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Mit Hyaluronsäure gegen kaputten Knorpel
Hyaluronsäuren sind normaler Bestandteil der Synovialflüssigkeit. Allerdings verändert sich im Verlauf einer arthrotischen Erkrankung der Aufbau der Hyaluronsäurekette. Das Molekulargewicht nimmt mit fortschreitender Erkrankung ab und die viskoelastischen Eigenschaften verschlechtern sich.
Keine Resorption im Magen-Darm-Trakt
Im Magen-Darm-Trakt werden Hyaluronsäuren nicht resorbiert. Um sie ins Gelenk zu bringen, bleibt daher nur die intraartikuläre Injektion. Meist stellt die symptomatische Gonarthrose die Indikation dazu dar, erklärt Professor Dr. Jörg Jerosch von der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin am Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss. Für die Viskosupplementation bei mildem oder moderatem Knieverschleiß hat eine Metaanalyse gute Effekte nachgewiesen. Dennoch sind die Empfehlungen der Fachgesellschaften für diese Therapiemethode nicht durchweg positiv.
Die ESCEO*-Gruppe aber, die sich um eine objektive Bewertung der Arthrosetherapien bemüht, sieht die Viskosupplementation durchaus als wichtige Therapieform bei Kniearthrose. Ist keine Operation möglich, kann das Verfahren selbst bei hochgradiger Erkrankung den Verbrauch an Schmerzmitteln reduzieren.
Für den Einsatz an der Hüfte fallen die Empfehlungen aufgrund fehlender Evidenz weniger eindeutig aus. Die intraartikuläre Gabe des "Gleitmittels" aber kann für Patienten mit schwerer Coxarthrose die Wartezeit bis zum Operationstermin erleichtern, so das Urteil der Experten.
Auch an der Schulter oder am Sprunggelenk ist der Erfolg der Viskosupplementation nur dürftig belegt. Einzelne Studien konnten eine Wirksamkeit von drei bis fünf Injektionen zeigen. Patienten mit Omarthrose scheinen aber nur zu profitieren, wenn die Rotatorenmanschette intakt ist. Am Trapezio-Metacarpal-Gelenk ist der intraartikuläre Einsatz von Hyaluronsäure second-line möglich, wenn Orthesen oder andere nicht pharmakologische Behandlungen fehlschlagen.
Ein großer Vorteil des Verfahrens ist seine Sicherheit und Verträglichkeit. Unerwünschte Wirkungen kommen seltener vor als bei NSAR, Opioiden oder Paracetamol. Studien zufolge sind sie meist mild bis moderat ausgeprägt und beschränken sich auf geringen vorübergehenden Knieschmerz. Zwar gibt es pseudoseptische Reaktionen, die aber eigentlich nur bei Hyaluronsäuren tierischen Ursprungs vorkommen.
Nicht warten, bis alle Optionen ausgereizt sind
Die Viskosupplementation ist eine sichere und effektive Therapiemethode, mit der man nicht warten muss, bis die anderen medikamentösen Behandlungsmethoden ausgereizt sind, meinen Experten. Dies dient auch der Analgetikaeinsparung. Für dieses Statement mangelt es jedoch an Evidenz.
Allerdings stellt die Methode keine Verzweiflungstherapie dar, die man in allen hoffnungslosen Fällen anbietet. Daher wird sie nicht empfohlen bei:
- fehlendem Ansprechen auf eine Steroidinjektion bei endgradiger prothesenpflichtiger Arthrose
- klinisch relevanter Bein-Fehlstellung
- persistierenden Beschwerden aufgrund von Meniskusläsionen
- neuropathischen Gelenkschmerzen
- Tendinopathien
Wichtig ist Prof. Jerosch zufolge auch die Tatsache, dass es keine einheitliche Klasse von Hyaluronsäureprodukten gibt. Weltweit werden mehr als 100 Produkte angeboten, die sich beispielsweise in der molekularen Struktur, im rheologischen Verhalten und in der Konzentration unterscheiden.
Daher sollte nur mit Substanzen, Darreichungsformen und Dosierungen gearbeitet werden, für die Nichtunterlegenheitsstudien vorliegen. Zum Schluss betont der Experte die Bedeutung der Schulung für Ärzte, die Hyaluronsäure intraartikulär spritzen. Hier sollte gelten: "No train, no use."
Quelle Text und Abb.: Jerosch J. internistische praxis 2016; 56: 605-649, © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
* European Society for Clinical and Economic Aspects of Osteoporosis and Osteoarthritis
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