Nahrungsmittelallergien bei Kindern: Mit einem Jahr Karenz geht‘s meist wieder

Maria Weiß

Kuhmilch- und Ei-Sensibilisierung verschwinden oft, Erdnüsse sind hartnäckiger. Kuhmilch- und Ei-Sensibilisierung verschwinden oft, Erdnüsse sind hartnäckiger. © fotolia/Africa Studio

Nahrungsmittelallergien, vor allem gegen Hühnereiweiß und Kuhmilch, finden sich häufig bereits im zarten Säuglingsalter. Die gute Nachricht: Oft verliert sich die Überempfindlichkeit wieder und die Lebensmittel werden später gut vertragen.

Primäre Nahrungsmittelallergien finden sich schon bei Kindern im Alter von vier bis sechs Monaten. Meist handelt es sich um solche vom Soforttyp, wobei auch schwere anaphylaktische Reaktionen möglich sind. Nach einer aktuellen Kohortenstudie entwickeln in Deutschland etwa 2 % der Kinder in den ersten 30 Lebensmonaten eine Hühnereiallergie. Die Hälfte dieser Kinder können Eier nach einem Jahr aber wieder gefahrlos essen, berichtete Professor Dr. Kirsten Beyer von der Klinik für Pädiatrie an der Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum. Wer die frühkindliche Allergie nicht verliert, ist allerdings durch besonders schwere Reaktionen gefährdet.

Bei älteren Kindern eher Kreuzreaktionen durch Pollen

Von Kindern aus vorbelasteten Familien haben im Alter von vier bis sechs Monaten knapp 4 % eine manifeste Hühnereiallergie. Als wichtigste Risikofaktoren für die frühzeitige Sensibilisierung ließen sich eine Neurodermitis im Alter von 4–6 Monaten und eine Kaiserschnittgeburt ermitteln. Auch Erdnussallergien können schon bei Kleinkindern zu anaphylaktischen Ereignissen führen. Und sie bleiben, anders als die überschießenden Reaktionen auf Kuhmilch- und Hühnerei, häufiger bis ins Erwachsenenalter bestehen.

Was macht man aber mit einem Kind, bei dem vor zehn Jahren eine Erdnussallergie diagnostiziert wurde – das aber seitdem eine völlig leere Anamnese hat? Auf Wunsch kann hier ein Provokationstest durchgeführt werden, meinte die Expertin. Immerhin verliere etwa jedes fünfte Kind auch diese Hypersensitivität. Zeigte sich im Test keinerlei Reaktion, sollten die Kinder möglichst dreimal in der Woche Erdnüsse essen, um die Toleranz aufrecht zu erhalten.

Mit zunehmendem Alter der Kinder treten pollenassoziierte sekundäre Nahrungsmittelallergien in den Vordergrund. Hier kommt es meist nur zu oralen Symptomen im Sinne einer Kontakturtikaria der Schleimhaut – respiratorische und schwere anaphylaktische Zwischenfälle sind eher selten. Immerhin ein Viertel der Kinder mit allergischer Rhinokonjunktivitis hat auch eine pollen-assoziierte Nahrungsmittelallergie. Ursache sind Kreuzreaktionen z.B. zwischen Birkenpollen und Apfel.

Diagnostisch helfen beim Verdacht auf eine solche Sensibilisierung, neben der ausführlichen Anamnese mit Nahrungsmittelprotokoll und Karenzversuch, Hauttests (z.B. Pricktests mit nativen Nahrungsmitteln oder kommerziellen Extrakten) und die spezifische Serum-IgE-Bestimmung weiter. Goldstandard bleibt aber die kontrollierte orale Provokation, die standardisiert und nur stationär erfolgen sollte, sagte Prof. Beyer.

Antikörpertest kann die Provokation u.U. ersparen

Die Bestimmung von spezifischen IgE-Antikörpern gegenüber Einzelbestandteilen von Nahrungsmitteln kann die diagnostische Sensitivität noch verbessern. Zum Teil gibt sie auch bestimmte Hinweise – so ist z.B. Anao 3-spezifisches IgE ein guter Prädiktor einer Cashew-Allergie und kann den Kindern unter Umständen die Provokation ersparen.

Die wichtigste therapeutische Intervention bleibt Karenz – obwohl zunehmend positive Studien zur spezifischen Immuntherapie (SIT) auch bei primären Nahrungsmittelallergien publiziert werden. Die begleitende Gabe von anti-IgE scheint deren Nebenwirkungen vermindern zu können. Zurzeit sollte die SIT bei primären Nahrungsmittelallergien nur im Rahmen klinischer Studien erfolgen, betonte die Referentin. Bei pollenassoziierten Nahrungsmittelallergien ist die subkutane oder sublinguale Immuntherapie nur indiziert, wenn gleichzeitig pollenbedingte Atemwegbeschwerden bestehen.

Auch in Allergikerfamilien zeitig mit Beikost starten

In Sachen Prävention laufen heiße Diskussionen über den richtigen Zeitpunkt für die Einführung der Beikost. Eine Vermeidung potenter Nahrungsmittelallergene im ersten Lebensjahr gilt heute als obsolet – nach dem vollendeten vierten Lebensmonat sollten auch Allergikerfamilien mit der Beikost beginnen. Dabei gilt: Was die Eltern gewöhnlich essen, bekommen auch die Kinder. Wichtig ist zudem, neu eingeführte Lebensmittel möglichst regelmäßig füttern. Bei Kindern mit schwerer Neurodermitis empfiehlt sich vor Einführung besonders potenter Allergene wie Erdnuss oder Hühnerei möglicherweise eine Testung.

7. Allergologie-Update-Seminar Berlin

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Kuhmilch- und Ei-Sensibilisierung verschwinden oft, Erdnüsse sind hartnäckiger. Kuhmilch- und Ei-Sensibilisierung verschwinden oft, Erdnüsse sind hartnäckiger. © fotolia/Africa Studio