Von Diarrhö bis Lungenerkrankung

AGO Mamma 2022 Birgit-Kristin Pohlmann

Man sollte die Nebenwirkungen neuer Substanzen kennen, um sensibilisiert zu sein. Man sollte die Nebenwirkungen neuer Substanzen kennen, um sensibilisiert zu sein. © iStock/kali9

Vor dem Hintergrund neuer Substanzen und immer komplexerer Behandlungssequenzen hat die AGO Mamma ihre Empfehlungen zur Supportivtherapie bei Brustkrebs angepasst. Dies betrifft vor allem das Management von Nebenwirkungen wie interstitielle Lungenerkrankung, Hepatitis, Fatigue und Diarrhö.

Die Supportivtherapie und der Umgang mit (potenziellen) Nebenwirkungen sei im Rahmen der Empfehlungen der AGO Mamma ein wichtiges Kapitel zum Nachschlagen, kon­statierte Prof. Dr. Nadia­ Harbeck­ vom Brustkrebszentrum des LMU Klinikums München. Einen neuen Abschnitt haben die Expert:innen deshalb zur Zusatzdiagnostik vor Beginn einer Chemotherapie erarbeitet.

DPD-Defizienz

Mit „Doppelplus“ (LoE GR AGO 1a A ++) empfehlen die Kolleg:innen vor jeder Behandlung mit 5-Fluo­ro­-­uracil (FU) bzw. Capecitabin, auf eine DPD*-Defizienz zu testen. Das Enzym reguliert den Abbau von 5-FU und dessen Prodrugs, was bei einer in seltenen Fällen vorliegenden pathogenen Genvariante nicht mehr adäquat funktioniert. Betroffene haben dann ein erhöhtes Risiko für therapiebedingte Toxizitäten.

Lungenerkrankungen

Wichtig sei, so die Referentin, die Nebenwirkungen neuer Substanzen zu kennen, um entsprechend sensibilisiert zu sein. Dazu gehöre die interstitielle Lungenerkrankung (ILD), die zum Beispiel unter dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Trastuzumab-Deruxtecan (T-DXd) oder der CDK4/6-Inhibition, speziell unter Abemaciclib, auftreten könne.

Auch für die medikamenteninduzierte Pneumonitis und ILD hat die AGO Mamma ein neues Slide erarbeitet, ergänzte Prof. Dr. Toralf­ Reimer, Klinikum Südstadt, Ros­tock: Die diagnostische Abklärung sollte mittels CT-Thorax erfolgen (1a B ++). Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad und der auslösenden Noxe. Grundpfeiler der Therapie bleiben Kortikosteroide (1a B ++). Ob zusätzlich eine Dosisunterbrechung bzw. ein Abbruch notwendig ist, muss individuell und unter Berücksichtigung der jeweiligen Fachinformation entschieden werden (++).

Hepatitis B

Weiterhin empfiehlt die AGO Mamma vor Chemotherapie ein Hepatitis-B-Screening (2c B +). Hier sollten zukünftig auch die HBs-Antikörper gegen das Hepatitis-B-Surface-Antigen mitbestimmt werden. Eine weitere Änderung: Die Expert:innen raten im Fall einer Reaktivierung bzw. positiver Serologie nicht mehr generell dazu, die Chemotherapie zu unterbrechen. Dies sollte laut Prof. Reimer im Einzelfall in Abhängigkeit zum Beispiel vom Tumorstadium, der klinischen Symptomatik oder der Transaminasenwerte entschieden werden.

Fatigue

Die Intervention bei einer therapieassoziierten Fatigue wurde erweitert um die Empfehlung einer kurzzeitigen Kortikosteroidgabe als Alternative zum Einsatz von Methylphenidat (1a D +).

Kardiales Monitoring

Für das kardiale Monitoring nennt die AGO Mamma jetzt explizit auch das Echokardiogramm (EKG; 1a A +) mit Blick auf eine mögliche QT-Intervall-Verlängerung. In den Brustzentren sei dies bereits Standard und werde in klinischen Studien gefordert, betonte Prof. Reimer­, weshalb die Empfehlung seiner Aussage nach überfällig war.

Diarrhö

Gegen die Diarrhö ist laut AGO Mamma jetzt auch die subkutane Applikation des Somatostatin-Analogons Octreotid ab Grad-3-Diar­rhöen eine Option. Zu beachten ist, dass es sich um einen Off-Label-Einsatz handelt. Speziell für die Gabe von Neratinib beim HER2+ Brustkrebs raten die Kolleg:innen, mit einem Dosiseskalationsschema zu starten, wodurch sich das Risiko für Grad-3/4-Diarrhöen senken lasse, so Prof. Reimer. Grundlage ist die CONTROL-Studie, in der mit 120 mg/d Neratinib (Tag 1–7) gestartet und zunächst auf 160 mg/d (Tag 8–14) und ab Tag 15 auf 240 mg/d erhöht wurde.

*    Dihydropyrimidin-Dehydrogenase

Quelle: AGO Mammakarzinom – State of the Art Meeting 2022

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Man sollte die Nebenwirkungen neuer Substanzen kennen, um sensibilisiert zu sein. Man sollte die Nebenwirkungen neuer Substanzen kennen, um sensibilisiert zu sein. © iStock/kali9