Letzte Rettung Stammzelltransplantation

Dr. Sonja Kempinski

Bei der diffusen Form der Sklerodermie sind innere Organe meist früh und ausgeprägt beteiligt. Bei der diffusen Form der Sklerodermie sind innere Organe meist früh und ausgeprägt beteiligt. © Science Photo Library

Die Sklerodermie ist noch immer eine der schwersten und stigmatisierendsten Autoimmunerkrankungen. Kann Immunsuppression nichts ausrichten, kommt eventuell die autologe Stammzelltransplantation in Betracht. Was lässt sich mit ihr erreichen?

Die autologe Stammzelltransplantation (aSCT) ist heute die am besten evaluierte Therapieoption bei Patienten mit progressiver systemischer Sklerose (SSc) und Organbeteiligung, berichtete Prof. Dr. Jörg Henes von der Medizinischen Klinik II am Universitätsklinikum Tübingen. Ihre positiven Effekte belegen drei randomisierte, kontrollierte Studien und eine nicht-interventionelle Untersuchung. Insgesamt zeigten sich darin ein längeres Überleben sowie teilweise dramatische Verbesserungen von Haut und Lungenfunktion.

Die Stammzelltransplantation erfolgt in vier Phasen

  • Mobilisierungsphase. Zunächst erhält der Patient für zwei bis drei Tage ein Zytostatikum wie Cyclophosphamid, wodurch in der folgenden Erholungsphase die Zahl der Stammzellen im Knochenmark ansteigt. Am 4. Tag sorgt dann die Gabe von Wachstumsfaktor G-CSF (Granulozyten-Kolonie stimulierender Faktor) dafür, dass die vermehrt produzierten Stammzellen in die Peripherie ausgeschwemmt werden.
  • Leukapherese. Die Stammzellen filtriert man über ein bis zwei Tage hinweg per Leukapherese ab. Um im Rahmen der Stammzelltransplantation möglichst wenig autoaggressive T-Zellen zurückzugeben, reinigt man das Transplantat mit verschiedenen Verfahren, danach wird es kryokonserviert.
  • Konditionierung. Frühestens drei Wochen nach der Leukapherese werden die Patienten zur Konditionierung und Stammzellrückgabe wieder in die Klinik aufgenommen. Ziel der Konditionierung ist eine Aplasie des Knochenmarks. Sie wird erreicht durch eine Hochdosis-Chemotherapie plus Antikörpergabe (z. B. Cyclophosphamid plus Antithymozytenglobulin, ATG), evtl. kombiniert mit einer Bestrahlung.
  • Stammzellrückgabe. Nach Beendigung der Konditionierung werden die autologen Stammzellen intravenös zurückgegeben. Aufgrund der Aplasie müssen die Patienten zunächst in der Klinik bleiben. Wenn sie nach vier Wochen infekt- und fieberfrei sind, können sie nach Hause entlassen werden.

Im ASTIS Trial wurde die aSCT mit der Standardtherapie (zwölfmal Cyclophosphamid i.v.) ver­glichen. Was das ereignisfreie und das Gesamt­überleben angeht, erwies sich die aSCT mittel- und langfristig als überlegen. Der Rodnan Skin Score verbesserte sich signifikant stärker und auch die Lungenfunktion profitierte mehr. In der SCOT-Studie punktete die aSCT mit weniger Todesfällen und mehr klinischen Verbesserungen gegenüber der Therapie mit Cyclophosphamid. Ähnlich gute Ergebnisse zeigte die nicht-interventionelle Studie NISSC-1 mit einem Therapieansprechen von über 80 % und einem ereignisfreien Überleben im ersten Jahr von etwa 80 %. Bezahlt werden die guten Ergebnisse allerdings mit einer erhöhten therapieassoziierten Mortalität während der ersten Monate, die teilweise bis zu 10 % betrug.

Schlechtes Ansprechen und zwei Risikofaktoren

Für eine aSCT geeignet sind vor allem Patienten mit ungünstigem Krankheitsverlauf und schlechter Prognose, erklärte Prof. Henes. Folgende Faktoren beeinträchtigen das Outcome:
  • progressiv-systemische Form der Sklerodermie mit diffusem Hautbefall
  • Alter ≤ 40 Jahre bei Erstmanifes­tation
  • männliches Geschlecht
  • Begleitmyositis mit hoher CK
  • frühe Kontrakturen
  • Autoantikörper gegen Scl70 und RNA-Polymerase III
  • anhaltend hohe Entzündungszeichen (BSG, CRP)
  • frühe kardiale (Troponinerhöhung!) und pulmonale Beteiligung.
Bei Patienten mit zwei oder mehr der genannten Risikofaktoren, einer Krankheitsdauer von weniger als fünf Jahren und einer Progression trotz einer Therapie mit Cyclophosphamid ist aufgrund des hohen Mortalitätsrisikos die Stammzelltransplantation in Erwägung zu ziehen, sagte der Rheumatologe. Er forderte, die Kranken zeitnah in einem spezialisierten Zentrum vorzustellen. Besonders große Erfahrung mit der autologen Stammzelltransplantation bei Patienten mit progressiver systemischer Sklerose haben u.a. die Unikliniken in Tübingen, Heidelberg, Bochum, Würzburg und Freiburg.

Kongressbericht: 127. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (Online-Veranstaltung)

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Bei der diffusen Form der Sklerodermie sind innere Organe meist früh und ausgeprägt beteiligt. Bei der diffusen Form der Sklerodermie sind innere Organe meist früh und ausgeprägt beteiligt. © Science Photo Library