professor Dr. Wolfgang Löscher von der Universitätsklinik für Neurologie in Innsbruck an vier Krankheitsbildern verdeutlicht.
Karpaltunnelsyndrom: Bei jedem zweiten bleiben die Beschwerden
Vom Karpaltunnelsyndrom (KTS) weiß man, dass die Beschwerden bei etwa jedem zweiten betroffenen Patienten konstant bleiben – bei jedem dritten bessern sie sich im Verlauf. Sowohl elektrophysiologische Untersuchungen als auch sonographische Kriterien korrelieren nur schwach mit den Symptomen, erklärte der Kollege. Allgemein gilt: je kürzer die Beschwerdedauer und je jünger der Patient, umso besser die Prognose.
Weitere eher günstige Faktoren für einen Rückgang des KTS sind u.a. ein höherer BMI, ein Beruf ohne manuelle Tätigkeit, der Befall der rechten Seite und eine größere Nerven-Querschnittsfläche. Eher negativ schlagen dagegen beidseitiger Befall, positiver Phalen-Test, männliches Geschlecht und Rauchen zu Buche. Grundsätzlich kann jedes Karpaltunnelsyndrom besser oder schlechter werden – eine Prognose im Einzelfall ist kaum möglich. Genauso unsicher erscheint auch die Vorhersage, ob ein Patient von einem operativen Eingriff profitieren wird, betonte Prof. Löscher.
Kräftige, junge Patienten - da erholt sich der Medianus oft wieder
Deutlich weniger als zur Prognose beim KTS weiß man zum Verlauf der Ulnaris-Neuropathie. Sie entsteht durch Kompression des Nervs am Ellbogen. Auch bei diesem Krankheitsbild sind Elektromyographie und Ultraschall von relativ geringem prognostischem Wert.
Ein größerer Leitungsblock und eine geringere Verlangsamung der Nervenleitgeschwindigkeit scheinen von Vorteil zu sein – ein stark verdickter Nerv in der Sonographie gilt als ungünstiges Zeichen. Rauchen, Übergewicht, weibliches Geschlecht und berufliche biomechanische Beanspruchung gelten eher als Negativfaktoren, sagte der Experte.
Ultraschall von geringem prognostischem Wert
Die Prognose der Peroneusdruckparese mit Kompression des Nervs im Bereich des Fibulaköpfchens hängt von der Ursache ab. Bei klassischer Druckanamnese – z.B. bei zu langem Sitzen mit übergeschlagenen Beinen – liegen die Heilungsraten bei 90 %.
Bei Lagerungsschäden etwa im Rahmen von Operation sind die Aussichten dagegen deutlich schlechter. Von einer Peroneusparese nach Hüftgelenksoperation erholt sich nur etwa die Hälfte der Patienten vollständig. Ein Leitungsblock im EMG spricht für eine günstigere Prognose als ein axonaler Schaden. Die Sonographie trägt hier gar nichts zur Prognoseabschätzung bei und ist auch für die Diagnose wenig geeignet, urteilte Prof. Löscher.
Lagerungsschäden bei OPs haben schlechte Prognose
Die Radialisdruckparese mit Nervenkompression im Bereich des distalen Oberarmes zeigt in der Regel einen günstigen Spontanverlauf. Von einer typischen Druckschädigung – z.B. durch langes Auflegen des Arms auf die Parkbanklehne – erholt sich der Nerv zu fast 100 % wieder. Tritt die Nervenschädigung dagegen im Rahmen einer Humeruskopffraktur auf, ist die Prognose nicht mehr so gut.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung, Berlin
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).