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Lokal ist erste Wahl

Pruritus basiert auf einer eigenständigen Physiologie. Heute weiß man, dass diese Empfindung nicht etwa eine Spielform des Schmerzes ist. Stattdessen erfassen spezialisierte Rezeptoren und Neurone entsprechende Reize und leiten sie ins ZNS weiter. Beim neuropathischen Juckreiz zeigen diese Prurizeptoren eine Spontanaktivität, schreiben Kelsey Auyeung von der Icahn Scool of Medicine in New York und Kollegen. Häufig geht damit eine Überempfindlichkeit gegenüber eigentlich nicht juckenden Stimuli (Alloknesis) einher oder eine Dysästhesie mit brennenden oder stechenden Sensationen.
Neuropathischer Juckreiz tritt beispielsweise nach mechanischer, metabolischer, entzündlicher oder zelltoxischer Nervenschädigung auf. Chronischer Pruritus kann auch nach einer durchgemachten Herpes-zoster-Erkrankung, als Nebenwirkung von Opioiden oder durch Engpasssyndrome der entsprechenden Nerven entstehen.
Eine Kälteapplikation ist die simpelste Maßnahme
Der neuropathische Pruritus spricht laut den Autoren generell schlecht auf eine antientzündliche Medikation an. Besser wirksam seien neuromodulatorische Ansätze. Als Therapie der ersten Wahl gelten lokale Anwendungen. Die simpelste Maßnahme ist die Kälteapplikation, welche die Erregbarkeit der Nerven dämpfen kann. Über Kälterezeptoren wirken auch Menthol und Kampfer. Capsaicin lindert die Symptome ebenfalls. Außerdem stehen als lokal wirksame Substanzen anästhetische Topika und eine Mischung mit Lidocain, Ketamin und Amitriptylin zur Verfügung.
Als Therapie der zweiten Wahl sehen die Kollegen die lokale Gabe von Botulinumtoxin A, für das es begrenzte Evidenz gibt. Darunter kommt es teils zu systemischen Nebenwirkungen wie grippeartigen Symptomen.
Ist der ganze Körper betroffen oder liegt ein schwerer Juckreiz vor, wird in der Regel eine systemische Therapie erforderlich – allerdings ordnen die US-Mediziner die hierfür verfügbaren Substanzen als zweite oder dritte Wahl ein. Eine generelle Wirksamkeit ist nicht gegeben und nicht durch randomisierte Studien belegt. Entscheidet man sich aufgrund des Symptombildes dennoch zur systemischen Therapie, stehen als zweite Wahl die Substanzen Gabapentin, Pregabalin, Amitriptylin, Carbamazepin und Oxcarbazepin zur Verfügung. Für Pregabalin empfehlen die Autoren beispielsweise 25–100 mg mit einer dreimal täglichen Anwendung. Generell sollte man die Mittel einschleichen und auf Nebenwirkungen wie Benommenheit oder Schläfrigkeit achten.
Wirken auch die Substanzen der zweiten Wahl nicht, kann man versuchen, die Symptome über Opioid-Signalwege zu lindern, zum Beispiel mit Naloxon oder Naltrexon. Dabei kommt es mitunter zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Schwindel und Schläfrigkeit. Vor allem bei Naloxon gilt es außerdem, akute Entzugssymptome zu beachten. Aprepitant steht als Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonist ebenfalls als Reservemittel mit begrenzter Evidenz für die Wirksamkeit zur Verfügung.
Quelle: Auyeung KL et al. JAMA Dermatol 2023; DOI: 10.1001/jamadermatol.2023.3384
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