Nach dem Schlaganfall auf Symptome einer Depression achten

Maria Weiß

Als frühe Prädiktoren einer Post-Schlaganfall-Depression gelten Affektlabilität, eine offensichtliche Traurigkeit und besonders schwere neurologische Einschränkungen. Als frühe Prädiktoren einer Post-Schlaganfall-Depression gelten Affektlabilität, eine offensichtliche Traurigkeit und besonders schwere neurologische Einschränkungen. © iStock/ozgurcankaya

Bis zu ein Drittel der Patienten entwickelt nach einem Schlaganfall eine Depression. Diese wird vermutlich oft nicht erkannt. Das wirkt sich ungünstig auf das Outcome aus.

Die Mortalität ist beim Auftreten einer Post-Schlaganfall-Depression (PSD) deutlich erhöht, sagte Professor Dr. Christian Nolte von der Klinik für Neurologie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Für die Diagnose sollten die Patienten die ICD-Kriterien für eine depressive Episode erfüllen. Das heißt: es müssen mindestens vier Symptome über mehr als zwei Wochen bestehen. Nicht verwechselt werden darf die Depression mit der Post-Stroke-Fatigue, die bei 75 % der Schlaganfallpatienten auftritt und durch beschleunigte Ermüdbarkeit und Antriebslosigkeit gekennzeichnet ist.

Hirnstoffwechselveränderungen und Gefühl der Hilflosigkeit

Als frühe Prädiktoren einer PSD gelten Affektlabilität (z.B. Weinen), eine offensichtliche Traurigkeit und besonders schwere neurologische Einschränkungen. Weitere Risikofaktoren sind u.a. kognitive Defizite, psychiatrische Vorerkrankungen, fehlende familiäre/soziale Unterstützung und möglicherweise auch das weibliche Geschlecht. Die Pathophysiologie ist komplex. Zahlreiche Faktoren wie eine genetische oder soziodemographisch bedingte Vulnerabilität, spezifische durch den Schlaganfall verursachte Veränderungen im Hirnstoffwechsel sowie das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins durch die Behinderung kommen hier zusammen.

Wie lässt sich die Post-Schlaganfall-Depression am besten therapeutisch angehen? In einer 2020 publizierten Metaanalyse wurden dazu 49 Studien zu medikamentösen, psychologischen und interventionellen Therapien ausgewertet. Das Ergebnis: Medikamente können das Auftreten einer PSD reduzieren und die Schwere vermindern – ähnliches gilt auch für die Psychotherapie. Die Qualität der Studien und damit auch die Aussagekraft sind aber relativ schwach.

In einer weiteren Metaanalyse wurde untersucht, ob sich Patienten unter SSRI möglicherweise besser von einem Schlaganfall erholen. Hier zeigte sich, dass die Antidepressiva zwar den Schweregrad von Depressionen vermindern können, aber keinen Einfluss auf den Behinderungsgrad haben. Zudem traten gehäuft Nebenwirkungen wie Frakturen, Übelkeit und Durchfall auf. Ein ähnliches Ergebnis erbrachten neue Daten aus der AFFINITY-Studie. In dieser blieb der funktionelle Status der Patienten durch die Gabe von 20 mg/d Fluoxetin unbeeinflusst bei einer erhöhten Rate an Frakturen und epileptischen Anfällen. Die Ergebnisse der EFFECTS-Studie aus dem vergangenen Jahr zeichnen ein ähnliches Bild.

Es ist somit nicht sinnvoll, SSRI routinemäßig in der Rehabilitation nach Schlaganfall einzusetzen, betonte Prof. Nolte. Vielmehr sollte man bei Schlaganfallpatienten auf die möglichen Symptome einer PSD achten und die Erkrankung gezielt antidepressiv behandeln.

Quelle: Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin – ANIM 2021 digital

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Als frühe Prädiktoren einer Post-Schlaganfall-Depression gelten Affektlabilität, eine offensichtliche Traurigkeit und besonders schwere neurologische Einschränkungen. Als frühe Prädiktoren einer Post-Schlaganfall-Depression gelten Affektlabilität, eine offensichtliche Traurigkeit und besonders schwere neurologische Einschränkungen. © iStock/ozgurcankaya