Leitlinien-Update Herzinsuffizienz

Manuela Arand, Foto: fotolia/Kzenon

Wenige Monate nach der Zulassung hat Sacubitril/Valsartan das Update der europäischen Herzinsuffizienz-Leitlinie geentert. Neben dieser Neuerung stellten Experten eine umstrittene "mittlere" Krankheitsform vor.

Eigentlich ist der diagnostische Algorithmus für die chronische Herzinsuffizienz (HI) erfreulich einfach: Zeigt der Patient typische Symptome und Krankheitszeichen sowie einen auffälligen EKG-Befund, wird zunächst das BNP oder NT-pro-BNP bestimmt. Übersteigt der Spiegel den Cut-off (35 pg/ml bei BNP, 125 pg/ml bei NT-pro-BNP), folgt eine Echokardiografie, um die Diagnose endgültig zu sichern.

Passt zwischendurch ein Befund nicht zur Verdachtsdiagnose, wird nach anderen Ursachen gesucht. Die Messung der natri-uretischen Peptide dient dem Ausschluss einer Herzschwäche, nicht dem Beweis, betonte Professor Dr. Adriaan Voors vom Universitätsklinikum Groningen. Erhöhte Werte kommen auch bei vielen anderen Krankheiten vor, Normalwerte bei Herzinsuffizienz aber so gut wie nie.

Mittelklasse-Herzinsuffizienz bei EF von 40 % bis 49 %

Neben den bisher unterschiedenen Formen der Herzinsuffizienz mit reduzierter bzw. erhaltener Ejektionsfraktion (abgekürzt HFrEF und HFpEF) beschreibt die neue Leitlinie eine dritte Form, die quasi zwischen den beiden liegt. Bei Patienten mit einer Ejektionsfraktion von 40 % bis 49 % soll künftig ein "Heart Failure mid-range Ejection Fraction" (HI mit mittlerer Ejektionsfraktion, HFmrEF) diagnostiziert werden.

Als Begründung führte Prof. Voors an, dass niemand weiß, ob die bei systolischer Insuffizienz etablierten Medikamente bei ihnen wirken. Zudem unterscheiden sich diese Patienten von denen mit diastolischer HI, da sie eine deutlich schlechtere Prognose haben.

An der Basismedikation hat sich nichts geändert

Professor Dr. Martin Cowie vom Imperial College in London hält diese Kategorie trotzdem für "kompletten Nonsens". Statt eine neue Diagnose zu kreieren, nur weil man nicht wisse, wie diese Patienten am besten behandelt würden, solle man lieber die Forschung intensivieren. Fürs Erste steht die neue Form aber in der Leitlinie.

Die Diagnostik entspricht der der HFpEF: Neben Anamnese, Klinik, EKG und BNP-Messung ist der Nachweis einer strukturellen oder funktionellen kardialen Schädigung erforderlich. Bei der Basismedikation der Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion hat sich nicht viel geändert, so Professor Dr. Giuseppe Rosano von der Universität London. ACE-Hemmer und Betablocker bilden die Grundlage der Therapie, ergänzt durch einen Aldosteron-Antagonisten, falls der Patient symptomatisch bleibt.

Reicht auch das nicht aus, kommt der ARNI (Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor) ins Spiel – im Austausch gegen den ACE-Hemmer. Eine Kombination beider Wirkstoffe ist kontraindiziert, betonte Prof. Rosano. Erstens würde es nichts bringen, da der ARNI ebenfalls einen Hemmstoff des Renin-Angiotensin-Systems enthält. Zweitens steigt das Risiko von Nebenwirkungen, vor allem von Angioödemen.

Deshalb sollte man zwischen dem Absetzen des ACE-Hemmers und der ersten Einnahme von Sacubitril/Valsartan einen "Sicherheitsabstand" von 36 Stunden einhalten. Nimmt der Patient dagegen einen AT1-Antagonisten statt des ACE-Hemmers, kann sofort umgestellt werden.

ACE-Hemmer pausieren vor ARNI-Einnahme

Begleiterkrankungen verkomplizieren Diagnostik und Therapie. Die Komorbiditäten selbst oder deren Medikation können eine HI aggravieren, erklärte Professor Dr. Stefan Anker von der Universität Göttingen. Natürlich sind auch Wechselwirkungen zwischen den jeweiligen Therapien möglich.

In der neuen Leitlinie nehmen die Komorbiditäten einen besonderen Stellenwert ein, vor allem das Vorhofflimmern. Die meisten für die HFrEF empfohlenen Arzneimittel senken das Risiko für die Entwicklung eines Vorhofflimmerns – Ivabradin hingegen kann es erhöhen. Die Therapie der Rhythmusstörung richtet sich weitgehend nach der europäischen Leitlinie zum Vorhofflimmern:

  • Notfall-Kardioversion, wenn das Vorhofflimmern die Hämodynamik beeinträchtigt.
  • Betablocker als Mittel der ersten Wahl zur Frequenzkontrolle.
  • Orale Antikoagulation bei einem CHA2DS2-VASc-Score ≥ 2 Punkten, wobei die HI selbst schon einen Punkt ergibt. Dabei ist immer das Blutungsrisiko abzuwägen.


Auch die SGLT2-Hemmer haben Einzug in das Update gefunden. Zwar gehen die Experten nicht so weit, diese Wirkstoffe als erste Wahl bei Diabetikern mit HI einzustufen, weisen aber explizit auf eine Studie hin, in der eine Mortalitätssenkung unter dem SGLT2-Hemmer Empagliflozin nachgewiesen wurde, berichtete Prof. Anker. Eine Empfehlung gibt es dagegen für die Eisensubstitution bei Eisenmangel oder Anämie. Von der adaptiven Servo-Ventilation bei zentraler Schlafapnoe raten die Leitlinienautoren jedoch ab.



Quelle: Heart Failure 2016 Featuring the 3rd World Congress on Acute Heart Failure

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