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Krebskranke ohne bekannten Primärtumor molekular testen
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Mit dem bisherigen Standard – einer platinbasierten Chemotherapie – wurden bei Patient:innen mit CUP-Syndrom Überlebenszeiten von typischerweise unter einem Jahr erzielt, berichtete Prof. Dr. Alwin Krämer vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg.1 An der globalen Phase-2-Studie CUPISCO nahmen CUP-Patient:innen mit ungünstiger Prognose teil, die zunächst drei Zyklen einer platinhaltigen Induktionschemotherapie erhielten. 436 Personen, die darauf ansprachen, wurden 3:1 randomisiert zu
- einer am molekularen Profil des Tumors ausgerichteten Therapie (zielgerichtet oder CPI) oder
- der Fortsetzung der Standardchemotherapie.
Die 135 Erkrankten mit Tumorprogress erhielten eine molekular gesteuerte Therapie, waren aber nicht Gegenstand der aktuellen Analyse.
Alle Teilnehmenden wurden eingangs umfassend genomisch getestet. Die molekularen Analysen führten die Forschenden entweder am Tumorgewebe oder mittels einer Liquid Biopsy durch. Ein Drittel der 326 Patient:innen im experimentellen Arm wies ein adressierbares Target auf. Die anderen 235 Personen bekamen eine Chemotherapie plus Atezolizumab, erklärte Prof. Krämer.
Kriterien angepasst
Aufgrund der hohen Screen-Failure-Rate (1.505 Betroffene wurden gescreent, 636 in die CUPISCO-Studie eingeschlossen) schärften die Kolleg:innen die diagnostischen Kriterien für ein CUP-Syndrom und eine ungünstige Prognose noch einmal, berichtete Prof. Krämer. Die aktualisierten diagnostischen Kriterien und differenzialdiagnostischen Algorithmen wurden als neue ESMO-Leitlinien im Verlauf der Studie publiziert. Auch die Onkopedia-Leitlinien wurden im Juni 2023 angepasst.
PFS kletterte auf acht Monate unter zielgerichteter Therapie
In der formalen Auswertung ergab sich ein signifikanter Unterschied hinsichtlich des PFS: Erkrankte mit zielgerichteter Behandlung oder CPI lebten median 6,1 Monate progressionsfrei, jene unter platinhaltiger Chemotherapie 4,4 Monate (HR 0,72; p = 0,0079). In der Subgruppe der 91 Teilnehmenden, die eine molekular begründete, zielgerichtete Therapie erhielten, betrug das PFS 8,1 Monate (HR 0,67). „Das ist eigentlich das Ergebnis, das den wahren Unterschied zeigt“, so Prof. Krämer.
In der vorläufigen Auswertung des Gesamtüberlebens wurde in der ITT-Population ein numerischer Vorteil für den Prüfarm (medianes OS: 14,7 Monate vs. 11,0 Monate) beobachtet, wobei die Daten noch nicht ausgereift waren. „Konsequenz aus den Daten: Man sollte allen Patient:innen mit neu diagnostiziertem CUP-Syndrom und ungünstiger Prognose eine Panelsequenzierung bei Diagnosestellung anbieten“, schloss Prof. Krämer.
Auf die Frage, ob bestimmte Personen einen besonders großen Vorteil aus der molekular gesteuerten Therapie zogen, verwies der Referent auf die sehr geringe Patient:innenzahl in den Einzelgruppen, die Aussagen diesbezüglich wenig belastbar und statistisch nicht absicherbar machten. Mit diesem Caveat präsentierte Prof. Krämer folgende Beobachtungen: Erkrankte mit hoher Tumormutationslast (TMB) schienen besonders von der Atezolizumab-Monotherapie zu profitieren, Betroffene mit BRAF-Mutation von einer BRAF-MEK-Inhibitor-Kombination (Vemurafenib plus Cobimetinib) und Personen mit FGFR-Alteration von Pemigatinib.
Auch in der Zweitlinie erhalten CUP-Patient:innen eine Chemotherapie. Ein Fünftel der Tumorproben weisen eine hohe TMB auf, berichtete Dr. Maria Pouyiourou vom Universitätsklinikum Heidelberg. Die Kolleg:innen prüften in der multizentrischen Phase-2-Studie CheCUP Nivolumab plus Ipilimumab bei CUP-Erkrankten (hohe TMB mit ≥ 12 Mutationen/MB oder intermediäre-niedrige TMB mit < 12 Mutationen/MB) mit ungünstiger Prognose und Rezidiv oder Progress auf eine platinhaltige Erstlinienchemotherapie.
Nach Einschluss aller Teilnehmenden beendete der Sponsor die Studie vorzeitig. Die ORR in der Gesamtpopulation betrug 16,2 %. Teilnehmende mit hoher TMB sprachen zu 60,0 % an, der Unterschied zur TMB-low-Gruppe (7,7 %) fiel signifikant aus. Der ORR-Vorteil übersetzte sich in ein verbessertes PFS (HR 0,32; p = 0,056) und OS (HR 0,32; p = 0,056). „Patient:innen, die wir vor drei oder vier Jahren in die Studie eingeschlossen haben und die angesprochen haben, sind nach wie vor bei uns in Behandlung und in kompletter Remission,“ berichtete Dr. Pouyiourou.
Duale Checkpoint-Inhibition nicht besser als Monotherapie
Erkrankte mit hoher Tumorlast und schlechtem Allgemeinzustand zogen aus der Immuntherapie einen geringeren Vorteil. Generell war der Benefit unabhängig von der Behandlungslinie. „Patient:innen mit hoher TMB sollte man eine Immuntherapie im ersten Rezidiv oder auch in späteren Therapielinien empfehlen“, interpretierte Dr. Pouyiourou die Daten, wobei sie darauf hinwies, dass die Ergebnisse unter der dualen Checkpoint-Inhibition nicht besser ausfielen als unter einer Immunmonotherapie. Ein weiteres Ergebnis: Das Monitoring der ctDNA zusätzlich zur Bildgebung verbessert die Beurteilung des Ansprechens.
PD Dr. Tilmann Bochtler, Nationales Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg, präsentierte die unverblindete Phase-2-Studie SACICUP. Darin wollen Forschende nicht randomisiert Wirksamkeit und Sicherheit des TROP2-gerichteten ADC Sacituzumab-Govitecan (SG) in der Zweitlinientherapie des CUP-Syndroms untersuchen. „Der Medical Need ist nach wie vor hoch, nach der Erstlinienchemotherapie gibt es nur weniger Optionen, da zielgerichtete Therapien und Immuntherapien nur bei einem kleinen Teil der Patient:innen wirksam sind“, konstatierte Dr. Bochtler.
SG habe den Vorteil, dass TROP2 auf einer Vielzahl von Tumoren exprimiert wird, sodass von einer entitätsübergreifenden „pan-carcinoma“-Wirksamkeit auszugehen sei. Auch in die Studie SACICUP sollen Betroffene mit „unfavourable“ CUP eingeschlossen werden, die bei bzw. nach der platinhaltigen Erstlinienchemotherapie refraktär sind bzw. rezidivieren. Ziel ist es, 100 Patient:innen unabhängig vom TROP2-Status zu rekrutieren. Derzeit erfolge die Einreichung im NCT-Netzwerk, so Dr. Bochtler.
Quelle:
Krämer A, Pouyiouroi M, Bochtler T. 20. AIO-Herbstkongress; Session: „State-of-the-Art CUP-Syndrom“
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