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Kollateralschäden durch Prävention
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Betablocker
Fakt oder Mythos, fragte PD Dr. Bernhard Haring, Klinik für Innere Medizin III am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg, beim Thema erektile Dysfunktion (ED) durch Betablocker. Generell muss man diese Nebenwirkung eher bei nicht-selektiven Betablockern fürchten. In einer Studie fand sich z.B. kein Einfluss des selektiven Beta-1-Blockers Acebutolol auf die erektile Funktion. Aber auch unter den selektiven gibt es Unterschiede: Nebivolol schneidet besser ab als Metoprolol oder Atenolol, weil es Stickstoffmonoxid freisetzt, was zur Erweiterung der penilen Arterien führt.
Die Psyche scheint ebenfalls darüber zu entscheiden, ob eine ED auftritt. Das zeigte eine Studie mit 96 kardiovaskulär vorerkrankten Patienten. Alle bekamen zunächst Atenolol über drei Monate, aber nur eine von drei Gruppen wusste um die potenziellen Nebenwirkungen der Substanz. Eine Weitere erfuhr nur den Wirkstoff, die dritte nicht einmal das. Ein signifikant höherer Anteil der Männer mit vollem Wissen berichtete im Verlauf von einer ED. Auch unter denjenigen, die nur den Wirkstoff kannten, klagten signifikant mehr darüber als die gänzlich Unwissenden. Anschließend erfolgte eine weitere Randomsierung bei den Betroffenen. Die Hälfte erhielt Sildenafil, die andere Placebo. Beides wirkte gleich gut auf die Potenz.
Letztlich ist die Evidenz im Hinblick auf Betablocker – und andere Antihypertensiva – und die ED limitiert, betonte Dr. Haring. Vermutlich bestehe kein oder nur ein schwacher Zusammenhang.
SGLT2-Inhibitoren
SGLT2-Hemmer haben ihren festen Platz in der Therapie der Herzinsuffizienz. Zu ihren häufigsten Nebenwirkungen gehören genitale Infekte. Typischerweise sind sie aber mild bis moderat ausgeprägt und leicht zu behandeln, berichtete PD Dr. Katharina Schütt, Medizinische Klinik I, Uniklinik RWTH Aachen. Anfänglich kann es außerdem zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion kommen. „Die sollte uns nicht beunruhigen, im weiteren Verlauf überwiegt der renoprotektive Effekt der Substanzen“, betonte die Kollegin.
Eine Blutglukosesenkung bei Nicht-Diabetikern muss man nicht befürchten, wie sich in Studien zu Dapagliflozin und Empagliflozin herausstellte. Hypotension und Hypovolämie sind Effekte, die SGLT2-Hemmer mit anderen Herzinsuffizienztherapeutika teilen, wobei der Blutdruckabfall mit 4–5 mmHg sehr gering ausfällt und nur initial normotone Patienten betrifft. Ein Plus: Trotz ihrer diuretischen Eigenschaften bewirken die Substanzen keine Elektrolytverschiebungen.
Sick-day-rules
Im Fall einer akuten Krankheit empfehlen Experten Diabetikern, die Sick-day-rules einzuhalten. Neben bestimmten Regeln für die Ernährung gehört dazu auch, im Falle eines Volumenmangels oder einer akuten Verschlechterung der Nierenfunktion folgende Medikamentenklassen kurzfristig abzusetzen (SADMANS):
- Sulfonylharnstoffe
- ACE-Hemmer
- Diuretika
- Metformin
- Angiotensinrezeptorblocker
- NSAR
- SGLT2-Hemmer
Letztere sollten bei krankheitsbedingt fehlender Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme wegen der Gefahr der Ketoazidose mindestens 48 Stunden pausiert werden. Grundsätzlich sollten alle Präparate erst erneut eingesetzt werden, wenn die Patienten mindestens einen Tag lang wieder normal essen und trinken. Zudem muss die Dosis von Insulin oder anderen Antidiabetika ggf. angepasst werden.
Selten und beinahe ausschließlich bei Diabetikern kann unter der Therapie eine Ketoazidose auftreten. Dr. Schütt erinnerte daran, dass die Blutzuckerspiegel unter SGLT2-Hemmer-Therapie deutlich niedriger sein können als man es bei einer Ketoazidose erwarten würde. Die Patienten sollten über die (unspezifischen) Symptome aufgeklärt werden und die Anweisung erhalten, sich bei deren Auftreten unverzüglich in ärztliche Behandlung zu begeben. Die Europäische Arzneimittel-Agentur nennt als mögliche Anzeichen u.a.:
- Übelkeit
- Erbrechen
- rascher Gewichtsverlust
- Bauchschmerzen
- starker Durst
- Probleme beim Atmen
- Verwirrtheit
- Schläfrigkeit oder ausgeprägte Müdigkeit
Statine
Mehr als sieben Millionen Menschen in Deutschland nehmen Statine, die Zahlen zur Prävalenz der Statinintoleranz (SI) reichen in Patientenregistern von 10 bis 29 %. In randomisierten kontrollierten Studien wird sie mit weniger als 10 % angegeben. Unter den Symptomen dominieren muskuläre Beschwerden. Allerdings lagen in einer Metaanalyse die Raten unter Statinen genauso hoch wie unter Placebo (14–15 % nach einjähriger Einnahme), erläuterte Dr. Paulina Stürzebecher von der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig.
Es gibt keine klare Definition der SI und keinen Goldstandard für die Diagnostik. Als Risikofaktoren ließen sich u.a. weibliches Geschlecht, Diabetes, Übergewicht, Hypothyreoidismus und chronische Erkrankungen von Leber oder Niere ermitteln. Fest steht, dass eine Intoleranz bei sekundärpräventivem Statineinsatz das Risiko für einen Reinfarkt erhöht. Und das Absetzen der Medikamente im primärpräventiven Setting steigert das Risiko für atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen bei über 75-Jährigen um ein Drittel.
Mögliche Auswege, um die SI zu überwinden, sind langsames Aufdosieren, Wechsel auf ein anderes Präpärat oder die Kombination mit anderen Lipidsenkern. Die Einführung von PCSK9-Hemmern und Bempedoinsäure hat hier das Spektrum erweitert. Fragen zu Prognose, Behandlungsstrategien und Lebensqualität werden aktuell im prospektiven Statin-Intoleranz-Register untersucht, dem 19 deutsche Zentren Daten liefern.
Kongressbericht: 89. Jahrestagung der DGK
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