SSc-ILD: Fahrplan für Diagnose und Behandlung

Dr. Sonja Kempinski

Behandelt wird die SSc-ILD vor allem mit Immunsuppressiva. Behandelt wird die SSc-ILD vor allem mit Immunsuppressiva. © dima_oris – stock.adobe.com

Die interstitielle Lungenerkrankung ist eine schwere und oft tödlich verlaufende Organmanifestation der Sklerodermie, bei der es in puncto Diagnose und Therapie noch viele offene Fragen gibt. Ein internationales Rheumatologenteam hat nun die Literatur durchforstet und evidenzbasierte Empfehlungen zusammengetragen.

Von den über 700 gecheckten Volltextpublikationen zur interstitiellen Lungenerkrankung bei systemischer Sklerose (SSc-ILD) eigneten sich 280 für die systematische Auswertung, berichten Dr. Anna-Maria Hoffmann-Vold von der Osloer Universitätsklinik und Kollegen. Die Evidenz der Analysen basierte vor allem auf Beobachtungsstudien (n = 237) und sechs randomisierten, kontrollierten Studien. Das Review bildete die Grundlage für ein europäisches Konsensus-Statement zu Identifikation und Managament der SSc-ILD.

Risikofaktoren?

Bei diffuser Hautbeteiligung der Sklerodermie ist die Wahrscheinlichkeit, eine ILD zu entwickeln, höher als bei der limitierten Form; sie stellt damit schon einen Risikofaktor dar (hohe Evidenzqualität). Moderate Evidenzqualität gab es für Anti-Centromer-Antikörper (ACA) und Anti-Topoisomerase-Antikörper I (ATA), wobei ACA mit einem Schutz vor ILD einhergehen und ATA die Wahrscheinlichkeit für eine SSc-ILD erhöhen.

Screening und Diagnose

Beim Screening auf ILD wird der Kombination aus Lungenfunktionstests (vor allem forcierte Vitalkapazität/Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität) und hochauflösender Computertomographie (HRCT) eine moderate Evidenzqualität bescheinigt. Zu welchem Zeitpunkt ein solches Screening für Sklerodermiepatienten Sinn ergibt, ließ sich aus den Daten allerdings nicht ableiten. Die gleiche Evidenzqualität erzielte der Lungenultraschall. Vorhandensein und Schwere einer SSc-ILD scheinen sich auch durch häufigen Husten widerzuspiegeln (moderate Evidenzqualität). Weitere Screening-Methoden wie die Kapillaroskopie oder wiederholte kardiopulmonale Tests beurteilte das Forscherteam dagegen mit „anderer“ Evidenz.  

Evidenzbasierte Therapie

Behandelt wird die SSc-ILD vor allem mit Immunsuppressiva. Empfehlungen, wann und wie die Dosierungen der Medikamente zu steigern sind, ließen sich aus den Publikationen nicht ermitteln. Besonders gut (hohe Evidenzqualität) schnitt die Therapie mit Cyclophosphamid (CYC) ab, das in der SLS-I-Studie die Lungenfunktion im Vergleich zu Placebo nach einem Jahr verbesserte. Möglicherweise nützt auch die Kombination von niedrig dosiertem Prednisolon und CYC i.v., gefolgt von Azathioprin oral.

Moderate Evidenzqualität zeigte Mycophenolat-Mofetil (MMF). Es besserte in der SLS-II-Studie nach zwei Jahren die Lungenfunktion signifikant und scheint dabei verträglicher zu sein als CYC. Rituximab konnte in Beobachtungsstudien und nicht-kontrollierten Studien die Verschlechterung der Lungenfunktion bei SSc-ILD aufhalten. Da randomisierte klinische Studien fehlen, bescheinigen die Autoren dem Antikörper keine hohe, sondern nur eine moderate Evidenzqualität.

Die Stammzelltransplantation kann die Lungenfunktion bessern, ist aber aufgrund der hohen Rate an Nebenwirkungen nur eine Option für Patienten mit progressivem Verlauf und drohendem Organversagen. Moderate Evidenzqualität attestierten die Wissenschaftler der Lungentransplantation, allerdings nur bei stark selektierten Patienten wie z.B. denjenigen mit pulmonaler Hypertonie. 

Nintedanib und Tocilizumab

Nach Abschluss des Reviews wurden aktuelle Daten zu den Wirkstoffen Nintedanib und Tocilizumab publiziert. Nintedanib zeigte sich in der SENSCIS-Studie effektiv bei der Behandlung der SSc-ILD und wurde deshalb in den USA und Europa dafür zugelassen. Tocilizumab scheint laut faSScinate und focuSSed das Fortschreiten der ILD aufhalten zu können. Auf Basis dieser Studien wurden beide Substanzen in das Europäische Konsensus-Statement aufgenommen.

Krankheitsverlauf

Zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs ziehen Rheumatologen vor allem HRCT und Lungenfunktionsprüfung heran. In der Basisdiagnostik hat die HRCT beim Vorhersagen der Überlebenswahrscheinlichkeit eine hohe Evidenzqualität. Auch die Lungenfunktionswerte sagen viel aus: Bei einem Abfall der forcierten Vitalkapazität um ≥ 10 % oder einem FVC-Abfall um 5–9 % plus Abfall der Kohlenmono­xid-Diffusionskapazität um ≥ 15 % ist das Sterberisiko erhöht (hohe Evidenzqualität). Häufiger Husten korreliert mit der Schwere der SSc-ILD und gilt als Progressionsmarker. Ein anstrengungsbedingter Abfall der Sauerstoffsättigung und eine Arthritis zeigen das Fortschreiten der ILD bei milder SSc-ILD (moderate Evidenzqualität) an.  

Biomarker

Zu Biomarkern gibt es weniger eindeutige Ergebnisse. Surfactant-Protein-D-Spiegel korrelierten mit anderen ILD-Markern für Schwere, Lungenfunktion und Lungenfibrose bei Patienten mit SSc-ILD. CC-chemokine ligand 18 (CCL18) war assoziiert mit Krankheitsprogression und niedrigeren Überlebensraten. Die Spiegel von C-X-C motif chemokine ligand 4 zeigten einen Zusammenhang mit der Progression der Lungenfibrose, Krebs von den Lungen-6 könnte ein Marker für die Schwere einer ILD sein. Insgesamt, konstatieren die Autoren, bleibt die Rolle der Biomarker im normalen Krankenhausalltag noch unklar. Sollten sie in Studien überzeugen, könnten sie sich jedoch in Zukunft durchaus zu nützlichen Werkzeugen für Diagnose und Verlaufskontrolle bei der SSc-ILD entwickeln.

Quelle: Hoffmann-Vold AM et al. ERJ Open Res 2021; DOI: 10.1183/23120541.00235-2020

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