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Makrolide als Option bei Asthma oder COPD?

Bei vielen obstruktiven Atemwegserkrankungen mit völlig unterschiedlichen Pathomechanismen haben Makrolide eindrucksvolle Effekte gezeigt, berichtete Professor Dr. Peter Gibson von der School of Medicine and Public Health der Universität Newcastle. Sie reduzieren vor allem Exazerbationen und Mukusproduktion. Die Wirkung auf Lungenfunktion, Lebensqualität und Mortalität fällt dagegen eher mäßig aus, sofern überhaupt vorhanden. Zur COPD gibt es bisher neun randomisierte klinische Studien mit einem der drei oralen Makroliden Erythromycin, Clarithromycin und Azithromycin und einer Laufzeit von mehr als drei Monaten. Eine Metaanalyse ergab, dass die Rate akuter Exazerbationen um stolze 42 % gesenkt wird.
40 % weniger Exazerbationen unter Azithromycin
Das Thema von Prof. Gibson ist jedoch die Makrolidtherapie beim persistierenden unkontrollierten Asthma. Der australische Pneumologe hat selbst mit der 2017 veröffentlichten AMAZES-Studie substanziell zur Diskussion beigetragen. Vorangegangen war die schon etwas ältere Studie AZISAST. AMAZES ist aber aufgrund der größeren Patientenzahl (n = 420), der fast doppelt so langen Laufzeit von 48 Wochen und des Designs die aussagekräftigere der beiden. In ihr erhielten Patienten entweder dreimal pro Woche 500 mg Azithromycin oder Placebo.
Unter dem Makrolid kam es – in bemerkenswerter Übereinstimmung mit den COPD-Studien – zum Rückgang der Exazerbationen um gut 40 %, die Zeit bis zur ersten Exazerbation wurde fast verdreifacht (344 statt 148 Tage). Dabei erwies sich Azithromycin als relativ gut verträglich.
Jeder dritte Patient berichtete über gastrointestinale Symptome (19 % unter Placebo), aber es gab keine Hörstörungen oder QT-Zeitverlängerungen – bekannte und oft schwerwiegende Nebenwirkungen der Substanz. Respiratorische Infektionen traten unter dem Makrolid seltener auf (20 % versus 36 %). Prof. Gibson wertete dies als Zeichen dafür, dass Resistenzen wohl kein Problem darstellen.
Infolge dieser (und anderer) Studien hatten Wissenschaftsblogger Azithromycin zum „Statin der Atemwege“ ausgerufen. Prof. Gibson teilt diesen Enthusiasmus nicht. Wann und wie man Makrolide bei Asthma und COPD einsetzen sollte, sei unklar, die optimale Therapiedauer nicht geklärt.
Resistenzen gegen Makrolide scheinen kein Problem zu sein
Eine Behandlung unter drei Monaten erscheint dem Kollegen nicht sinnvoll, da COPD- und Asthmastudien in dieser Zeit keinen signifikanten Unterschied zu Placebo zeigten. Ob eine Therapie über ein Jahr hinaus indiziert ist, weiß man nicht genau, da keine Studie länger gedauert hat. Die Tatsache, dass die Kurven in AMAZES zunehmend weiter auseinanderstreben, lasse vermuten, dass es so sein könnte, sagte Prof. Gibson.
Fragezeichen stehen auch noch hinter den genauen Mechanismen, die für weniger Exazerbationen sorgen. Fest steht, dass Makrolide antimikrobielle Wirkungen entfalten, antiinflammatorische Effekte haben und die Phagozytose von Bakterien und apoptotischen Zellen verstärken. In AMAZES konnten zudem Effekte aufs pulmonale Mikrobiom gezeigt werden im Sinne einer geringeren Diversität der Bakterienspezies. Alles zusammen könnte bedeuten, dass Makrolide eher auf nicht-Th2-vermittelte Exazerbationen wirken, meinte Prof. Gibson. Hier bestehe aber noch reichlich Forschungsbedarf.
Auf dem Boden der bisherigen Erkenntnisse schlug der Kollege einen pragmatischen Umgang mit den Substanzen vor. Wenn ein Patient mit obstruktiver Atemwegserkrankung weiter exazerbiert und/oder ausgeprägte Symptome zeigt, obwohl er medikamentös lege artis behandelt ist, sollte eine einjährige Therapie mit Azithromycin erwogen werden. Dreimal wöchentlich erhält er 500 mg oder 250 mg. Voraussetzung ist, dass ein Long-QT-Syndrom (QT-Zeit > 480 msec), Hörprobleme und eine Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien ausgeschlossen sind. Letztere aber nicht, weil Azithromycin diese Infektion begünstigen würde, sondern weil es für deren Therapie gebraucht wird und jegliche Resistenzentwicklung zu vermeiden ist. Im Gegensatz zu anderen Makroliden inhibiert Azithromycin das CYP3A4 nicht, man es kann daher auch bei Statintherapie geben.
Makrolide oder Biologika – das ist die falsche Frage
Ob Makrolide den teuren Biologika vorzuziehen sind, wollte ein Kollege aus dem Auditorium wissen. Falsche Frage, meinte Prof. Gibson: „Der klinische Wert liegt für mich vor allem in der Kombination. Beide wirken über unterschiedliche Mechanismen – mit welchen man anfängt, ist eine individuelle Entscheidung.“
Quelle: ERS (European Respiratory Society) International Congress 2018
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