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Kontrolliert Luft ablassen

Als Aufstoßen bezeichnet man ein hörbares Ausströmen von Luft aus dem Ösophagus oder Magen in den Pharynx. Es hat Krankheitswert, sobald der Patient sich in seinen täglichen Aktivitäten beeinträchtigt fühlt und die Symptome an mehr als drei Tagen pro Woche auftreten. Begleitend finden sich häufig andere Störungen wie Refluxkrankheit, funktionelle Dyspepsie und Gastroparese. Auch Schwangerschaft und psychische Beschwerden (z.B. Angst) wirken begünstigend, berichten Prof. Dr. Baha Moshiree von der Wake Forest Medical University in Charlotte und Kollegen.
Anamnese, körperliche Untersuchung und pH-Metrie erleichtern die Differenzierung zwischen gastraler und supragastraler Erkrankung. Letztere geht vom Ösophagus aus und die Symptome sistieren, wenn der Patient schläft, abgelenkt wird oder spricht. Im Rahmen der Krankengeschichte ist in beiden Fällen besonders auf psychische Auslöser, belastende Lebensereignisse und andere Stressoren zu achten. Gegen die supragastrale Manifestationsform helfen am besten Verfahren, die die Darm-Hirn-Achse positiv beeinflussen. Dazu zählen kognitive Verhaltenstherapie, Atemschulung, Logopädie und zentral wirksame Neuromodulatoren. Patienten mit Refluxkrankheit sollten zusätzlich einen Protonenpumpenhemmer erhalten.
Funktionelle Störungen gilt es auszuschließen
Als sehr störend erlebt werden chronische Blähungen und abdominelle Distension. Die Diagnose orientiert sich an den Rom-IV-Kriterien. Diese fordern eine Manifestation an mindestens einem Tag pro Woche. Außerdem dürfen betroffene Patienten nicht die Bedingungen für andere Ursachen wie Colon irritabile, funktionelle Obstipation, Dyspepsie oder Diarrhö erfüllen.
Differenzialdiagnostisch ist zunächst ein Mangel an kohlenhydratspaltenden Enzymen (z.B. Laktase) auszuschließen. Dies gelingt mittels diätetischer Restriktionen und/oder H2-Atemtests. Auch viele Süßstoffe (Sorbitol etc.) können eine übermäßige Bildung von Darmgasen verursachen, betonen die Autoren.
Eher selten steckt hinter den Beschwerden eine bakterielle Überwucherung des Dünndarms (SIBO*). Sie kann bei zahlreichen organischen Erkrankungen auftreten, darunter Diabetes, Mukoviszidose, Parkinson und Sklerodermie. Auch Störungen der Darm-Hirn-Interaktion und funktionelle Veränderungen (Dyspepsie, Reizdarm) kommen als Auslöser der SIBO in Betracht. Diagnostischer Goldstandard – wenngleich aufwendig – ist die Kombination von Dünndarmaspiration und Bakterienkultur. Einfacher durchzuführen sind Atemtests und eine probatorische Antibiotikatherapie.
Zum Ausschluss einer Zöliakie, die sich ebenfalls in Blähungen manifestieren kann, eignen sich serologische Tests, z.B. auf Transglutaminase-Antikörper (tTG-Ak). Ist das Ergebnis positiv, sollte die Diagnose mittels Dünndarmbiopsie gesichert werden.
Eine bildgebende oder endoskopische Abklärung ist bei Blähungen und abdominaler Distension nicht generell indiziert. Patienten mit Alarmzeichen, sich seit Kurzem verstärkenden Symptomen oder auffälligen Befunden in der körperlichen Untersuchung sollten diese jedoch angeboten werden. Auch von einer routinemäßigen Kontrolle der Magenentleerung raten die Autoren ab. Lediglich bei begleitender Übelkeit und Erbrechen ist sie zu erwägen.
Eine Diagnostik der Darmmotilität sowie radiologische Untersuchungen des Kolontransits sind nur indiziert, wenn therapieresistente Beschwerden eine neuromyopathische Genese nahelegen. Nicht selten sind Blähungen oder abdominale Distension mit einer erschwerten Darmentleerung oder Obstipation verbunden. Dann kann die anorektale Untersuchung eine Beckenbodenerkrankung ausschließen.
Alimentäre Modifikationen führen bei Blähungen und abdominaler Distension häufig zum Erfolg. Allerdings sollten insbesondere stark eingreifende Umstellungen wie die Low-FODMAP**-Diät nur unter Aufsicht einer Diätassistenz vollzogen werden. Zu beachten ist dabei das erhöhte Risiko für Essstörungen. Von Probiotika raten Dr. Moshiree und Kollegen ausdrücklich ab. Sie können nicht nur intestinale Gasansammlung de novo verursachen, sondern auch ein „nebliges Gefühl“ im Kopf auslösen. Liegt eine Beckenbodenstörung vor, hilft eventuell eine Biofeedback-Therapie.
Neuromodulatoren können für Linderung sorgen
Eine medikamentöse Option zur Behandlung von Blähungen und Distension sind zentral wirkende Neuromodulatoren, z.B. Antidepressiva. Sie können die viszerale Überempfindlichkeit verringern, die Wahrnehmungsschwelle erhöhen und oftmals begleitende psychische Komorbiditäten günstig beeinflussen. Auf diese Weise bessert sich die dysregulierte Interaktion zwischen Darm und Gehirn. Den stärksten Effekt zeigen SNRI wie Duloxetin und Venlafaxin. Wirkstoffe, die die Obstipation lindern (z.B. Linaclotid), kommen bei entsprechender Konstellation ebenfalls in Betracht. Nicht zuletzt können psychologische Verfahren wie Verhaltenstherapie und Hypnose auch erfolgreich gegen die unerwünschte Gasansammlung und Distension eingesetzt werden.
* small intestinal bacterial overgrowth
** fermentierbare Oligosaccharide, Disaccharide, Monosaccharide und Polyole
Quelle: Moshiree B et al. Gastroenterology 2023; 165: 791-800; DOI: 10.1053/j.gastro.2023.04.039
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