COPD: Drei Punkte steuern den Einsatz inhalativer Kortikosteroide

Manuela Arand

Neben Exazerbationshistorie und Risikoprofil lassen sich Eosinophilenzahlen im Blut als Leitschnur für die COPD-Therapie nutzen. Neben Exazerbationshistorie und Risikoprofil lassen sich Eosinophilenzahlen im Blut als Leitschnur für die COPD-Therapie nutzen. © iStock/Dr_Microbe

Das Bild gewinnt allmählich Kontur. Eosinophilenzahlen im Blut lassen sich als Leitschnur für die COPD-Therapie nutzen. Aber nur als einen der Bausteine neben Exazerbationshistorie und Risikoprofil.

Als prognostischer Biomarker für das Exazerbationsrisiko taugen die Eos nicht, wohl aber um die Response auf inhalative Kortikosteroide (ICS) vorherzusagen, erklärte Professor Dr. Dave Singh von der Universität Manchester. „ICS können ein Bösewicht sein, wenn man sie bei den falschen Patienten benutzt, aber auch ein Freund bei korrekter Indikation.“

Bei manchen, aber durchaus nicht allen COPD-Patienten ähnelt die Entzündungsreaktion in den Atemwegen der beim Asthma. Dann finden sich dort viele Eosinophile und Mediatoren der Th2-Inflammation. Schon in den frühen Studien zur ICS-Therapie, damals noch in Zweifachkombination mit lang wirksamen Beta-2-Mimetika (LABA) versus LABA mono, zeigte sich, dass mit den Eosinophilenzahlen das Exazerbationsrisiko unter rein bronchodilatatorischer Therapie anstieg.

Umgekehrt ergab eine neue retrospektive Analyse, dass das ICS in puncto Exazerbationen rein gar nichts bewirkt, wenn Patienten weniger als 100 Eosinophilen/µl Blut aufweisen. „Das ist womöglich der Schwellenwert, den wir in der klinischen Praxis zusammen mit anderen Parametern benutzen können, um zu sagen: Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Patient vom ICS profitieren wird“, meinte Prof. Singh. Die Schwelle, ab der von einer positiven ICS-Response ausgegangen werden kann, dürfte seiner Ansicht nach bei ca. 300 Zellen/µl liegen.

Entzug ist nur bei vielen Eosinophilen riskant

Zu berücksichtigen ist neben den Zellzahlen vor allem die Exazerbationshistorie, die das künftige Risiko entscheidend prägt. Patienten, die bisher nie exazerbiert sind, werden das wahrscheinlich auch künftig nicht tun. Bei diesen Patienten liefern die Eosinophilenzahlen keine wesentliche Zusatzinformation.

Eine Post-hoc-Analyse der ICS-Entzugsstudie WISDOM ergab, dass Patienten mit mindestens zwei Exazerbationen pro Jahr auf die Wegnahme des Steroids mit einem Anstieg der Exazerbationen reagiert hatten – aber nur die mit mehr als 400 Eos/µl Blut. Im Gesamtkollektiv hatte WISDOM keinen Effekt des ICS-Entzugs gezeigt. Offenbar gibt es aber eine Subgruppe, der er nicht guttut.

WISDOM stand in der Kritik wegen des artefiziellen Designs: Die Patienten, die teilweise vorher gar kein ICS hatten, wurden alle für einige Wochen auf eine Tripletherapie mit LABA/LAMA/ICS eingestellt, bevor die Hälfte das ICS wieder absetzen musste. Neuere Studien schlagen in die gleiche Kerbe, wie Prof. Singh demonstrierte. Nimmt man alle zusammen, lässt sich zusammenfassen: Bei Patienten mit hohem Exazerbationsrisiko und hohen Eosinophilenzahlen sollte man sich hüten, das ICS wegzunehmen.

Ein Konzept, um den Einsatz zu steuern

Ein gewisses Problem liegt darin, dass die Eosinophilenzahlen schwanken können. Weniger am unteren Ende der Skala, dort bleiben die betroffenen Patienten über die Zeit zu 90 % stabil. Am oberen Ende dagegen gibt es viel Bewegung und ein beträchtlicher Teil der Patienten wechselt in niedrigere Kategorien. Nichtsdestotrotz haben internationale Experten ein Konzept entwickelt, wie sich der ICS-Einsatz anhand von Eos, Exazerbationen und Anamnese steuern lässt:

  • Patienten mit Eosinphilenzahlen über 300/µl und mindestens zwei moderaten bis schweren Ex­azerbationen pro Jahr oder einer stationär behandlungspflichtigen Exazerbation ist ein ICS zu empfehlen, vor allem wenn sie ein Asthma bronchiale in der Vorgeschichte haben.
  • Bei Patienten mit weniger als 100 Eos/µl, wiederholten Pneumonien oder einer Mykobakterieninfektion in der Anamnese sind ICS zu meiden.
  • In der Grauzone dazwischen – Patienten mit einer moderaten Exazerbation pro Jahr und 100 bis 300 Eosinophilen/µl – kann unter Abwägung weiterer Faktoren über ein ICS nachgedacht werden.

„In der klinischen Praxis ist Medizin eine Kunst, bei der man alle Features berücksichtigen sollte“, kommentierte Prof. Singh abschließend. „Patienten sind nie so einfach wie Algorithmen. Ich rate zur evidenzbasierten Strategie, und wir können die Eosinophilen als prädiktiven Indikator nutzen.“

Quelle: ERS* International Congress 2018

* European Respiratory Society

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Neben Exazerbationshistorie und Risikoprofil lassen sich Eosinophilenzahlen im Blut als Leitschnur für die COPD-Therapie nutzen. Neben Exazerbationshistorie und Risikoprofil lassen sich Eosinophilenzahlen im Blut als Leitschnur für die COPD-Therapie nutzen. © iStock/Dr_Microbe