
Kühlen Kopf bewahren

Zunächst geht es bei Hämoptysen darum, rasch einzuschätzen, inwieweit die Atmung des Patienten beeinträchtigt ist, schreiben Dr. Jannik Ruwisch von der Klinik für Pneumologie an der Medizinischen Hochschule Hannover und seine Kollegen. Mit einem Blick erkennen Sie, ob der Patient zyanotisch ist und die Atemhilfsmuskulatur einsetzt. Eine Blutgasanalyse gibt Auskunft über den Gasaustausch: Bei zu geringer Sauerstoffsättigung und erhöhtem CO2-Partialdruck besteht eine respiratorische Globalinsuffizienz – ein eher schlechtes Zeichen.
In diesem Fall und wenn der Patient immer wieder auch größere Mengen Blut von sich gibt (Hämoptoe), können Sie in der Praxis nicht mehr viel tun: Legen Sie eine Infusion und rufen Sie zügig den Notarztkollegen, der den Kranken zur Stabilisierung in die Klinik bringt.
Ist der Patient jedoch atem- und kreislaufstabil, können Sie sich selbst an die Arbeit machen. Sinnvollerweise klären Sie vor der weiteren Diagnostik, ob das Blut tatsächlich aus den Atemwegen stammt oder eher aus dem oberen Magen-Darm-Trakt (Pseudohämoptysen, siehe Kasten). Auch die Vorgeschichte kann dazu nützliche Hinweise liefern.
Differenzialdiagnostisch ist die Sache allerdings häufig frustrierend: In fast der Hälfte der Fälle wird die tatsächliche Ursache nie gefunden. Bei den identifizierbaren Auslösern stehen folgende im Vordergrund:
- Atemwegsinfektionen und Pneumonien (fast ein Viertel der Fälle)
- primäre Bronchialkarzinome, Metastasen oder benigne Raumforderungen (knapp ein Fünftel)
- aus dem Ruder gelaufene Therapie mit Gerinnungshemmern (fast jeder zehnte Fall; immer nach Plättcheninhibitoren, Cumarinen und NOAK fragen)
Im Zeitalter der Antibiotika sind Vitien nach einem rheumatischen Fieber selten geworden, dennoch kann mal eine Mitralstenose mit Lungenödem und blutigem Sputum vorliegen. Systemerkrankungen wie Vaskulitiden und Kollagenosen stellen als Ursache eher Ausnahmen dar, können aber zu einer diffusen alveolären Hämorrhagie führen und sollten ausgeschlossen werden.
Eine Tuberkulose steckt hierzulande nur hinter etwa jedem 40. Fall von Hämoptysen. Global betrachtet ist sie allerdings die häufigste Ursache. Fragen Sie also explizit nach einer entsprechenden (Reise-)Anamnese und denken Sie bei Patienten mit Migrationshintergrund an diese Option.
Das weitere Procedere richtet sich nach der Verdachtsdiagnose: Im Labor bestimmen Sie das Hb (niedrige Werte sprechen für eine schon länger anhaltende Blutung), Thrombozyten, Entzündungs- und Gerinnungsparameter. Stehen Untersuchungen an, bei denen der Patient ein i.v.-Kontrastmittel erhalten wird, kann die Messung der Nierenwerte sinnvoll sein. Leberfunktionstests helfen eventuell, der Blutungsursache auf die Spur zu kommen (eingeschränkte Synthese von Gerinnungsfaktoren?). Nach spezifischen Antikörpern etwa gegen Neutrophile, Myeloperoxidase etc. suchen Sie nur bei Verdacht auf eine immunlogisch-rheumatologische Systemerkrankung.
Gehustet oder gespuckt?
Folgende Charakteristika helfen bei der Unterscheidung zwischen pulmonaler und gastrointestinaler Blutungsquelle:
Pulmonales Blut ist
- alkalisch (pH-Indikator- stäbchen verwenden),
- hellrot und
- schäumend (Luftbeimengung).
Gastrointestinales Blut ist
- sauer,
- durch die Magensäure hämatinisiert (cave: Blutungen aus Ösophagusvarizen können ebenfalls hellrot imponieren)und es kann Speisereste enthalten.
Ein Röntgenbild des Thorax offenbart möglicherweise Entzündungen, Raumforderungen oder Kavernen. Beidseitige diffuse milchglasartige Verschattungen sprechen für eine diffuse alveoläre Hämorrhagie. Eine Mehrzeilen-CT erlaubt in einem Großteil der Fälle eine Aussage über die Ursachen der Hämoptysen.
Bronchoskopie diagnostisch und therapeutisch nutzen
Die invasive Diagnostik konzentriert sich auf die Bronchoskopie. Dabei entnimmt der Untersuchende Gewebeproben und führt eine bronchoalveoläre Lavage durch. Im Labor folgt die Suche nach Erregern und histologischen Veränderungen. Bei akuten Blutungen kann die Intervention zudem therapeutisch genutzt werden, um z.B. unter Sicht embolisierendes Material in blutende Arterien einzubringen.
Die medikamentöse Behandlung richtet sich nach der Blutungsursache. Sind die Hämoptysen nicht massiv, empfehlen die Hannoveraner Kollegen an erster Stelle, die Gerinnung zu optimieren und bei bestehender Antikoagulation ggf. einen Antagonisten zu verschreiben. Eher in die Hände der Klinikkollegen gehören Plättchentransfusionen bei Thrombozytopenie und komplexe Protokolle aus Kortikosteroiden, Cyclophosphamid, Plasmapherese und Immunglobulinen. Chirurgische Verfahren zur Blutstillung (z.B. Lobektomie) stehen an letzter Stelle, wenn alle anderen Therapien erfolglos geblieben sind.
Quelle: Ruwisch J et al. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 845-857; DOI 10.1055/a-1817-7887
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).