Marfan-Syndrom: Irbesartan könnte Patienten vor schweren Komplikationen schützen

Dr. Judith Lorenz

Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer nahmen zusätzlich zum AT1-Hemmer Betablocker ein. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer nahmen zusätzlich zum AT1-Hemmer Betablocker ein. © Olga – stock.adobe.com

Das Marfan-Syndrom ist eine Bindegewebserkrankung, die mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Aortendissektion einhergeht. Möglicherweise lässt sich das Risiko durch den AT1-Antagonisten Irbesartan verringern.

Die Aortenwurzeldilatation zählt zu den gefürchteten Komplikationen des Marfan-Syndroms, da sie über eine Dissektion zu einer potenziell tödlich verlaufenden Gefäßruptur führen kann. Betablocker gelten bislang als effektivste medikamentöse Prophylaxe gegen ein Voranschreiten der krankhaften Ausdehnung der Aortenwurzel.

Da bei der Pathogenese der Bindegewebserkrankung offenbar TGF-β (transforming growth factor β) eine wichtige Rolle spielt, eröffnet sich mit der Substanzgruppe der AT1-Rezeptorblocker, welche diesen Signalweg hemmen, eine vielversprechende Behandlungsoption, berichten Dr. Michael­ Mullen­, Kardiologe am Barts Heart Centre in London, und Kollegen.

Erste Tests mit Losartan an Tieren verliefen erfolgreich, ließen sich allerdings am Menschen nicht reproduzieren. Nun haben die Forscher Irbesartan, einen AT1-Hemmer mit stärkerer Bioverfügbarkeit und längerer Halbwertszeit im Rahmen einer an 22 britischen Kliniken durchgeführten Doppelblindstudie an 192 Patienten getestet. 104 Kinder und junge Erwachsene im Alter zwischen sechs und 40 Jahren nahmen über einen Zeitraum von fünf Jahren den AT1-Hemmer, die übrigen 88 ein Placebo ein.

Irbesartan wurde von den Studienteilnehmern gut vertragen. Der AT1-Hemmer wirkte sich nicht nur günstig auf den Blutdruck aus, sondern bremste zudem den vaskulären Dilatationsprozess deutlich: Während sich in der Kontrollgruppe die Aortenwurzel pro Jahr um durchschnittlich 0,74 mm ausdehnte, beobachteten die Forscher unter Irbesartan lediglich eine Zunahme des Durchmessers um 0,53 mm.

Möglicherweise schützt der Wirkstoff Patienten mit Marfan-Syndrom vor schweren Aortenkomplikationen – so das Fazit der belgischen Kommentatorinnen Dr. Laura­ Muiño-Mosquera­ und Professor Dr. Julie­ De Backer­ von der Universität Gent.

Eine Schwäche der Studie sei allerdings, dass mehr als die Hälfte der Patienten zusätzlich Betablocker eingenommen hatten. Daher sei nicht klar, worauf genau die beobachteten Effekte zurückzuführen sind: Irbesartan allein oder in Kombination mit dem Betablocker. Sie hoffen, dass eine bereits geplante Metaanalyse der bisher verfügbaren Studiendaten diese und weitere offene Fragen beantworten wird.

Quellen:
1. Mullen M et al. Lancet 2019; 394: 2263-2270; DOI: 10.1016/S0140-6736(19)32518-8
2. Muiño-Mosquera L, De Backer J. Lancet 2019; 394: 2206-2207; DOI: 10.1016/S0140-6736(19)32536-X

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Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer nahmen zusätzlich zum AT1-Hemmer Betablocker ein. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer nahmen zusätzlich zum AT1-Hemmer Betablocker ein. © Olga – stock.adobe.com