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Molekulare Bildgebung und molekulare Analysen gewinnen an Bedeutung

Stagings zur Überwachung des Ansprechens seien für die optimale Therapie von Männern mit mCRPC fundamental, konstatierte Prof. Dr. Boris Hadaschik, Universitätsklinikum Essen.1 „Die Bildgebung ist ein Biomarker.“ Basis des diagnostischen Vorgehens stellen die aktuellen EAU-Guidelines dar. Eine laufende Behandlung sollte nicht aufgrund der Veränderung nur eines Parameters wie eines PSA-Anstiegs, der beim mCRPC im Krankheitsverlauf an Bedeutung verliere, modifiziert werden, sondern nur, wenn zwei der drei Kriterien – PSA-Anstieg, radiografischer oder symptomatischer Progress – vorlägen. Prof. Hadaschik wies darauf hin, dass die Evidenz aus den klinischen Studien, die Therapieentscheidungen zugrunde liegen, noch auf konventioneller Bildgebung beruhen.
PSMA-basierte Bildgebung ermöglicht besseres Staging
Die für ein Restaging von der EAU empfohlenen Methoden seien Knochenszintigrafie und CT, wobei die Expert:innen die PSMA-PET/CT als das „genauere Verfahren“ im Falle eines intendierten Therapiewechsels bezeichnen. Prof. Hadaschik: „Es ist klar, dass man im PSMA-PET/CT mehr sieht. Aber es stellt sich die Frage, ob das das klinische Outcome verändert, so dass dieses Verfahren derzeit nur im Rahmen klinischer Studien verwendet werden sollte.“ Er sei jedoch „ein großer Fan der PSMA-PET/CT“ im Kontext klinischer Studien oder „bei gut reflektierter Datenbasis“, denn sie ermögliche eine bessere Beurteilung des Ansprechens als Knochenszintigrafie und CT. Die proPSMA-Studie habe die größere Sensitivität und Spezifität der PSMA-PET/CT belegt. Das Verfahren führe sowohl im Falle eines metastasierten hormonsensitiven Prostatakarzinoms als auch eines als m0CRPC/nmCRPC eingestuften Tumors meist zu einem Upstaging. Beim mCRPC sei allerdings auch ein Downstaging möglich, betonte der Referent. Die PSMA-PET/CT sei generell spezifischer und leichter zu interpretieren. „Wir haben eine gute Vergleichbarkeit im Zuge der Interpretation und Befundung.“
Erhalten Männer mit mCRPC eine Radioligandentherapie, so diene eine zweite PSMA-PET/CT als Biomarker für das Ansprechen und als prognostischer Biomarker für das OS, wie eine internationale multizentrische Studie ergab. Der darin etablierte RECIP-Score sei ein Schritt in die richtige Richtung, so Prof. Hadaschik. „Es wurde außerdem demonstriert, dass eine PSMA-PET/CT beim mCRPC ein besserer prognostischer Marker für das Outcome ist als der PSA-Wert“, ergänzte er. So erwies sich die PSMA-PET/CT in einer retrospektiven Beobachtungsstudie nicht nur als prädiktiv für die Response, sondern das per PSMA-PET/CT beurteilte Ansprechen auch als prognostisch hinsichtlich des PFS.2
Die prognostische Relevanz der präziseren Risikostratifizierung sei vielversprechend, allerdings müsse man u.a. auch die Lebensqualität der Betroffenen miteinbeziehen. Prof. Hadaschik: „Wir wissen noch nicht, ob wir den Patienten schaden, wenn wir Veränderungen in der Bildgebung zu früh detektieren.“
Präzisere Therapie durch molekulare Analysen?
Prof. Dr. Christopher P. Evans, University of California, Sacramento, bemühte sich zunächst um die Quantifizierung des Nutzens, der sich derzeit aus einer auf genomischen Analysen basierenden Tumortherapie ziehen lässt.3 Insgesamt fiel seine Bilanz eher ernüchternd aus.
Er verwies auf eine Metaanalyse klinischer Studien, in denen Krebsmedikamente geprüft wurden, die zwischen 2003–2021 von der FDA eine Zulassung erhalten hatten. Der Überlebensvorteil durch die neuen Substanzen fiel recht gering aus. Auch in der prospektiven klinischen Studie MOSCATO 01 profitierte nur ein Bruchteil der Patient:innen mit fortgeschrittenen Krebskrankungen von der molekularbasierten Therapie. Bei 948 von 1.035 eingeschlossenen Personen wurde eine Biopsie für die molekulare Gewebeanalyse durchgeführt. 411 von ihnen wiesen eine therapeutisch adressierbare Alteration auf, 199 erhielten eine passendende zielgerichtete Behandlung. In der Gruppe der urologischen Tumoren hatten 10 von 28 Erkrankten von einer molekular getriebenen Therapie hinsichtlich des PFS profitiert. Dies entsprach aber nur 6,3 % aller uro-onkologischen Patient:innen der Studie.
