
Livedo racemosa signalisiert systemische Katastrophe

Ein 53-jähriger Mann mit ausgeprägter Livedo racemosa stellte sich bei Elisabeth Oms und Professor Dr. Michael Tronnier von der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie des Helios-Klinikums in Hildesheim vor. Die Hautveränderungen waren im Anschluss an einen hochfiebrigen Infekt aufgetreten. Der Patient nahm regelmäßig Allopurinol ein. Ansonsten war die Anamnese unauffällig.
Bei der körperlichen Untersuchung klagte er über stechende Schmerzen im linken Flankenbereich. Am Stamm und den proximalen Extremitäten zeigten sich ausgedehnte, livide, fleckförmige Verfärbungen. Die annähernd ringförmigen Hauterscheinungen hatten ein unregelmäßiges Kaliber. Bei der Laboruntersuchung fielen IgG-Antikörper gegen β2-Glykoprotein-1 sowie eine auf 91 Sekunden verlängerte partielle Thromboplastinzeit auf. Im Urin zeigten sich eine Hämaturie und eine mäßige Proteinurie.
Antiphospholipidsyndrom als Grunderkrankung
Die Ärzte veranlassten eine umfassende apparative Diagnostik: CT des Abdomens, Ösophagogastroduodenoskopie und Koloskopie ergaben mehrere Milzinfarkte, eine ödematöse Pankreatitis, einzelne, kleine Läsionen des Nierenparenchyms und eine zum Teil nekrotische Entzündung des gesamten Kolons. Zerebral ließen sich (noch) keine Veränderungen nachweisen, berichten die beiden Kollegen.
Die Befunde ließen bei ihnen einen bestimmten Verdacht reifen: Angesichts der multiplen Thromboembolien und erhöhten Antikörpertiter stellen sie die vorläufige Diagnose „Livedo racemosa bei primärem Antiphospholipidsyndrom“. Die Hautveränderung tritt etwa bei 20 % der Betroffenen auf. Der Mann erfüllte, bis auf die wiederholte Messung eines erhöhten Antikörpertiters, alle von der sog. Sydney-Klassifikation vorgegebenen Kriterien.
Kausale Therapien des Antiphospholipidsyndroms gibt es bislang nicht, es bleibt lediglich der Versuch, im Rahmen einer Sekundärprophylaxe thromboembolische Schäden zu vermeiden. Der 53-Jährige erhielt zunächst einen Vitamin-K-Antagonisten (VKA) – neben ASS die Standardtherapie. Direkte orale Antikoagulanzien gelten als kontraindiziert, da sie nicht auf das arterielle System wirken und ein erhöhtes Blutungsrisiko mit sich bringen.
Allerdings erwies sich die Situation des Mannes als kompliziert: Wegen der zahlreichen betroffenen Organe vermuteten die Kollegen ein katastrophales Antiphospholipidsyndrom (CASP), bei dem letztlich eine disseminierte intravasale Gerinnung mit Multiorganversagen droht. Der Patient erhielt u.a. wegen akraler Nekrosen, die sich unter der VKA-Therapie zeigten, unterstützend ASS und Ilomedin (i.v.) sowie hoch dosiertes Prednisolon, das später allmählich ausgeschlichen wurde.
Quelle: Oms E, Tronnier M. „Livedo racemosa bei primärem Antiphospholipidsyndrom“, Akt Dermatol 2021; 47: 99-102; DOI: 10.1055/a-1340-1500 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart, New York
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