So bleibt COPD-Patienten der nächste Klinikaufenthalt erspart

Manuela Arand

Mal eben entlassen ist zu wenig. Es kommt darauf an, dass der Patient so schnell nicht wieder kommen muss. Mal eben entlassen ist zu wenig. Es kommt darauf an, dass der Patient so schnell nicht wieder kommen muss. © auremar – stock.adobe.com

Jeder fünfte Patient, der wegen einer COPD-Ex­azerbation hospitalisiert war, landet nach Entlassung binnen eines Monats wieder im Krankenhaus. Das ist nicht nur lästig und teuer, sondern lebensbedrohlich.

Viele Kollegen unterschätzen das Gefahrenpotenzial von COPD-Exazerbationen, bemängelte Professor Dr. Neil Greening­ von der Universität Leicester. „Nur eine Exazerbation“, heißt es dann. Dabei stirbt jeder achte bis zehnte Patienten innerhalb von 90 Tagen – die Mortalität ist mehr als doppelt so hoch wie nach einem Herzinfarkt.

Wer bei einer COPD-Exazerbation nur das Standardmanagement mit Antibiotika und Kortisonstoß im Kopf hat, wird den Patienten nicht gerecht. Denn viele weitere Faktoren beeinflussen die Prognose: Immobilität, systemische Inflammation und oxidativer Stress führen zu Sarkopenie, Dekonditionierung, Knochenschwund und kardiovaskulären Problemen.

Hypoxie und Hyperkapnie beschleunigen die pathologischen Prozesse. Hinzu kommen kognitive Einbußen, die das Selbstmanagement erschweren. „Jeder Patient ist einzigartig in seiner Mischung von Risikofaktoren“, betonte der britische Pneumologe.

Prognose valide einschätzen

Wie schwer die Exazerbation den Patienten getroffen hat, lässt sich mithilfe des DECAF-und des PEARL-Scores abschätzen:
  • Beim DECAF werden Punkte vergeben für Dyspnoe, Eosinopenie, Consolidierung im Thoraxröntgenbild, Azidose und Vorhofflimmern (atrial Fibrillation). Je höher die Punktzahl, desto höher das Sterberisiko sowohl in der Akutsituation als auch im ersten Monat danach.

  • PEARL schätzt die Wahrscheinlichkeit für Rehospitalisierung und Tod innerhalb von 90 Tagen anhand der Zahl vorangegangener (Previous) Exazerbationen, Dyspnoe auf der Extended MRC Dyspnea Scale, Alter, Rechtsherz- und Linksherzversagen ab.

Respiratorische Probleme sind zwar der häufigste Grund für eine erneute Krankenhauseinweisung, aber Komorbiditäten fallen ebenfalls ins Gewicht. Zumal sich oft kaum unterscheiden lässt, ob akute Verschlechterungen einer Begleiterkrankung die COPD exazerbieren ließ oder es umgekehrt der Fall ist. Dabei sollte man den Einfluss psychischer Erkrankungen nicht unterschätzen. COPD-Patienten kämpfen oft mit sozialer Deprivation, weil sie sich wegen nachlassender Leis­tungsfähigkeit immer mehr zurückziehen. Angst und Depressionen sind an der Tagesordnung und verstärken das Risiko der Wiedereinweisung beträchtlich. Prof. Greening schätzt, dass etwa die Hälfte der Rehospitalisierungen zu verhindern sind. „Schicken Sie den Patienten nicht einfach nach Hause – denken Sie drüber nach, was Sie tun können, um zu verhindern, dass er wiederkommt“, appellierte er an die Klinikkollegen. Möglicherweise hilft das in letzter Zeit zu einer Art pneumologischer Allzweckwaffe mutierte Azithromycin: Erst kürzlich wurde eine Studie veröffentlicht, derzufolge eine dreimonatige Therapie mit dem Makrolid (250 mg alle zwei Tage) die Zahl der Rehospitalisierungen um 25 % senkt und die Wiederaufnahme der Patienten auf die Intensivstation halbiert.¹ Die mit Azithromycin Behandelten brauchten in den drei Monaten weniger andere Antibiotika, was nach Ansicht von Prof. Greening das Risiko der Resistenzentwicklung relativiert.

Die NIV wird viel zu selten genutzt

Ebenfalls wirksam ist die nicht-invasive Beatmung (NIV) bei persis­tierend hyperkapnischen Patienten – sie reduziert neben der Rehospitalisierung sogar das Sterberisiko – und natürlich die Rehabehandlung nach dem Klinikaufenthalt. Sie wird nach Worten von Prof. Greening noch viel zu selten genutzt: „Die Reha adressiert auch nicht-pulmonale Probleme und senkt die Rehospitalisierungsrate um über 80 %!“ Was dagegen nichts bringt: die orale Steroidtherapie verlängern. Benötigt der Patient ein orales Steroid, reicht die Gabe über fünf Tage aus. Mit jedem Tag mehr riskiert man, dass er weiter Knochen- und Muskelmasse verliert.

Simple Maßnahmen gegen die Wiederaufnahme

Abschließend schlug der Experte ein Bündel simpler Maßnahmen vor, die zusammengenommen geeignet scheinen, COPD-Patienten die Wiederaufnahme ins Krankenhaus zu ersparen:
  • Inhalationstechnik checken
  • einen Aktionsplan für das weitere ambulante Prozedere ausarbeiten
  • den Patienten in Rauchentwöhnung und Reha vermitteln
  • Follow-up beim Facharzt organisieren.

Quelle:
¹ Vermeersch K et al. Am J Respir Crit Care Med 2019; online first; DOI: 10.1164/rccm.201901-0094OC

Kongressbericht: ATS (American Thoracic Society) 2019 International Conference

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Mal eben entlassen ist zu wenig. Es kommt darauf an, dass der Patient so schnell nicht wieder kommen muss. Mal eben entlassen ist zu wenig. Es kommt darauf an, dass der Patient so schnell nicht wieder kommen muss. © auremar – stock.adobe.com