Lungenfibrose: Von wegen nur eine schlechte Kondition

Dr. Angela Speth

Der Begriff Honigwabenlunge trifft es ganz gut: Viel Fläche für einen adäquaten Gasaustausch bleibt in den zystenartigen Hohlräumen nicht mehr. Der Begriff Honigwabenlunge trifft es ganz gut: Viel Fläche für einen adäquaten Gasaustausch bleibt in den zystenartigen Hohlräumen nicht mehr. © wikimedia/IPFeditor

Schon bei kleinen Anstrengungen geht dem 62-jährigen Herrn F. – zwanzig Zigaretten täglich, nicht eben schlank – immer mehr die Puste aus. Alles nur eine Frage von Alter, schlechter Kondition, Rauchen und Übergewicht? Vorsicht, es könnte sich auch um eine Lungenfibrose handeln!

Belastungsdyspnoe mit oder ohne trockenen Husten – das sind die unspezifischen Zeichen einer idiopathischen Lungenfibrose (idiopathic pulmonary fibrosis, IPF). Gemeinhin gilt sie als selten, schreiben Professor Dr. Luca Richeldi von der Pneumologie der Fondazione Policlinico Universitario Agostino Gemelli in Rom und seine Kollegen.

So verbreitet wie Magenkrebs und Hirntumoren

Tatsächlich aber sei sie mit einer aktuell steigenden Inzidenz von 2 bis 18 pro 100 000 Personen pro Jahr etwa so verbreitet wie Magenkrebs oder Hirntumoren und die häufigste Form einer interstitiellen Pneumonie. Und auch wenn sie variabel und unvorhersehbar verläuft: Die mittlere Überlebenszeit nach der Diagnose beträgt nur zwei bis vier Jahre.

Dabei zerstört die Fibrose die Architektur der Alveolen und beeinträchtigt den Gasaustausch, was schließlich im Atemversagen endet. Im Gegensatz zu Patienten mit COPD und Asthma fällt den IPF-Kranken besonders das Einatmen schwer, denn bedingt durch die mangelhafte Elastizität der Lunge müssen sie dafür viel Kraft aufwenden. Die Erkrankung, die Männer etwas häufiger trifft als Frauen, beginnt meist nach dem 50. Lebensjahr, zunächst schleichend und über Jahre unerkannt. Als Auslöser werden genetische Faktoren und Umwelteinflüsse diskutiert, verstärkt durch Mikroverletzungen des alternden Epithels. Mit bestimmten Muta­tionen lässt sich etwa ein Drittel des Risikos erklären.

Weil die Symptome so unspezifisch sind, besteht die Herausforderung darin, die IPF von anderen interstitiellen Pneumonien mit bekannter Ursache abzugrenzen, etwa eine Therapie mit Zytostatika oder die Inhalation von Tabakrauch, Schimmel, Federn (Vogelzüchterlunge), Stäuben und Gasen. Allerdings: Diese Noxen spielen bei der idiopathischen Variante vermutlich ebenfalls eine Rolle, zum Beispiel haben die meisten Patienten eine Raucheranamnese.

Pathogenese und Biomarker im Fokus der Forschung

Für die Zukunft sind die Bestrebungen darauf gerichtet, die Pathogenese intensiver zu erforschen – unabdingbare Grundlage für die Entwicklung besserer Medikamente. Auch nach Biomarkern wird gesucht, um die Genauigkeit von Dia­gnose, Prognose und Vorhersage des Therapieansprechens zu erhöhen. Und trotz der Befürchtung, dass die gastrointestinalen Nebenwirkungen kumulieren, laufen Studien zur Kombination von Nintedanib mit Pirfenidon. Ebenso zum Nutzen von Antibiotika, da der Verdacht besteht, dass Infektionen Ausbruch und Fortschreiten der idiopathischen Lungenfibrose begünstigen.

Bei der körperlichen Untersuchung wird das inspiratorische Knisterrasseln hörbar, jeder Dritte präsentiert sich mit keulenförmig verdickten Fingern infolge der Zyanose (Trommelschlegelfinger). Spirometrie, Bodyplethysmographie und Messung des Gasaustauschs ergeben bei voll ausgeprägter Krankheit erniedrigte Werte. Entscheidend für die Diagnose ist das hochauflösende Thorax-CT (s. Abb.). Hier erkennt man die IPF an der retikulären Trübung sowie – als Folge der Degeneration – an Klumpen von zystenartigen Hohlräumen, die einer Bienenwabe ähneln (Wabenlunge).

Als charakteristisch gelten darüber hinaus die Traktionsbronchiektasen. Diese Ausweitungen der Bronchien entstehen durch die Zugkräfte, die sich bei der Schrumpfung der Lunge entwickeln. Dagegen fehlen weitgehend die sogenannten Milchglastrübungen, helle Areale, die auf Entzündungen hindeuten. Schon beim geringsten Verdacht auf eine idiopathische pulmonale Fibrose sollten die Patienten an ein spezialisiertes Zentrum überwiesen werden.

Während man früher erfolglos rein antiinflammatorisch oder immunsuppressiv behandelte, stehen seit einigen Jahren krankheitsmodifizierende Medikamente zur Verfügung, die jedoch lediglich die Progression verlangsamen.

Vitalkapazität schwindet langsamer unter Pirfenidon

Pirfenidon vereint antientzündliche, antioxidative und antifibrotische Effekte, die sowohl Entzündungen als auch die Synthese von Fibroblasten und Kollagen hemmen. In klinischen Studien verlangsamte sich die Abnahme der forcierten Vitalkapazität. Zu den Nebenwirkungen gehören Hautausschläge und Magen-Darm-Probleme. Bei Nintedanib handelt es sich um einen Tyrosin-Kinase-Inhibitor, der Signalrezeptoren etwa für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor unterdrückt.

Symptomatische Therapie mit Opioiden

Er bremst etwa in gleichem Maße wie Pirfenidon die Abnahme der forcierten Vitalkapazität und reduziert die Inzidenz von Exazerbationen. Häufige Nebenwirkungen sind gleichfalls gastrointestinale Beschwerden, vor allem Durchfälle. Sowohl Pirfenidon als auch Nintedanib vermindern tendenziell die Mortalität.

Zur symptomatischen Therapie gehören Opioide, weil sie den von Reflux begleiteten chronischen Husten sowie Angst und Atemnot abschwächen. In ausgewählten Fällen kann eine Lungentransplantation infrage kommen, mit der sich eine postoperative 5-Jahres-Überlebensrate von circa 50 % erreichen lässt.

Quelle: Richeldi L et al. The Lancet 2017; 389: 1941-1952

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Der Begriff Honigwabenlunge trifft es ganz gut: Viel Fläche für einen adäquaten Gasaustausch bleibt in den zystenartigen Hohlräumen nicht mehr. Der Begriff Honigwabenlunge trifft es ganz gut: Viel Fläche für einen adäquaten Gasaustausch bleibt in den zystenartigen Hohlräumen nicht mehr. © wikimedia/IPFeditor