
Mit Laser und Spritze gegen drohende Erblindung von Diabetikern

Die diabetische Retino- und/oder Makulopathie soll stadiengerecht durch den Augenarzt überwacht und behandelt werden, heißt es in der neuen Nationalen Versorgungsleitlinie*. Dem Ophthalmologen stehen dabei unterschiedliche moderne Therapieverfahren zur Verfügung. Diese können zerstörte Netzhautzellen nicht wiederbeleben, aber günstigenfalls die Progression der Schäden stoppen oder bremsen. Deshalb sollten sie bei gegebener Indikation zeitnah zum Einsatz kommen.
Laserkoagulation ist die Therapie der Wahl
Lautet die Diagnose nicht proliferative diabetische Retinopathie (NPDR), so hängt das weitere Prozedere vom Stadium ab. Bei milden/mäßigen Formen setzt man zunächst auf „Watchful Waiting“, eventuell kommt eine fokale Laserkoagulation in Betracht und nur bei fortgeschrittener NPDR die panretinale Laserkoagulation. Diese birgt allerdings auch ernste Risiken (z.B. Einschränkung des Gesichtsfeldes, gestörtes Sehen in Dämmerung und Dunkelheit), weshalb man die Indikation zurückhaltend stellen sollte.
Bei schwerer NPDR plädieren die Autoren für das panretinale Lasern bei bestimmten Risikofaktoren:
- mangelnde Adhärenz zu engmaschigen Kontrollen
- ungünstiges allgemeines Risikoprofil (arterielle Hypertonie!)
- Schwangerschaft
- beginnende Katarakt (Funduseinblick erschwert)
- ausgedehnte Kapillarverschlussgebiete (Fluoreszenzangiographie)
Leidet der Betroffene unter einer proliferativen diabetischen Retinopathie (PDR) gibt es keine Entscheidungsprobleme: Die drohende Erblindung lässt sich nur durch panretinale Laserkoagulation abwenden, dementsprechend votierten die Experten mit starkem Empfehlungsgrad dafür.

Findet sich ein diabetisches Makulaödem, so kann der Augenarzt eine fokale Laserbehandlung anbieten, sofern die Fovea nicht involviert ist. Bei Fovea-Beteiligung haben sich die Leitlinien-Experten auf den Rat zur intravitrealen Behandlung mit VEGF**-Inhibitoren festgelegt. Nach Erfahrung der Augenärzte genügt dabei die bedarfsabhängige Therapie.
Dieses Vorgehen erspart dem Patienten im Vergleich zur monatlichen Gabe – wie in den Zulassungsstudien – eine Reihe von Spritzen.
VEGF-Inhibitoren sollen Makulaödem beseitigen
Gibt man im ersten Jahr noch 7–8 Injektionen, sind es im zweiten Jahr evtl. nur 4, im dritten 2 und im vierten eine. Das Prozedere im individuellen Fall richtet sich nach den Befunden im Verlauf. Ausschlaggebend: der bestkorrigierte Visus sowie Befunde bei Fundoskopie, optischer Kohärenztomographie (OCT) und ggf. Fluoreszenzangiographie.Zugelassen zur Anti-VEGF-Therapie sind Aflibercept und Ranibizumab. Das kostengünstigere Bevacizumab wird off-label eingesetzt. Alle drei Substanzen weisen ein vergleichbar günstiges Nutzen-Risiko-Profil auf, heißt es in der Leitlinie. Allein die Mitautoren der DEGAM konnten sich der „Sollte-Empfehlung“ zur Anti-VGEF-Therapie nicht anschließen. Sie sehen das Nutzen-Risiko-Verhältnis kritischer.
Letzte Option bei Verschlechterung: Vitrektomie
Für Patienten mit fortgeschrittenem bzw. therapierefraktärem Makulaödem gibt es schließlich noch die Möglichkeit der intravitrealen Steroidtherapie. Diese verspricht einen leichten Gewinn an Sehschärfe, kann jedoch eine Linsentrübung in Gang setzen/vorantreiben und ein Glaukom begünstigen. Das Dexamethason-Implantat ist für Patienten nach Kataraktoperation bzw. solche mit therapierefraktärem Makulaödem zugelassen. Die Wirkdauer beträgt allerdings nur wenige Monate.Fokale Laserkoagulation wirkt bei diabetischem Makulaödem weniger gut als die Anti-VGEF-Therapie – aber dennoch „besser als nichts“. Sie stellt z.B. eine Alternative dar, wenn man einem Patienten wegen seines schlechten Allgemeinzustandes die anstrengende IVOM (intravitreale Medikamentengabe) mit den häufigen Therapie- und Kontrollterminen nicht zumuten kann.
Hat sich trotz aller Bemühungen das Sehvermögen des Patienten so weit verschlechtert, dass er trotz Sehhilfe nicht mehr lesen kann, stehen mittlerweile sehr gute technische Hilfsmittel für den Alltag zur Verfügung: Mit optischen oder elektronisch vergrößernden Sehhilfen wird für einige Patienten das Zeitunglesen nun wieder möglich.
Quelle:
*NVL Prävention und Therapie von Netzhautkomplikationen bei Diabetes 2015, AWMF-Register-Nr.: nvl-001b
**Vascular Endothelial Growth Factor
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