Asthmatherapie: Das Wichtigste aus der aktualisierten Nationalen Versorgungsleitlinie

Dr. Dorothea Ranft

Frischer Wind für die Asthmatherapie. Frischer Wind für die Asthmatherapie. © iStock/hsyncoban

Krankheitskontrolle als Therapieziel, Verlaufsbeobachtung mittels FeNO-Messung, langwirkende Anticholinergika sowie monoklonale Antikörper im therapeutischen Arsenal: Die Nationale Versorgungsleitlinie Asthma wurde endlich auf den aktuellen Stand gebracht.

Die Einteilung des Asthma bronchiale nach Schweregraden war einmal. Heute zählt bei Klassifikation, initialer Festlegung der Therapiestufe und im Therapieverlauf nur noch die Krankheitskontrolle. So sieht es die 3. Auflage der NVL Asthma vor. Die Asthmakontrolle ergibt sich aus den Symptomen, die der Patient in den vorangegangenen vier Wochen hatte (s. Kasten), und seinem Risiko für eine zukünftige Verschlechterung. Letzteres wird anhand der Lungenfunktion und der vorausgegangenen Exazerbationen ermittelt. Unterschieden werden kontrolliertes, teilweise kontrolliertes und unkontrolliertes Asthma.

Kriterien der Symptomkontrolle

Hatte der Patient in den letzten vier Wochen
  • häufiger als zweimal pro Woche tagsüber Symptome?
  • nächtliches Erwachen durchs Asthma?
  • Gebrauch von Bedarfsmedikation mehr als zweimal pro Woche (außer vor sportlicher Aktivität)?
  • eingeschränkte Aktivität durch Asthma?
Gut kontrolliertes Asthma:
kein Kriterium erfüllt Teilweise kontrolliertes Asthma:
1–2 Kriterien erfüllt Unkontrolliertes Asthma:
3–4 Kriterien erfüllt

Gut einstellbare Patienten werden nicht stigmatisiert

Der Wechsel vom Schweregrad zur Krankheitskontrolle hat den Vorteil, dass gut einstellbare Patienten nicht durch einen hohen Schweregrad stigmatisiert werden, heißt es. Ob das Asthma kontrolliert ist, muss regelmäßig überprüft werden, um die Therapie in die eine oder andere Richtung anpassen zu können. Eine weitere Neuerung: Eine unzureichende Asthmakontrolle sollte nicht automatisch zur Intensivierung der medikamentösen Therapie führen. Zuallererst gilt es, nach anderen potenziellen Einflussfaktoren zu fahnden: Vielleicht hapert es mit der Adhärenz oder der Patient benötigt (weitere) Schulungen, z.B. zur Inhalationstechnik. Möglicherweise wurden Allergien oder andere Umweltfaktoren übersehen. Schließlich kann es eventuell notwendig sein, die Diagnose Asthma noch einmal zu überprüfen. Wichtiges Ziel der Asthmatherapie und auch Kriterium für deren Erfolg ist der geringe Bedarf an kurzwirksamen Beta-2-Sympathomimetika (SABA). Sie können auf jeder Stufe des Asthma-Therapieschemas gegeben werden und sind auf Stufe 1 in der Regel die einzige Option. Reicht die Bedarfstherapie nicht aus, um die Beschwerden zu kontrollieren, sollen Erwachsene ab Stufe 2 als Dauertherapie ein inhalatives Kortikosteroid (ICS) erhalten. Es kann je nach erreichter Asthmakontrolle mit einem oder mehreren langwirksamen Bronchodilatatoren kombiniert werden (ab Stufe 3). Für Kinder und Jugendliche gibt es ein anderes Schema: Es umfasst jetzt sechs Stufen und legt besonderen Wert auf Sicherheit. Wo immer möglich will man Nebenwirkungen vermeiden. Auf Stufe 2 sind niedrig dosierte ICS Therapie der Wahl, ggf. kommt auch ein Leukotrienantagonist infrage. Auf Stufe 3 sollen nur mittelhoch dosierte ICS ohne Kombinationspartner gegeben werden. Erst auf Stufe 4 kommen andere Wirkstoffe hinzu. Hoch dosierte ICS werden nun erst ab Stufe 5 empfohlen.

Ein Jein zum FeNO

Klar definiert haben die Leitlinienautoren die Rolle des exhalierten Stickstoffmonoxids (FeNO): Bei Patienten mit häufigen Exazerbationen kann eine FeNO-Messung in der Verlaufskontrolle helfen, die Behandlung anzupassen. Der Stellenwert von FeNO in der Primärdiagnostik konnte bislang noch nicht durch genügend Studien untermauert werden. Sicher ist, dass ein niedriger Wert ein Asthma keineswegs ausschließt.

Langwirksame Anticholinergika (LAMA) stehen als zusätzlich zu ICS oder LABA gegebene Option zur Verfügung. Bei Erwachsenen ist ihre Anwendung ab Stufe 3 möglich, bei Kindern und Jugendlichen ab Stufe 4. Explizit zugelassen für die Asthmatherapie ist bisher Tiotropium. Den Einsatz monoklonaler Antikörper sieht die aktualisierte NVL auf der letzten Therapiestufe vor. Ziel ist es, eine Langzeittherapie mit oralen Steroiden zu vermeiden. Bevor man sich allerdings für einen Antikörper entscheidet, sollten alle anderen medikamentösen Optionen ausgeschöpft sein. Von einer Monotherapie mit langwirksamen Beta-2-Mimetika rät die Leitlinie ausdrücklich ab. LABA lindern zwar die Symptome, dämmen aber die Inflammation nicht ein. Deshalb führt eine Monotherapie mit LABA im Vergleich zu der mit ICS zu mehr Exazerbationen, stationären Einweisungen und Todesfällen. Patienten, die zusätzlich zum ICS ein LABA brauchen, sollen eine Fixkombination dieser beiden Substanzen erhalten. Analog spricht sich die Leitlinie auch gegen eine Monotherapie mit LAMA aus.

Inhalationstechnik entscheidet über Therapieerfolg

Bei Patienten mit allergischem Asthma sollte sorgfältig geprüft werden, ob eine spezifische Immuntherapie indiziert ist; dies allerdings nur, sofern die allergische Komponente der Beschwerden gut dokumentiert ist. Da flächendeckend gegebenenfalls nicht genügend Allergologen tätig sind, ist die Empfehlung nicht auf Ärzte mit dieser Zusatzbezeichnung beschränkt: Wenn es die Versorgungssituation erfordert, können auch andere allergologisch erfahrene Ärzte die Indikationsstellung übernehmen. Entscheidend für den Erfolg der Asthmatherapie ist, dass die Patienten die Inhalationstechnik gut beherrschen. Das bedeutet, sie müssen sie in der Praxis üben und vorführen. Wenn möglich, sollte für die Langzeittherapie nur ein Inhalationssystem (z.B. Dosieraerosol, Pulverinhalator) verordnet und ein Wechsel vermieden werden. Wichtig ist, die Technik regelmäßig zu überprüfen. Schulungen können den Umgang mit der Erkrankung wesentlich erleichtern. Sie sollten deshalb allen langzeitbehandelten Asthmapatienten empfohlen und ermöglicht werden. Zur Aufgabe des betreuenden Arztes gehört auch, die Betroffenen zu körperlicher Aktivität zu ermutigen. Jüngere Asthmatiker können reguläre Sportangebote nutzen, für ältere oder schwerer kranke Patienten eignen sich Lungensportgruppen.

Quelle: Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, 3. Auflage 2018, AWMF-Register-Nr. nvl-002, awmf.org

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