Medikamente und Gehtraining werden oft sträflich vernachlässigt

Maria Weiß

Die Sensitivität des Knöchel-Arm-Index (ABI) liegt für das Erkennen einer PAVK bei > 90 %, die Spezifität bei fast 100 %. Die Sensitivität des Knöchel-Arm-Index (ABI) liegt für das Erkennen einer PAVK bei > 90 %, die Spezifität bei fast 100 %. © Mindaugas – stock.adobe.com

Rauchstopp, Bewegung, die Kontrolle des Lipid-Profils und die Gabe von Plättchenhemmern sind in der Therapie einer PAVK unverzichtbar. Dies gilt für alle betroffenen Patienten, auch für diejenigen mit revaskula­risierenden Eingriffen. 

In Deutschland erhält nicht einmal die Hälfte der PAVK-Patienten die erforderliche Sekundärprävention, beklagt Dr. ­Katja ­Mühlberg von der Klinik für Angiologie am Universitätsklinikum Leipzig. Auch die Betroffenen selbst nehmen die Erkrankung offensichtlich nicht ernst genug, da nur 15 % ihre Rezepte für die verordneten Medikamente auch einlösen.

Thrombozytenaggregationshem­mer wie ASS oder Clopidogrel gehören bei PAVK immer mit an Bord, da sie die Fließeigenschaften des Blutes verbessern und die Perfusion fördern. Als Monotherapie scheint Clopidogrel etwas besser zu wirken – in den meisten Leit­linien werden aber beide Substanzen gleichberechtigt empfohlen. Nach einer Stentimplantation ist meist eine duale Therapie mit ASS plus Clopidogrel angezeigt. Deren Dauer hängt u.a. von Lokalisation, Länge und Beschichtung des Stents ab. Ähnliches gilt nach operativer Bypassversorgung. 

Nur wenn Patienten wegen anderer Indikationen bereits orale Antikoagulanzien wie Vitamin-K-Antagonisten oder NOAK erhalten, darf bei stabiler PAVK auf die zusätzliche Gabe eines Thrombozytenaggregationshemmers verzichtet werden. Nach Stentimplantationen oder bei sehr hohem Ischämierisiko kann für eine gewisse Zeit auch eine Tripletherapie indiziert sein.

Stabile Patienten mit koronarer oder peripherer Atherosklerose bzw. nach peripherer Revaskularisierung ziehen u.U. Vorteile aus der Gabe von 100 mg ASS plus zweimal 2,5 mg ­Rivaroxaban. Diese intensivierte Strategie wird aber nur bei sehr geringem Blutungsrisiko empfohlen.

Eine weitere tragende Säule in der PAVK-Therapie sind die Lipidsenker. Studien konnten eindeutig belegen, dass sich durch das Beachten strenger LDL-Zielwerte Majoramputa­tionen, akute Extremitätenischämien und Revaskularisierungen um 24 % reduzieren lassen. Die Europäische Leitlinie zur PAVK empfiehlt eine mindestens 50%ige Absenkung des LDL-Wertes (bei Ausgangswerten zwischen 70 und 135 mg/dl) oder einen Zielwert < 70 mg/dl. Die Europäische Atherosklerosegesellschaft plädiert sogar dafür, den Spiegel auf < 55 mg/dl zu drücken. Obwohl heute zahlreiche Medikamente zur Verfügung stehen, werden diese Werte aber von weniger als der Hälfte der Patienten erreicht. 

Echte statinassoziierte Myopathien sind selten

Mit Statinen ist abhängig vom Ausgangswert eine LDL-Senkung um 30–40 % möglich. Muskelschmerzen unter der Therapie sind selten, sollten aber ernst genommen werden. Nach Ausschluss anderer möglicher Ursachen werden die Statine für 2–4 Wochen ausgesetzt. Bleiben die Schmerzen unverändert bestehen, ist deren Ursprung woanders zu suchen, d.h. die Statintherapie kann fortgesetzt werden. Geht der Muskelschmerz nach dem Absetzen zurück, ist der Wechsel auf ein anderes Statin eine Option. Mit der neuen Substanz wird niedrig dosiert begonnen und langsam bis zur maximal verträglichen Dosis gesteigert. Lässt sich mit damit der gewünschte LDL-Wert nicht erreichen, kann man mit Ezetimib oder PCSK9-Inhibitoren kombinieren. Diese sind neben Bempedoin­säure auch dann eine Option, wenn Statine überhaupt nicht vertragen werden. Fibrate sollten dagegen angesichts des ungünstigen Interaktionspotenzials und erhöhten Myopathie­risikos nicht mit Statinen kombiniert werden. Die Fachgesellschaft empfiehlt darüber hinaus, einmalig das Lipoprotein(a) zu bestimmen. Bei erhöhtem Wert müssen alle Risikofaktoren noch stärker angegangen werden.

Solange PAVK-Patienten weder Schmerzen in Ruhe noch offene Wunden haben, ist zur Bildung von Kollateralen immer ein Gehtraining indiziert, betont Dr. Mühlberg. Dies gilt auch nach Katheterinterven­tion oder offener Bypass-Chirurgie. Am besten geeignet sind angeleitete strukturierte Herz- oder Gefäßsportgruppen, die Teilnahme ist verordnungs- und erstattungsfähig. Stehen diese nicht zur Verfügung, sollten die Betroffenen eigenständig trainieren. 

In Intervallen in den Schmerz hineinlaufen

Wichtig ist dabei, in den Schmerz hineinzulaufen und ihn über wenige Schritte auszuhalten. Im Anschluss an eine zwei- bis dreiminütige Pause erfolgt ein erneutes Hineinlaufen in den Schmerz. Dieses Intervalltraining sollte möglichst täglich, mindestens aber dreimal pro Woche für 30 Minuten durchgehalten werden. Jedoch zählt Laufen in jeglicher Form – auch normales Spazierengehen ist besser als nichts. Sofern ein Gehtraining z.B. wegen Arthrose nicht möglich ist, bieten Fahrrad- und Armergometer mögliche Alternativen.

Auch der Rauchstopp und damit die Ausschaltung des stärksten PAVK-Risikofaktors ist ein unverzichtbarer Bestandteil der konservativen Therapie. Bei PAVK-Patienten, die durch Rauchverzicht und Gehtraining schon einiges erreicht haben, kann Cilostazol zusätzlich zu Thrombozytenaggregationshemmern und Lipidsenkern positive Effekte auf die maximale Gehstrecke haben.

Zur Betreuung von PAVK-Patienten bieten sich strukturierte Nachsorgemodelle an. Dazu gehört u.a. eine Überprüfung und Optimierung des Lipidstatus spätestens nach drei Monaten und dann einmal pro Jahr. Zudem sollten Patienten regelmäßig auf Diabetes mellitus und andere atherosklerotische Manifestationen hin untersucht werden.

Quelle: Mühlberg KS. Dtsch Med Wochenschr 2023; 148: 1293-1300; DOI: 10.1055/a-2017-7742

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Die Sensitivität des Knöchel-Arm-Index (ABI) liegt für das Erkennen einer PAVK bei > 90 %, die Spezifität bei fast 100 %. Die Sensitivität des Knöchel-Arm-Index (ABI) liegt für das Erkennen einer PAVK bei > 90 %, die Spezifität bei fast 100 %. © Mindaugas – stock.adobe.com