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Krebs bekämpfen mit dem eigenen Immunsystem

Ipilimumab, Nivolumab, Pembrolizumab zählen zu den Immuncheckpoint-Inhibitoren. Die monoklonalen Antikörper werden hauptsächlich im Kampf gegen Hautkrebs und kleinzellige Lungenkarzinome genutzt. Anders als Chemotherapeutika setzen sie aber nicht beim Zellwachstum an, sondern modulieren die Immunantwort, sodass die körpereigene Abwehr auch Tumorzellen bekämpft.
Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt hierbei ist das sogenannte zytotoxische T-Lymphozyten-assoziierte Protein 4 (CTLA-4). Es wird beständig von regulatorischen T-Zellen exprimiert, erläutern Privatdozent Dr. Niklas Beyersdorf und Professor Dr. Thomas Kerkau vom Institut für Virologie und Immunbiologie der Universität Würzburg. Vereinfacht ausgedrückt besteht die Aufgabe von CTLA-4 darin, ein bestimmtes Oberflächenprotein antigenpräsentierender Zellen (APZ) zu entfernen. Damit verhindert es eine Interaktion zwischen APZ und T-Zellen und schaltet Letztere quasi aus.
Tumorregression und längeres Überleben möglich
Im Prinzip eine gute Sache, argumentieren die Autoren, denn es verhindert die Aktivierung autoaggressiver konventioneller T-Zellen. Aus Tierversuchen weiß man beispielsweise, dass Mäuse, die von Geburt an kein CTLA-4 exprimieren, eine sehr starke Autoimmunität entwickeln, bei der T-Zellen verschiedene Gewebe massiv infiltrieren. Diese Nager sterben schon nach wenigen Lebenswochen.
Doch der Selbstschutz hat einen Haken: Da körpereigene Zellen geschützt werden, besteht keine Immunität gegen Tumorzellen. Geht die CTLA-4-Expression bei erwachsenen Mäusen verloren, führt dies zwar ebenfalls zu einer Autoimmunität – aber einer viel schwächeren. Tatsächlich lässt sich auch bei Menschen über die Blockade von CTLA-4 eine Tumorregression erreichen und das Überleben von Patienten mit metastasiertem Melanom im Vergleich zur Peptidvakzinierung oder klassischen Chemotherapie verlängern. Zugelassen ist hierfür aber bislang nur Ipilimumab.
Krebszellen nutzen natürlichen Selbstschutzmechanismus
Einen weiteren Angriffspunkt in der Immunabwehr von Tumorzellen bieten das Protein „programmed cell death 1“ (PD-1) und sein Ligand, PD-L1. Auch dieses System schaltet T-Zellen an und aus und schützt damit vor autoimmunen Prozessen. Bindet PD-1 auf der T-Zell-Oberfläche an PD-L1 auf antigenpräsentierenden Zellen, stoppt dies die weitere Proliferation der Abwehrzellen.
Krebszellen setzen das Immunsystem aber oft auf dieselbe Weise außer Gefecht: „Tumorzellen ‚spüren‘ die Attacke durch T-Zellen“, schreiben die Würzburger Forscher. Die Abwehrzellen produzieren nämlich Interferon-γ, das an Rezeptoren der Tumorzellen bindet. Als Folge präsentieren diese einfach ihr eigenes PD-L1 auf ihrer Oberfläche und inaktivieren dadurch die tumorinfiltrierenden T-Zellen.
Checkpoint-Inhibitoren können dabei auf zwei Seiten wirken: Entweder, indem sie das PD-1 der T-Zellen blockieren, wie es Nivolumab oder Pembrolizumab tun. Oder sie binden wie Atezolizumab und Avelumab das PD-L1 der Krebszellen. Der Effekt ist jeweils gleich: Die T-Zellen bleiben aktiv. Da Ipilimumab und Nivolumab unterschiedliche Signalwege unterbrechen, führen sie in Kombination nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis bei einem Teil der Patienten zu besseren Erfolgen als eine Monotherapie. Zudem scheinen die Präparate bei Tumoren mit vielfachen Mutationen besser anzusprechen.
Möglicherweise können Immuncheckpoint-Inhibitoren aber auch gleichzeitig mit weiteren Tumortherapien eingesetzt werden. Nach Angabe der beiden Würzburger Experten laufen derzeit Studien zu Kombinationen mit Zytostatika, Strahlenbehandlung, Operationen und sogenannten Small-Molecule-Inhibitoren.
Quelle: Beyersdorf N, Kerkau T. Internist 2020; 61: 652-659; DOI: 10.1007/s00108-020-00813-0
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