Gesamtes Genom und Epigenom evaluieren
Das fortgeschrittene mCRPC würde durch weit mehr genetische Treiber beeinflusst, als eine reine Exom-Untersuchung detektieren kann: Die Analyse des gesamten Genoms und Transkriptoms von 101 kastrationsresistenten Prostatakarzinom-Metastasen ergab strukturelle Varianten, die wichtige Regulatoren der Tumorgenese und -progression veränderten. Diese führten zum Beispiel zu einer erhöhten Expression des Androgenrezeptors (AR) und bestimmten Defekten in der DNA-Reparatur.4 „Dies macht deutlich: Wenn man nicht das ganze Genom sequenziert, wird man viele relevante genetische Alterationen nicht entdecken“, betonte Prof. Evans.
Doppelt so viele „hallmarks of cancer“
Im Zeitraum von 2000 bis 2022 habe sich das Verständnis und das Wissen um die Tumorbiologie mehr als verdoppelt, sagte Prof. Evans. „Das ist einer der Hauptgründe, warum die Präzisionsmedizin nicht ganz so erfolgreich ist, wie erhofft.“
Außerdem gebe es einen hohen epigenetischen Einfluss, so der Referent. In einer Studie fanden die Autor:innen den AR als das am häufigsten methylierte Gen. Dies sei etwas, was normalerweise nicht im Zuge der Präzisionsmedizin erfasst würde. Auch die Entwicklung neuer therapeutisch adressierbarer Alterationen unter einer antitumoralen Behandlung sei nicht so stark wie erhofft, berichtete Prof. Evans weiter. Nur bei 8,8 % von 250 Teilnehmenden einer Studie detektierten die Autor:innen durch eine zweite Biopsie der behandelten Metastase eine neue Therapieindikation.
MSI-H und HRD ermöglichen Präzisionsmedizin
Wo übersetzen sich genomische Analysen also in einen therapeutischen Mehrwert für mCRPC-Patienten? Hier verwies der Referent zum einen auf Personen mit Mismatch-Repair-Defizienz (MMR) bzw. hoher Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H), für die in den USA Pembrolizumab tumoragnostisch zugelassen ist. Zwar wiesen nur etwa 3 % aller CRPC eine MSI-H auf, so Prof. Evans, dann aber seien die Erfolgsaussichten der Immuntherapie hoch.
Außerdem relevant seien Veränderungen, die DNA-Reparaturgene betreffen wie BRCA1 und 2, ATM, CHEK2, PALB2, RAD51D. Knapp 12 % der Männer mit metastasierten Prostatakarzinomen tragen mindestens eine Alteration dieser Gene in der Keimbahn, berichtete der Experte. Hier kommt der Wirkmechanismus von PARP-Inhibitoren wie Olaparib zum Tragen.
Prof. Evans wies darauf hin, dass sich das Tumorgenom eines mCRPC auch anhand von einer mittels Liquid Biopsy gewonnenen Probe bestimmen lasse. Die ctDNA-Evaluation auf Alterationen von 72 derzeit relevanten Genen ergab eine sehr hohe Konkordanz mit der Gewebeanalyse einer Metastase. Eine Untersuchung der ctDNA von 202 noch nicht mit Enzalutamid und Abirateron vorbehandelten mCRPC-Patienten machte deutlich, dass Defekte in BRCA2 und ATM sowie TP53-Inaktivierung zu einem schlechteren klinischen Outcome bzw. schnellen Resistenzentwicklung unter AR-Inhibitoren führten.5 Auch die Menge der zirkulierenden ctDNA war hoch prognostisch, sagte Prof. Evans: Hohe ctDNA-Level korrelierten mit schlechteren Ergebnissen unter AR-gerichteter Therapie.
Der Referent hob die Relevanz der richtigen Sequenz von Abirateron und Enzalutamid hervor: Während Enzalutamid auch Wirksamkeit in der Zweitlinie zeigte, war das für Abirateron nicht der Fall.
Quellen:
1. Hadaschik B. 38. Annual EAU Congress; State-of-the-art lecture When and how to stage?
2. Calderoni L et al. J Nucl Med 2023; DOI: 10.2967/jnumed.122.264964
3. Evans C. 38. Annual EAU Congress; State-of-the-art lecture When and how to sequence (molecular testing)?
4. Quigley DA et al. Cell 2018; 174: 758-769.e9; DOI: 10.1016/j.cell.2018.06.039
5. Annala M et al. Cancer Discov 2018; 8: 444-457; DOI: 10.1158/2159-8290.CD-17-0937
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