
Systemische Sklerose: Expertengremium zum Management der interstitiellen Lungenerkrankung

Zwar haben die verschiedenen Fachgesellschaften die Behandlungsleitlinien für die systemische Sklerose in den letzten Jahren mehrfach aktualisiert. Die Lunge kommt dabei aber oft zu kurz, meinen Dr. Anna-Maria Hoffmann-Vold von der Abteilung für Rheumatologie am Universitätsklinikum Oslo und ihre Kollegen. Daher haben die Wissenschaftler zunächst eine umfangreiche Literaturrecherche zu allen Aspekten einer ILD bei systemischer Sklerose angestellt. Aus 280 gefundenen Artikeln generierten sie dann eine Reihe von Statements zu sechs wesentlichen Punkten:
- Risikofaktoren für die Entwicklung einer ILD bei systemischer Sklerose,
- Screening-Verfahren,
- endgültige Entscheidung über die Diagnose und Einschätzung des Schweregrades,
- Beginn und Art der Therapie,
- Krankheitsprogression und
- Behandlungseskalation.
Ihre Aussagen legten die Kollegen anschließend 27 europäischen Fachleuten aus Pneumologie, Rheumatologie und Innerer Medizin vor. Die Experten äußerten sich dann in einem mehrstufigen Prozess, inwiefern sie mit der jeweiligen Aussage übereinstimmten. Ein Konsensus, sei er pro oder kontra, war bei einer Übereinstimmung von mindestens 80 % erreicht.
1. Risiko
Eine erhöhte Gefahr, im Rahmen einer systemischen Sklerose an einer ILD zu erkranken, besteht bei
- bestehenden Komorbiditäten,
- vorhandenen Atemwegssymptomen,
- Rauchern,
- bestimmten Ethnien (amerikanische Ureinwohner, afrikanische Abstammung),
- Männern,
- diffuser kutaner systemischer Sklerose (vs. limitierte kutane Erkrankung)
- Nachweis von Anti-Topoisomerase-I-Antikörpern.
Wenn das Labor allerdings Anti-Zentromer-Antikörper nachweist, ist die ILD-Gefahr eher verringert. Andere Biomarker, beispielsweise das Surfactant Protein D, spielen dagegen derzeit in der Klinik keine Rolle.
2. Screening
Sobald die Diagnose „systemische Sklerose“ steht, sollte bei allen Kranken eine hochauflösende CT erfolgen, um eine ILD nachzuweisen oder auszuschließen. Auskultationsbefunde und klassische Tests wie Messung der forcierten Vitalkapazität und der Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität ergänzen das Bild. Die Lungenfunktion sollten die behandelnden Ärzte regelmäßig kontrollieren, über eventuelle routinemäßige Kontroll-CT-Untersuchungen konnten sich die Experten nicht einigen.
3. Diagnose und Bestimmung des Schweregrades
Wichtigstes Diagnosetool ist die HRCT. Lungenfunktionstests und klinische Untersuchung haben ebenfalls eine große Bedeutung. Die CT gibt außerdem über Muster und Ausmaß der Lungenfibrose Auskunft.
Um den Schweregrad zu ermitteln sollte man mehrere Parameter berücksichtigen, etwa das Ausmaß der Atemwegssymptome, z.B. der Dyspnoe (ggf. im 6-Minuten-Gehtest) und den Abfall der Sauerstoffsättigung bei körperlicher Anstrengung. Nicht zuletzt sollten die Ärzte die Lebensqualität erfassen – ein für Patienten entscheidender Faktor.
4. Progression
Um ein Fortschreiten der Erkrankung zu erkennen, helfen im Wesentlichen die gleichen Untersuchungen, die zum Screening und zur Diagnose dienen: Hat sich die LuFu verschlechtert, das fibrotische Gewebe in der CT zugenommen und sich die Belastbarkeit vermindert?
5. Therapie
Wann der Zeitpunkt gekommen ist, mit der Behandlung der ILD zu beginnen, muss man individuell festlegen, meinen die Experten. Bei frühem oder nur leicht ausgeprägtem Befund, kann der Verzicht auf eine spezifische Therapie durchaus eine Option darstellen.
Dagegen sollte man allen Patienten mit schwerer Lungenbeteiligung eine Therapie anbieten. Dafür kommen vor allem Mycophenolatmofetil und Cyclophosphamid infrage. Glucokortikoide in Monotherapie lehnt das Gremium übereinstimmend ab.
Der Tyrosinkinase-Inhibitor Nintedanib ist für die Indikation sSc-assoziierte ILD zwar noch nicht zugelassen. Die Experten sehen in ihm aber eine effektive Option sowohl für die Initial- als auch die Eskalationstherapie. Er kann alleine aber auch in Kombination mit Mycophenolatmofetil gegeben werden. Über den Stellenwert von Tocilizumab, Azathioprin und anderen Kombinationen verschiedener Immunsuppressiva konnten sich die Mitglieder nicht einigen.
6. Behandlungseskalation
Die Indikation besteht bei unter der Behandlung fortschreitender Erkrankung. Wenn die First-Line-Therapien nicht (mehr) wirken, verläuft evtl. ein Versuch mit Rituximab erfolgreich. Nintedanib bietet sich künftig ebenfalls an. In bestimmten Untergruppen von Patienten kann eine autologe Stammzelltransplantation infrage kommen und schließlich sollte man frühzeitig an die Möglichkeit einer Lungentransplantation denken und den Kranken ggf. auf der Warteliste anmelden.
Quelle: Hoffmann-Vold AM et al. Lancet Rheumatol 2020; 2: e71-e83; DOI: 10.1016/S2665-9913(19)30144-4
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