Zusammenhang zwischen Antibiotikatherapie und sensorineuralem Hörverlust bei Kindern vermutet

Dr. Dorothea Ranft

Hörverlust ist bei Kindern oft idiopathisch. In den übrigen Fällen könnten Makrolide dazu beigetragen haben. (Agenturfoto) Hörverlust ist bei Kindern oft idiopathisch. In den übrigen Fällen könnten Makrolide dazu beigetragen haben. (Agenturfoto) © Andy Shell– stock.adobe.com

Makrolidantibiotika, häufig bei Atemwegsinfekten gegeben, fördern möglicherweise einen sensorineuralen Hörverlust bei Kindern und Jugendlichen. Aktuelle Studienergebnisse stützen diesen Verdacht.

Atemwegsinfekte werden vielfach mit Makroliden behandelt. Eine retrospektive Fallkontrollstudie nährt nun den Verdacht, dass diese Antibiotika für einen sensorineuralen Hörverlust bei Kindern verantwortlich sind.

Analysiert wurden die Krankenkassendaten von 875 nach Alter, Geschlecht und anderen Parametern zusammengestellten Paarungen von ansonsten gesunden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Sie alle hatten ambulant entweder ein orales Makrolid oder ein Penicillin erhalten. Das Durchschnittsalter lag bei 5,7 Jahren. Die Zusammensetzung des Studienkollektivs war repräsentativ für die US-amerikanische Bevölkerung der entsprechenden Altersgruppe, schreiben Dr. ­Kirsten ­Dabekaussen vom ­Brigham and ­Women’s ­Hospital in ­Boston und Kollegen.

Risiko ein Drittel höher als nach Penicillin

In der Analyse fiel auf, dass Patienten mit sensorineuralem Hörverlust häufiger mit Makroliden behandelt worden waren. Das relative Risiko für eine Hörminderung war im Vergleich zu Penicillinen um ein knappes Drittel erhöht (Odds Ratio, OR, 1,31). Dabei spielte der zeitliche Abstand zwischen Medikamenteneinnahme und Diagnose eine Rolle, berichten die Wissenschaftler: Besonders deutlich war der Zusammenhang, wenn der Schaden mehr als ein halbes Jahr nach Antibiotika­einnahme festgestellt worden war (OR 1,79). Aufgrund des Studien­designs lässt sich aus diesen Ergebnissen aber keinerlei Kausalität ableiten, merken die Forscher an.

Zwar ist die Risikoerhöhung recht gering, schreiben Prof. Dr. ­Judith ­Lieu, Universität St. Louis, und Prof. Dr. ­Leonard ­Rybak von der Universität ­Springfield in ihrem Kommentar. Durch den verbreiteten Einsatz der Makrolide bei Atemwegsinfekten fällt sie aber sehr wohl ins Gewicht. Aufgrund der gesamten Datenlage zu Erythromycin halten Prof. Lieu und Prof. Rybak einen ursächlichen Zusammenhang durchaus für plausibel. Sie stellen aber klar, dass es bislang keinerlei Wissen zu einem möglichen Pathomechanismus gibt.

Quellen: 1.    Dabekaussen FAA et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2022; 148: 820-827;  DOI: 10.1001/jamaoto.2022.1293 / 2.    Lieu JEC, Rybak L. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2022; 148: 827-829;  DOI: 10.1001/jamaoto.2022.1292

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Hörverlust ist bei Kindern oft idiopathisch. In den übrigen Fällen könnten Makrolide dazu beigetragen haben. (Agenturfoto) Hörverlust ist bei Kindern oft idiopathisch. In den übrigen Fällen könnten Makrolide dazu beigetragen haben. (Agenturfoto) © Andy Shell– stock.adobe.com