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Mehrere bispezifische T-Cell-Engager zeigen gute Wirksamkeit

Das Oberflächenprotein DLL3 (Delta-like Ligand 3) wird auf den Zellen kleinzelliger Lungenkarzinome (SCLC) und großzelliger neuroendokriner Karzinome der Lunge (LCNEC) exprimiert und stellt damit eine attraktive therapeutische Zielstruktur dar. So wird derzeit eine Reihe von bispezifischen Antikörpern (Bispecific T-Cell-Engagers, BiTEs) entwickelt, bei denen die Antigenerkennungsdomänen zweier monoklonaler Antikörper gekoppelt werden: Eine davon bindet an DLL3, die andere an das CD3-Antigen auf zytotoxischen T-Lymphozyten, wodurch Letztere in engen Kontakt mit den Tumorzellen gebracht werden.
Der am weitesten entwickelte BiTE, Tarlatamab, ist von der Food and Drug Administration bereits im Mai 2024 durch ein beschleunigtes Verfahren für ES-SCLC zugelassen worden, die unter oder nach platinhaltiger Chemotherapie fortschreiten. Basis dafür sind die ersten Auswertungen der Phase-2-Studie DeLLphi-301, in der Patient:innen mit mindestens zweifach vorbehandeltem SCLC Tarlatamab in zwei verschiedenen Dosierungen erhalten hatten.
Für die Dosierung von 10 mg alle zwei Wochen, die weiter getestet werden soll, wurde bei insgesamt 100 Erkrankten eine Ansprechrate von 40 % berichtet, so Prof. Dr. Jacob Sands, Dana-Farber Cancer Institute, Boston.1 Die mediane Ansprechdauer beträgt 9,7 Monate, bei 17 von 40 Responder:innen (43 %) hielt sie zum Zeitpunkt der Auswertung noch an. 26 der 100 Patient:innen zeigten nach mindestens einem Jahr noch eine Krankheitskontrolle. Der Medianwert lag für das progressionsfreie Überleben bei 4,3 Monaten und für das OS bei 15,2 Monaten. Die Überlebensraten betrugen nach sechs Monaten 73,4 % und nach zwölf Monaten 57,0 %. Sie waren unabhängig davon, wie lange Behandelte nach der platinhaltigen Erstlinientherapie progressionsfrei blieben.
Als häufigste Nebenwirkung zeigte sich ein Zytokin-Freisetzungssyndrom (CRS) bei 53 % der Patient:innen, dessen Schweregrad überwiegend bei 1 oder 2 lag und Grad 3 nicht überschritt. Therapieabbrüche wegen Toxizitäten kamen sehr selten vor (4 %), ebenso Fälle von ICANS (15 %, lediglich Grad 1 oder 2). Derzeit läuft die Phase-3-Studie DeLLphi-304, in der Forschende Tarlatamab in dieser Indikation mit einer Standard-Chemotherapie vergleichen.
Erhaltungstherapie bei ES-SCLC
In der Phase-1b-Studie DeLLphi-303 wird Tarlatamab auch bereits in der Erstlinienerhaltung des ES-SCLC untersucht, wie Prof. Dr. Sally C. Lau, Perlmutter Cancer Center, New York, berichtete.2 Patient:innen, die nach einer Erstlinien-Chemoimmuntherapie nicht progredient waren, begannen binnen maximal acht Wochen, als Erhaltungstherapie den BiTE zusammen mit einem PD-L1-Inhibitor (Atezolizumab oder Durvalumab) bis zur Progression einzunehmen.
Mit einem medianen PFS von 5,6 Monaten, einer Neun-Monats-Gesamtüberlebensrate von 88,9 %, einer DCR von 62,5 % und einer medianen Dauer der Krankheitskontrolle von 9,3 Monaten fielen die Ergebnisse gemäß Prof. Lau beispiellos aus: Für einen PD-L1-Inhibitor wie Atezolizumab allein liege die Neun-Monats-Überlebensrate bei lediglich rund 60 %. Gleichzeitig sei das Toxizitätsprofil beherrschbar. Dieses Erhaltungskonzept wird daher auch bereits in der Phase-3-Studie DeLLphi-305 in einem randomisierten Setting untersucht.
Daneben wurden bei dem Symposium Daten zu zwei BiTEs gegen DLL3 gezeigt, die sich noch in früheren Stadien der Entwicklung befinden. So wurden in eine Phase-1/2-Studie mit MK-6070, die Dr. Noura J. Choudhury vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York präsentierte, 52 Patient:innen mit SCLC eingeschlossen, die auch asymptomatische, stabile Hirnmetastasen aufweisen durften (n = 28).3 Teilnehmende mit kranialen Filiae hatten eine höhere Gesamtansprechrate als diejenigen ohne (36 % – darunter eine Komplettremission – vs. 18 %), und auch das extrakranielle Ansprechen erwies sich bei ihnen als besser (50 % vs. 18 %).
Patient:innen mit Hirnmetastasen in der Anamnese erlebten zu etwa einem Drittel eine intrakranielle Progression (9 von 28), hingegen keine:r von denjenigen ohne. Auch Betroffene mit ausschließlich extrakraniellem Ansprechen konnten die Behandlung fortführen und einen Nutzen ziehen, wenn progrediente Hirnmetastasen bestrahlt wurden. Bei einem Viertel verschwanden ZNS-Läsionen unter der Prüfmedikation wiederum vollständig.
Das LCNEC hat eine besonders schlechte Prognose mit einem medianen OS von acht bis zwölf Monaten. In einer Phase-1a-Studie, die Prof. Dr. Martin Wermke, TU Dresden, vorstellte, wurde der DLL3xCD3-BiTE BI 764532/Obrixtamig bei verschiedenen DLL3-positiven Tumoren getestet, darunter bei 14 Patient:innen mit fortgeschrittenem oder metastasiertem LCNEC.4 Von diesen hatten zehn mindestens zwei Vortherapien erhalten und ebenso viele einen PD-1- oder PD-L1-Inhibitor. Die Häufigkeit von Nebenwirkungen – der primäre Endpunkt – lag in der LCNEC-Subgruppe bei 86 %, wovon aber nur 7 % (ein Fall) vom Grad 3 oder höher waren. Ein CRS trat bei 36 % der Behandelten auf.
Unter zehn auswertbaren Erkrankten, die eine potenziell wirksame Dosis von 90 µg/kgKG oder mehr bekommen hatten, lagen die Response Rate bei 70 % und die Krankheitskontrollrate bei 90 %. Die mediane Dauer der Remissionen ist noch nicht erreicht, fünf von insgesamt sieben ansprechenden Patient:innen waren zum Zeitpunkt der Auswertung noch in Behandlung mit Obrixtamig.
Quellen:
1. Sands J et al. IALSC 2024 World Conference on Lung Cancer; OA10.03
2. Lau S et al. IALSC 2024 World Conference on Lung Cancer; OA10.04
3. Choudhury NJ et al. IALSC 2024 World Conference on Lung Cancer; OA10.06
4. Wermke M et al. IALSC 2024 World Conference on Lung Cancer; OA10.05
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