Die medikamenteninduzierte interstitielle Lungenerkrankung ist auf dem Vormarsch

Dr. Melanie Söchtig

Bei akuten, fulminanten oder schweren Verläufen kann nach Einschätzung der Autoren zusätzlich die Einleitung einer Kortikosteroidtherapie nötig sein. Bei akuten, fulminanten oder schweren Verläufen kann nach Einschätzung der Autoren zusätzlich die Einleitung einer Kortikosteroidtherapie nötig sein. © BillionPhotos.com – stock.adobe.com

Neue Wirkstoffe im Rahmen der zielgerichteten und Immuntherapien bergen ein großes lungenschädigendes Potenzial. Wird der Zusammenhang rechtzeitig erkannt, kann man oftmals Schlimmeres verhindern.

Derzeit sind mehr als 350 Arzneimittel bekannt, die eine medikamenteninduzierte interstitielle Lungenkrankheit (drug-induced interstitial lung disease; DI-ILD) verursachen können. Die meisten davon stammen aus den Bereichen der Onkologie, Rheumatologie, Kardiologie und Infektiologie. DI-ILD machen einen Anteil von 2,5–5 % aller interstitiellen Lungenerkrankungen aus, berichten Jérôme Toriel und Dr. Christophe Uldry vom Hôpital de Rolle. „Die für 2017 geschätzte Inzidenz von 1,2 Fällen pro 100.000 Personen pro Jahr ist vor dem Hintergrund des Aufkommens der zielgerichteten und Immuntherapien wahrscheinlich unterschätzt.“ Deshalb müsse man bei einer pulmonalen Schädigung stets einen iatrogenen Ursprung in Betracht ziehen.

Wichtige Hinweise ergeben sich bereits aus der Expositionsanamnese. Diese sollte sowohl aktuell verwendete Wirkstoffe als auch solche umfassen, die in der Vergangenheit oder auf Vorrat verschrieben wurden (z. B. Nitrofurantoin bei Harnwegsinfektionen). 

Online-Datenbank mit nützlichen Informationen

Die Applikationsform spielt keine Rolle. Auch freiverkäufliche Medikamente kommen als Auslöser für eine DI-ILD infrage. Auf der Website www.pneumotox.com findet sich eine wissenschaftliche Datenbank, die Arzneimittel und Drogen mit pneumologischem Schadpotenzial enthält. Gesucht werden kann nach Wirkstoffnamen oder der Art bzw. Lokalisation der Schädigung. Als Beispiele führen die Autoren Amiodaron, Methotrexat und Checkpointinhibitoren an.

Zu den möglichen Differenzialdiagnosen einer DI-ILD zählen unter anderem Pneumonie, Strahlenpneumonitis, alveoläre Hämorrhagie, kardiogenes Lungenödem, Lymphangiosis carcinomatosa und Systemerkrankungen wie eine Konnektivitis oder entzündliche Darmerkrankungen. Auszuschließen sind insbesondere Infektionen, z. B. mit Pilzen oder Mykobakterien.

Atemnot bis hin zu einer respiratorischen Insuffizienz, trockener Husten und Fieber können Anzeichen für eine akute DI-ILD sein, die innerhalb von Stunden bis Tagen nach Verabreichung des auslösenden Wirkstoffes eintritt. Darüber hinaus ist aber auch ein subakuter (nach Wochen) oder chronischer Verlauf (nach Monaten bis Jahren) mit schleichendem Einsetzen der Beschwerden (z. B. progressive Dyspnoe, verminderte Belastungskapazität, Gewichtsverlust) möglich.

Sowohl das Blutbild als auch die Zellverteilung im Alveolarraum sind bei einer DI-ILD oftmals unspezifisch. Im Rahmen eines Lungenfunktionstests fällt am häufigsten eine Diffusionsstörung mit verminderter Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität und/oder eine restriktive Ventilationsstörung auf. Unter den bildgebenden Verfahren empfehlen die Autoren vor allem die Thorax-CT. Die radiologische Präsentation der DI-ILD ist sehr unterschiedlich. Meist stellt sie sich als organisierende Pneumonie, diffuser Alveolarschaden, Hypersensitivitätspneumonitis und nicht-spezifische interstitielle Pneumonie dar.

Bleibt die Diagnose auch nach Ausschluss mehrerer Alternativen unklar oder steht eine neoplastische Infiltration im Raum, kann – unter Abwägung des individuellen Nutzen-Risiko-Verhältnisses – eine Lungenbiopsie erforderlich sein. Die häufigsten histopathologischen Befunde umfassen neben den o. g. Erscheinungsbildern eosinophile Pneumonie, alveoläre Hämorrhagie, Lungenödem und vaskuläre Veränderungen.

Erster Schritt in der Behandlung einer DI-ILD ist das – zumindest vorübergehende – Absetzen des auslösenden Wirkstoffs. In manchen Fällen geht die Lungenschädigung dadurch bereits vollständig zurück.

Manche Betroffene benötigen Kortikosteroide

Bei akuten, fulminanten oder schweren Verläufen kann nach Einschätzung der Autoren zusätzlich die Einleitung einer Kortikosteroidtherapie nötig sein. Die Behandlung in komplexen Fällen sowie bei onkologischer Grunderkrankung sollte in einem multidisziplinären Team bzw. gemeinsam mit einem Spezialzentrum diskutiert werden. Sie richtet sich unter anderem nach dem Schweregrad der DI-ILD.

Quelle: Toriel J, Uldry C. Swiss Medical Forum 2024; 24: 242–246; DOI: 10.4414/smf.2024.1413046548

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Bei akuten, fulminanten oder schweren Verläufen kann nach Einschätzung der Autoren zusätzlich die Einleitung einer Kortikosteroidtherapie nötig sein. Bei akuten, fulminanten oder schweren Verläufen kann nach Einschätzung der Autoren zusätzlich die Einleitung einer Kortikosteroidtherapie nötig sein. © BillionPhotos.com – stock.adobe.com