Nahrungsergänzung bei Hobbysportlern ist meist rausgeschmissenes Geld

Der Umsatz mit rezeptfreien Nahrungsergänzungsmitteln boomt in Deutschland. Umfragen zufolge konsumieren 16–88 % der Allgemeinbevölkerung Nahrungsergänzungsmittel, obwohl mehr als 70 % der Meinung sind, dass deren Wirksamkeit nicht wissenschaftlich belegt ist. Fälschlicherweise hält die Mehrzahl die Produkte aber für grundsätzlich unbedenklich, schreiben Professor Dr. Maria Kristina Parr und ihre Kollegen vom Institut für Pharmazie der FU Berlin.
Besonders eifrig greifen Hobbysportler zu Nahrungsergänzungsmitteln, am häufigsten zu Proteinen, Aminosäuren, Kreatin, Vitaminen oder Mineralstoffen. Die Empfehlung dazu kommt meist von Trainern in Fitnessstudios, Mittrainierenden oder aus dem Internet.
Muskelwachstum und mehr Leistung als Wunscheffekt
Muskelwachstum oder Leistungssteigerung nennen die meisten als Argumente für den Gebrauch. Viele wollen damit auch etwas für die Gesundheit tun. Die Werbung für Nahrungsergänzungsmittel hat in den letzten Jahren vermehrt Jugendliche ins Visier genommen. Dabei fehlen gerade für diese Altersgruppe Daten z.B. zur maximal tolerierbaren Dosis. Nach den Ergebnissen der deutschen EsKiMo-Studie aus dem Jahr 2008 haben 20 % der 12- bis 17-Jährigen im Monat vor der Untersuchung Mineralstoffe oder Vitamine eingenommen, besonders die körperlich aktiven.
"Viel hilft viel" heißt das Motto vieler Athleten
Interessanterweise nehmen Leistungssportler kaum häufiger Nahrungsergänzungsmittel als Breitensportler. Sie konsumieren diese Produkte aber regelmäßiger. Doch mehr als 80 % dieser Athleten hatten keine Ahnung über die gesundheitlichen Risiken und den Nutzen. 35 % sorgten sich lediglich wegen möglicher dopingrelevanter Verunreinigungen. Leistungsdruck, eigene Erwartungshaltung und das hohe Trainingspensum motivieren viele Athleten zu einer kaum überschaubaren Selbstmedikation nach dem Motto "Viel hilft viel".
Zwar fördern Aminosäuren die Regeneration nach dem Training und steigern damit die Leistungsfähigkeit. Junge Männer sind aber mit der normalen Ernährung (Zufuhr 0,8–1,2 g/kgKG/d) ausreichend mit Proteinen versorgt. Hochleistungssportler brauchen 1,0–1,6 g/kgKG, Kraftsportler 1,6–2,0 g/kgKG. Eine tägliche Aufnahme von mehr als 2 g/kgKG kann zu Leber- oder Nierenschäden führen. Zu Anlässen mit besonders hoher Beanspruchung kann die Einnahme von 20–25 g Proteinkonzentrat oder 8–10 g essenzieller Aminosäuren sinnvoll sein. Nach dem Sport sind schnell resorbierbare Molke- oder Sojaproteinkonzentrate zu empfehlen.
Schnell verfügbare Kohlenhydrate können in langdauernden Trainings- oder Wettkampfsituationen einer leistungslimitierenden Hypoglykämie oder Totalerschöpfung durch Depletion der Glykogenspeicher vorbeugen. Deshalb wird der Gebrauch kohlenhydrathaltiger Nahrungsergänzungsmittel im Leistungssport empfohlen, im Hobbysport ist dies aber nicht nötig.
Hohe Dosen eher hinderlich für körperliche Anpassung
Mikronährstoffe entfalten ihre optimale Wirkung im Zusammenspiel mit Ballaststoffen und sekundären Pflanzenstoffen, so wie sie in Obst und Gemüse vorkommen. Es gibt keinen Beleg dafür, dass eine zusätzliche Einnahme von Antiooxidanzien die Gesundheit fördert. Reaktive Sauerstoff-Spezies, die unter Belastung freigesetzt werden, kann der Körper durch Hochregulation seiner eigenen antioxidativen Mechanismen abfangen.
Sehr hohe Dosen von Vitamin C und E behindern die körperliche Anpassungsfähigkeit an sportliches Training sogar. Hohe Dosen an Beta-Carotin, Vitamin A und E scheinen mit einem leichten Anstieg der Sterblichkeit assoziiert zu sein, so die Berliner Forscher. Insgesamt weisen fettlösliche Vitamine, die in der Leber gespeichert werden können (Vitamin A, D, E), ein höheres Toxizitätspotenzial auf als wasserlösliche Vitamine.
Kurz vor dem Training noch ein Käffchen
Auch den Elektrolytverlust kann der Breitensportler problemlos durch seine Nahrung ausgleichen. Selbst bei Spitzensportlern ist eine Supplementierung mit Mineralstoffen nur sinnvoll, wenn tatsächlich ein Mangel vorliegt. Koffeinhaltige Drinks konnten in klinischen Studien bei Ausdauersportlern die Leistungsfähigkeit steigern. Den besten Effekt erzielt man mit 3–6 mg/kgKG kurz vor oder während des Trainings. Kreatinhaltige Supplemente helfen nur Athleten in Hochintensitätsdisziplinen, nicht aber Ausdauersportlern, mehr Leistung zu bringen. Als Einzeldosis sollten maximal 5 g, am Tag nicht mehr als 20 g eingenommen werden.
Quelle: Parr MK et al. Bundesgesundheitsbl 2017; 60: 314-322
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