Idiopathische Lungenfibrose: Finger weg von Bronchoskop und Biopsiezange!

Manuela Arand

Jede Bronchoskopie, Thorax-OP bzw. -Intervention gefährdet den IPF-Patienten. Jede Bronchoskopie, Thorax-OP bzw. -Intervention gefährdet den IPF-Patienten. © wikimedia/NCI

Die akute Exazerbation der idiopathischen Lungenfibrose ist ein dramatisches, lebensbedrohliches Ereignis. Die beste Strategie: Vorbeugen und im Fall des Falles zügig behandeln.

Ja, es gibt Patienten mit idiopathischer Lungenfibrose (IPF), die bei einer akuten Exazerbation (AE) ein systemisches Steroid bekommen, sich erholen und nie wieder exazerbieren. „Aber das ist die absolute Ausnahme“, betonte Professor Dr. Michael Kreuter von der Thoraxklinik der Universität Heidelberg. In der Regel imponiert die AE bei der IPF als schwere Komplikation, die Spuren in Form einer massiven Progression der pulmonalen Fibrose hinterlässt. Sofern sie den Patienten nicht gleich umbringt. Die Mortalität ist enorm hoch, jeder zweite AE-Patient stirbt im Krankenhaus und 80 bis 90 % der Überlebenden überstehen das erste Folgejahr nicht. Die mediane Lebenserwartung beträgt 2,2 Monate.

Krisen früh zu erkennen, gelingt nicht wirklich gut

Studien lassen hoffen, dass es eine frühe Form der akuten Exazerbation bei IPF mit besserer Prognose geben könnte. Das unterstreicht die Notwendigkeit, eine sich anbahnende „Krise“ frühzeitig zu erkennen und rasch zu behandeln. Etwas, das Pneumologen in Praxis und Klinik nach Überzeugung von Prof. Kreuter häufig nicht gut gelingt.

Man weiß, dass bestimmte Risikofaktoren für Exazerbationen prädisponieren, viele davon sind mit der Krankheit selbst assoziiert – z.B. Dyspnoe, Lungenhochdruck und niedrige FEV1 bei Diagnose sowie das Ausmaß der Fibrose im HR-CT. Beim Rauchen sind die Daten inkosistent. Es gibt sogar Studien, denen zufolge Exraucher besser geschützt sind. Wichtiger noch ist aber, die Trigger zu kennen, die akut eine AE auslösen. Dazu zählen natürlich Virusinfekte – Winterzeit ist AE-IPF-Zeit – und Mikroaspirationen bei Refluxkrankheit, aber auch Immunsuppression und Chemotherapie.

Ganz wichtig: Jede Operation am Thorax, jede Bronchoskopie mit Lavage oder transbronchialer Biopsie kann eine akute Exazerbation triggern. Patienten mit IPF entwickeln überdurchschnittlich häufig Bronchialkarzinome. „Wenn Sie diese Patienten zum Chirurgen schicken, wird die akute Exazerbation mit höchster Wahrscheinlichkeit eintreten“, warnte Prof. Kreuter.

Präventiv sind Hygiene und Schutzimpfungen vor allem gegen Influenza und Pneumokokken Pflicht. Bronchoskopische Diagnostik sollte man auf das notwendige Minimum beschränken und thoraxchirurgische Eingriffe möglichst vermeiden. Ist die OP unumgänglich, können perioperativ Steroide gegeben werden. Ob Antifibrotika in diesem Kontext helfen, ist nicht schlüssig bewiesen. „Reden Sie mit dem Anästhesisten“, empfahl Prof. Kreuter. Er sollte hohe Beatmungsdrücke und hohe Sauerstoffkonzentrationen vermeiden und dafür sorgen, dass der Patient intraoperativ möglichst wenig Flüssigkeit erhält.

Apropos Antifibrotika: Den Zulassungsstudien zufolge bieten beide, Nintedanib und Pirfenidon, einen gewissen Schutz vor akuten Exazerbationen der IPF.

Fast alle Kollegen geben Steroide

Was tun, wenn es zur AE kommt? Die einzigen derzeit – mit schwacher Empfehlungsstärke und Evidenz – empfohlenen Therapeutika sind systemische Steroide, wobei Dosis, Applikationsweg und Behandlungsdauer völlig im Unklaren liegen. Eine Umfrage, die Prof. Kreuter und Kollegen letztes Jahr beim Europäischen Lungenkongress unter 509 IPF-Behandlern aus 66 Ländern durchführten, zeigte ein uneinheitliches Bild. Steroide gaben fast alle, Breitbandantibiotika rund die Hälfte immer, jeder Vierte bei klinischen Zeichen einer bakteriellen Infektion.

Eine Reihe möglicher Therapieansätze von antiviralen Substanzen bis B-Zelldepletion geistert durch die medizinische Welt, prospektiv erprobt ist bisher kein einziger. Welcher sich von ihnen durchsetzen kann, wird sich zeigen. Bis dahin gilt: Vorbeugen, vorbeugen, vorbeugen.

Quelle: 60. Kongress der DGP*

* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V.

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