Magen-Darm-Beschwerden behandeln

Dr. Sonja Kempinski

Endoskopische Sicht auf erweiterte Gefäße im Magenantrum. Ein solches GAVE-Syndrom findet sich bei jedem fünften SSc-Patienten.
Endoskopische Sicht auf erweiterte Gefäße im Magenantrum. Ein solches GAVE-Syndrom findet sich bei jedem fünften SSc-Patienten. © Science Photo Library/Gastrolab

Patienten mit systemischer Sklerose entwickeln häufig gastrointestinale Manifestationen. Dysphagie, Reflux und Diarrhö schränken die Lebensqualität der Betroffenen weiter ein. Für das Therapiemanagement müssen Rheumatologen und Gastroenterologen eng zusammenarbeiten.

Bei bis zu 90 % der Patienten mit systemischer Sklerose (SSc) ist auch der Magen-Darm-Trakt betroffen, wobei der gesamte Bereich von Mund bis Anus als Lokalisation infrage kommt. Die dadurch ausgelösten Beschwerden sind nicht nur lästig, sondern auch lebensbedrohlich: 3,5 % der Sklerodermiepa­tienten sterben an den gastrointestinalen Komplikationen, berichtete Dr. Szilvia Szamosi von der Universität Debrecen.

Die vielen unspezifischen Symptome erschweren es, die Magen-Darm-Beteiligung bei den Patienten zu erkennen. Ein gutes Hilfsmittel ist daher der UCLA GIT2.0-Fragebogen, bei dem neben der Klinik auch Einschränkungen des sozialen Lebens und das emotionale Wohlbefinden des Patienten einfließen.

Therapeutisch gibt es je nach Lokalisation verschiedene Maßnahmen. Der Mikrostomie lässt sich mit Dehnungsübungen und Bindegewebsmassagen entgegenwirken. Ebenfalls zum Einsatz kommen Kinesio­therapie und Kabat-Technik. Wichtig ist, dass der Patient auch zu Hause regelmäßig übt.

Bei Xerostomie ist die Mundhygiene anzupassen

Für die Xerostomie steht künstlicher Speichel zur Verfügung. Hilfreich sind häufige Mundspülungen mit Wasser und eine angepasste Mundhygiene, z.B. mit spezieller Zahnpasta. Zur Mundtrockenheit führende Medikamente wie Antihistaminika, trizyklische Antidepressiva oder Anti­epileptika sollten vermieden werden.

Entwickelt der SSc-Patient eine GERD, stehen zunächst die üblichen Lebensstiländerungen (Verzicht auf Alkohol und Kaffee, Übergewicht senken) an. Medikamentös sind PPI Mittel der Wahl, allerdings sprechen 54 % der Betroffenen – vor allem diejenigen mit Dysphagie – auf PPI nicht ausreichend an. Sie benötigen deshalb eine aggressivere GERD-Therapie, z.B. mit zusätzlich Domperidon oder Alginsäurepräparaten. Auch Buspiron kann helfen, es senkt den Druck am unteren Ösophagussphinkter und reduziert Sodbrennen und Regurgitation. Eine neue Option ist Vonoprazan. Der kalium-kompetitive Säureblocker senkte bei SSc-Patienten den Säurereflux und bessert die Ösophagusmotilität.

Oft werden zur Linderung von Reflux und Sodbrennen Probio­tika empfohlen. Die Daten zu deren Wirkung sind jedoch widersprüchlich. In einer Studie besserte die drei­monatige Gabe hoch dosierter mehrstämmiger Probiotika den Reflux. In einer anderen Untersuchung hatten Laktobazillen und Bifidobakterien keinen Einfluss auf die assoziierten gastrointes­tinalen Symptome, allerdings sanken die TH17-Zellen signifikant.

Bis zu 22 % der SSc-Patienten entwickeln in den ersten Jahren ein GAVE-Syndrom. Dabei kann es u.a. zu Blutungen aus den erweiterten Magengefäßen kommen, die mitunter tödlich enden. Behandelt wird per endoskopischer Blutstillung, d.h. durch Kryotherapie, Nd:YAG-Laser, Argon-Plasma-Koagulation, Band­ligatur oder Radioablation.

Die Peristaltik reduzierende Medikamente meiden

Im Dünndarm fallen bei SSc-Patienten oft bakterielle Fehlbesiedlungen auf (8–50 % der Fälle). Eine standardisierte Behandlung gibt es dafür nicht. Empirisch wird die
zyklische Gabe von Antibiotika mit aerobem und anaerobem Spektrum empfohlen. Mithilfe von Octreotid oder Pyridostigmin versucht man, die Motilitätsstörungen zu behandeln. Gemieden werden sollten auf jeden Fall peristaltikreduzierende Medikamente wie Anticholinergika und Opioide. Eine neue Strategie ist die Stuhltransplantation, die Diarrhö, Blähungen und Inkontinenz bessert.

Ein weiteres Symptom ist die Obs­tipation. In diesem Fall kann der selektive Serotonin(5-HT4-)-Rezeptoragonist Prucaloprid Stuhlfrequenz und -konsistenz bessern und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich erhöhen. Selten kommt es bei der SSc auch zu einer CIPO (chronische intestinale Pseudoobstruktion). Sie wird mit Prokinetika wie Meto­clopramid sowie Erythromycin behandelt. Zudem muss die Nahrungszufuhr kontrolliert und ggf. auf parenteral umgestellt werden.

Als besonders ernstes Problem betrifft die Malnutrition bis zu 56 % der SSc-Patienten, berichtete Dr. Szamosi. Sie ist für etwa 4 % der Todesfälle verantwortlich. Die Ursachen sind multifaktoriell und reichen von Mikrostomie über Dysphagie bis zur Diarrhö. Patienten sollten deshalb regelmäßig auf eine mögliche Malnutrition gescreent werden. Hilfreich sind dabei serologische Untersuchungen, um etwaige Mangelzustände nachzuweisen. Mit dem Malnutrition Universal Screening Tool (MUST) kann man das Risiko einfach bestimmen. So lassen sich rechtzeitig die geeigneten Maßnahmen einleiten.

Kongressbericht: European Congress of Rheumatology 2022

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Endoskopische Sicht auf erweiterte Gefäße im Magenantrum. Ein solches GAVE-Syndrom findet sich bei jedem fünften SSc-Patienten.
Endoskopische Sicht auf erweiterte Gefäße im Magenantrum. Ein solches GAVE-Syndrom findet sich bei jedem fünften SSc-Patienten. © Science Photo Library/Gastrolab