Bei akuten Atemwegsinfekten nicht sofort Antibiotika verschreiben
Angesichts zunehmender Erregerresistenzen sollten Antibiotika verantwortungsvoll und so kurz wie möglich eingesetzt werden, mahnen Dr. Beth Stuart von der University of Southampton und Kollegen.
Um zu klären, ob Patienten mit Halsschmerzen, einer Erkältung, einer akuten Otitis media oder einem unteren Atemwegsinfekt Nachteile haben, wenn sie erst nach einer gewissen Wartezeit Antibiotika erhalten, haben die Forscher anhand von neun randomisierten kontrollierten sowie vier Observationsstudien ausgewertet. Insgesamt flossen die Daten von 55.682 Patienten in die Metaanalyse ein. Bei 8193 Personen war die Antibiotikatherapie erst begonnen worden, nachdem sich die Beschwerden während eines zuvor festgelegten Zeitraums nicht von allein gebessert hatten. 19.360 Patienten hatten keine Antibiotika erhalten und 28.129 hatten unmittelbar mit der Einnahme begonnen.
Kinder unter fünf Jahren gelten als Ausnahme
Die erst später mit Antibiotika Behandelten hatten sowohl im Vergleich zu den frühzeitig Behandelten als auch im Vergleich zu den Patienten ohne Antibiotikaverordnung im Hinblick auf die Symptomschwere keine Nachteile. Die Symptome bildeten sich allerdings bei früher Antibiotikagabe im Vergleich zum abwartenden Vorgehen etwas schneller zurück – nach 10,9 vs. 11,4 Tagen. Bezüglich stationär behandlungsbedürftiger Komplikationen oder Todesfälle unterschieden sich die drei Gruppen nicht signifikant. Die verzögert mit Antibiotika behandelten Patienten waren deutlich zufriedener als die ohne Antibiotika geführten Kontrollen und wurden signifikant seltener erneut ärztlich vorstellig.
Das Hinauszögern einer Antibiotikatherapie bei akuten Atemwegsinfekten stellt unabhängig von der Symptomdauer und -schwere sowie den Komorbiditäten eine sichere und effektive Strategie dar, schlussfolgern die Forscher. Mit Ausnahme von Kindern unter fünf Jahren, die beim Abwarten etwas stärkere Beschwerden zeigen, profitieren alle Alters- und Risikogruppen offenbar gleichermaßen vom zurückhaltenden Vorgehen.
Quelle: Stuart B et al. BMJ 2021; 373: n808; DOI: 10.1136/bmj.n808