Interferon gegen Atemwegsinfektionen?

Manuela Arand

Erste Versuche mit IFN-alpha-2 vor fast vierzig Jahren scheiterten – neue Studien mit Typ-III-Interferonen wecken heute Hoffnungen. Erste Versuche mit IFN-alpha-2 vor fast vierzig Jahren scheiterten – neue Studien mit Typ-III-Interferonen wecken heute Hoffnungen. © iStock/Natali_Mis

Interferone könnten die Therapie viraler Atemwegsinfektionen voranbringen. Das gilt für banale Erkältungen aber auch für viral getriggerte Exazerbationen und COVID-19.

Interferone spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem. Unter den drei bekannten IFN-Klassen entwickeln zwei hohe antivirale Potenz, wenn sie an ihre Rezeptoren auf den Atemwegsepithelien andocken: Typ-I-Interferone, zu denen unter anderem IFN-alpha und -beta gehören, und Typ-III-Interferone (IFN-lambda). Durch das Andocken werden Signalkaskaden in Gang gesetzt, die in die Induktion von Genen mit antiviraler Aktivität münden, erklärte Professor Dr. Gernot Rohde, Universitätsklinikum Frankfurt/Main. 

Erste Interferonversuche vor fast vierzig Jahren

Patienten mit chronischen Atemwegserkrankungen zeigen eine reduzierte IFN-Antwort – zu wenig IFN-lambda beim Asthma bronchiale, zu wenig IFN-beta bei COPD. Dies könnte dazu beitragen, dass virale Infektionen bei den Betroffenen Exazerbationen triggern. 

Neu sind diese Erkenntnisse nicht. Schon vor fast 40 Jahren gab es erste Versuche, mit nasalem IFN-alpha-2 gegen rhinovirusinduzierte Erkältungen vorzugehen. Das funktionierte, wenn auch mit Einschränkungen. Rhinoviren ließen sich nicht mehr nachweisen, während unter Placebo jeder dritte Infekt rhinoviruspositiv blieb. Allerdings schien in der mit IFN behandelten Gruppe die Gesamtzahl der Atemwegsinfektionen signifikant höher auszufallen. „Das hat die ganze Forschung auf diesem Feld zum Stillstand gebracht“, sagte Prof. Rohde. Er gab jedoch zu bedenken, dass sich Erkältungssymptome und IFN-Nebenwirkungen gleichen.  

Forscher versuchen, die Nebenwirkungen der Typ-I-Interferone zu überwinden, zum Beispiel indem sie die Konzentration auf das eben noch wirksame Maß reduzieren oder die Einnahmefrequenz auf zwei- bis dreimal pro Woche vermindern. Das ist möglich, weil IFN-beta einen langen antiviralen Schutz des Atemwegs­epithels erzeugt, der mindestens 72 Stunden anhält. 

Spannender dürfte aber der Ansatz mit Typ-III-Interferon sein, weil die Rezeptoren für diese IFN-Klasse nicht wie bei Typ I ubiquitär im Körper vorkommen, sondern nur auf Epithel- und einigen Immunzellen. Typ-III-IFN wirken sehr effektiv antiviral, induzieren aber weniger inflammatorische Aktivität und damit auch weniger „grippeähnliche Symptome“. IFN-lambda wirkt in vitro sogar effektiver und länger als IFN-beta.

Zurzeit konzentriert sich das Interesse natürlich weniger auf banale Atemwegsinfektionen als auf COVID-19. Eine erste Studie mit vernebeltem IFN-alpha-2b ergab, dass die Viruslast deutlich schneller sank als bei Behandlung mit einem Virustatikum und noch schneller, wenn beide kombiniert wurden, berichtete Prof. Rohde.

Eine placebokontrollierte Phase-2-Studie benutzte IFN-beta-1a und konnte zeigen, dass die Inhalation schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle abwendet (Odds Ratio 0,28; p = 0,041) und die Zeit bis zur Erholung verkürzt. „Wichtig ist auch, dass es gelungen ist, das inhalative IFN so zu modifizieren und die Inhalation zu verbessern, dass weniger Nebenwirkungen auftreten“, betonte Prof. Rohde. Die Fallzahl war klein – unter 100 Patienten – was die Aussagekraft limitiert. Aber die Tatsache, dass in der Placebogruppe drei Patienten gestorben sind und in der IFN-Gruppe kein einziger, lässt hoffen. 

Eine positive Studie gibt es außerdem mit pegyliertem IFN-lambda: Nachweislich mit SARS-CoV-2 infizierte Patienten wurden nach einer einzigen Injektion deutlich schneller PCR-negativ als unter Placebo. Bisher fehlen noch Phase-3-Studien, um die Wirksamkeit endgültig zu belegen.

Kongressbericht: 61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (Online-Veranstaltung)

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Erste Versuche mit IFN-alpha-2 vor fast vierzig Jahren scheiterten – neue Studien mit Typ-III-Interferonen wecken heute Hoffnungen. Erste Versuche mit IFN-alpha-2 vor fast vierzig Jahren scheiterten – neue Studien mit Typ-III-Interferonen wecken heute Hoffnungen. © iStock/Natali_Mis