Mit Laser und Spritze gegen drohende Erblindung von Diabetikern

Dr. Carola Gessner

Diabetische Retinopathie wird mit Laserkoagulation behandelt. Diabetische Retinopathie wird mit Laserkoagulation behandelt. © fotolia/vicu9

Erblindungen durch Diabetes verhindern! Dies haben sich viele Augenärzte auf die Fahnen geschrieben. Je nachdem ob eine Retinopathie oder ein diabetisches Makulaödem vorliegt, setzen die Fachkollegen unterschiedliche Therapieverfahren ein.

Die diabetische Retino- und/oder Makulopathie soll stadiengerecht durch den Augenarzt überwacht und behandelt werden, heißt es in der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie*. Dem Ophthalmologen stehen dabei unterschiedliche moderne Therapieverfahren zur Verfügung. Diese können zerstörte Netzhautzellen nicht wiederbeleben, aber güns­tigenfalls die Progression der Schäden stoppen oder bremsen. Deshalb sollten sie bei gegebener Indikation zeitnah zum Einsatz kommen.

Laserkoagulation ist die Therapie der Wahl

Lautet die Diagnose nicht proliferative diabetische Retinopathie (NPDR), so hängt das weitere Prozedere vom Stadium ab. Bei milden/mäßigen Formen setzt man zunächst auf „Watchful Waiting“, eventuell kommt eine fokale Laserkoagulation in Betracht und nur bei fortgeschrittener NPDR die panretinale Laserkoagulation. Diese birgt allerdings auch ernste Risiken (z.B. Einschränkung des Gesichtsfeldes, gestörtes Sehen in Dämmerung und Dunkelheit), weshalb man die Indikation zurückhaltend stellen sollte.

Bei schwerer NPDR plädieren die Autoren für das panretinale Lasern bei bestimmten Risikofaktoren:

  • mangelnde Adhärenz zu engmaschigen Kontrollen
  • ungünstiges allgemeines Risikoprofil (arterielle Hypertonie!)
  • Schwangerschaft
  • beginnende Katarakt (Funduseinblick erschwert)
  • ausgedehnte Kapillarverschlussgebiete (Fluoreszenzangiographie)

Leidet der Betroffene unter einer proliferativen diabetischen Retinopathie (PDR) gibt es keine Entscheidungsprobleme: Die drohende Erblindung lässt sich nur durch panretinale Laserkoagulation abwenden, dementsprechend votierten die Experten mit starkem Empfehlungsgrad dafür.

Komplizierter wird die Lage, wenn gleichzeitig mit der Retinopathie – ob proliferativ oder nicht – ein Makulaödem vorliegt. Denn dieses kann sich durch das panretinale Lasern verschlechtern. Deshalb geht man in solchen Fällen die Makula zuerst gezielt an. Verzögert folgt dann im zweiten Schritt die Laserkoagulation der übrigen Netzhaut. Ein noch größeres Problem besteht, wenn Glaskörperblutungen als Folge der PDR die Sicht versperren. Klaren diese nicht innerhalb weniger Wochen auf, hat man mit dem Laser keine Chance mehr. In solchen Fällen entschließen sich die Ophthalmologen zur Vitr­ektomie. Auch wenn infolge von Blutungen und Traktion die Netzhautablösung droht, besteht der rettende Eingriff in der Glaskörperentfernung.

Findet sich ein diabetisches Makulaödem, so kann der Augenarzt eine fokale Laserbehandlung anbieten, sofern die Fovea nicht involviert ist. Bei Fovea-Beteiligung haben sich die Leitlinien-Experten auf den Rat zur intravitrealen Behandlung mit VEGF**-Inhibitoren festgelegt. Nach Erfahrung der Augenärzte genügt dabei die bedarfsabhängige Therapie.
Dieses Vorgehen erspart dem Patienten im Vergleich zur monatlichen Gabe – wie in den Zulassungsstudien – eine Reihe von Spritzen.

VEGF-Inhibitoren sollen Makulaödem beseitigen

Gibt man im ersten Jahr noch 7–8 Injektionen, sind es im zweiten Jahr evtl. nur 4, im dritten 2 und im vierten eine. Das Prozedere im individuellen Fall richtet sich nach den Befunden im Verlauf. Ausschlaggebend: der bestkorrigierte Visus sowie Befunde bei Fundoskopie, optischer Kohärenztomographie (OCT) und ggf. Fluoreszenzangiographie.

Zugelassen zur Anti-VEGF-Therapie sind Aflibercept und Ranibizumab. Das kostengünstigere Bevacizumab wird off-label eingesetzt. Alle drei Substanzen weisen ein vergleichbar günstiges Nutzen-Risiko-Profil auf, heißt es in der Leitlinie. Allein die Mitautoren der DEGAM konnten sich der „Sollte-Empfehlung“ zur Anti-VGEF-Therapie nicht anschließen. Sie sehen das Nutzen-Risiko-Verhältnis kritischer.

Letzte Option bei Verschlechterung: Vitrektomie

Für Patienten mit fortgeschrittenem bzw. therapierefraktärem Makulaödem gibt es schließlich noch die Möglichkeit der intravitrealen Steroidtherapie. Diese verspricht einen leichten Gewinn an Sehschärfe, kann jedoch eine Linsentrübung in Gang setzen/vorantreiben und ein Glaukom begünstigen. Das Dexamethason-Implantat ist für Patienten nach Kataraktoperation bzw. solche mit therapierefraktärem Makulaödem zugelassen. Die Wirkdauer beträgt allerdings nur wenige Monate.

Fokale Laserkoagulation wirkt bei dia­betischem Makulaödem weniger gut als die Anti-VGEF-Therapie – aber dennoch „besser als nichts“. Sie stellt z.B. eine Alternative dar, wenn man einem Patienten wegen seines schlechten Allgemeinzustandes die anstrengende IVOM (intravitreale Medikamentengabe) mit den häufigen Therapie- und Kontrollterminen nicht zumuten kann.

Hat sich trotz aller Bemühungen das Sehvermögen des Patienten so weit verschlechtert, dass er trotz Sehhilfe nicht mehr lesen kann, stehen mittlerweile sehr gute technische Hilfsmittel für den Alltag zur Verfügung: Mit optischen oder elektronisch vergrößernden Sehhilfen wird für einige Patienten das Zeitunglesen nun wieder möglich.

Quelle:
*NVL Prävention und Therapie von Netzhautkomplikationen bei Diabetes 2015, AWMF-Register-Nr.: nvl-001b
**Vascular Endothelial Growth Factor

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Diabetische Retinopathie wird mit Laserkoagulation behandelt. Diabetische Retinopathie wird mit Laserkoagulation behandelt. © fotolia/vicu9