
Neue Daten zum Schutz vor COVID-19 bei Rheuma, Psoriasis oder MS

In einer prospektiven Arbeit aus den Niederlanden hat man die humorale Impfantwort von mehr als 3600 Patienten mit verschiedenen rheumatischen Erkrankungen oder Multipler Sklerose untersucht. Von den im Mittel 63-jährigen Teilnehmern wurden die meisten immunsuppressiv behandelt. Sie erhielten fast ausschließlich die Vakzinen von AstraZeneca bzw. Pfizer/BioNTech, 8 % wurden mit dem Impfstoff von Moderna immunisiert.
Im Hinblick auf die Immunreaktion zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Kranken und der gesunden Vergleichskohorte. Nach der ersten Vakzination erreichten nur 49 % der Patienten eine Serokonversion, im Kontrollkollektiv gelang dies bei 73 %. Dieser Effekt ließ sich in erster Linie auf die Behandlung mit Methotrexat (MTX) bzw. Anti-B-Zell-Antikörpern wie Rituximab zurückführen, schreiben die Studienautoren um Laura Boekel von der Universität Amsterdam.
Abstand zwischen den beiden Impfungen bei Älteren nicht verlängern
Nach der zweiten Impfung stieg die Konversionsrate in allen Therapiegruppen auf über 80 % – mit Ausnahme der Gruppe unter Anti-CD20-Behandlung (43 %). Patienten, die zuvor eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hatten, bildeten nach der ersten Impfdosis ebenso viele Antikörper wie COVID-naive Personen nach vollständiger Immunisierung.
Die Studienautoren gehen davon aus, dass die Serokonversion bei älteren Patienten unter immunsuppressiver Behandlung insbesondere mit Methotrexat und Anti-B-Zell-Antikörpern verzögert ist. Deshalb sollte der Abstand zwischen den beiden Impfungen nicht verlängert werden.
Eine zweite Studie prüfte neben der humoralen auch die zelluläre Reaktion auf die mRNA-Vakzine BNT162b2. Die Teilnehmer stammten aus New York und Erlangen und litten alle an einer entzündlichen Autoimmunerkrankung. Nach der zweiten Impfung zeigten die mit Biologika (zumeist TNF-Blockern) behandelten Probanden ebenso wie die gesunden Kontrollen zu über 90 % eine adäquate Antikörperbildung. Im Methotrexat-Kollektiv war das nur bei 62 % der Patienten der Fall. Auch die zelluläre Immunreaktion fiel im MTX-Kollektiv geringer aus, wie das Forscherteam um Dr. Rebecca Haberman von der New York University ermittelte. Unklar ist derzeit noch, ob mit MTX behandelte Patienten von einer zusätzlichen Impfung oder einer MTX-Dosisänderung profitieren. Möglicherweise kann auch ein vorübergehendes Absetzen des Immunsuppressivums die Impfantwort verbessern.
Serokonversionsrate niedriger als in gesunder Vergleichsgruppe
In der dritten Studie untersuchte man die Immunantwort von Psoriasispatienten sowie die gesunder Kontrollen nach einer ersten Dosis der mRNA-Vakzine BNT162b2. Auch in dieser Untersuchung lag die Serokonversionsrate im immunsuppressiv behandelten Kollektiv niedriger als in der gesunden Vergleichsgruppe (78 % vs. 100 %). Die geringste Rate wurde unter Methotrexat gemessen (47%). Zusätzlich fiel auf, dass die Antikörper der MTX-Patienten eine geringere neutralisierende Aktivität aufwiesen, während diese unter einer Therapie mit Biologika (TNF-, IL-17- oder IL-23-Inhibitoren) erhalten blieb. Diese Daten sprechen dafür, dass eine Therapie mit Biologika die Immunogenität der mRNA-Vakzine nicht vermindert. Bei den mit Methotrexat behandelten Patienten wurde zwar die humorale Reaktion beeinträchtigt, nicht aber die T-Zell-Antwort, schreiben die Studienautoren um Dr. Satveer Mahil vom King’s College in London. Sie halten es deshalb für sinnvoll, bei der Einschätzung des Impfschutzes neben der Serokonversion auch die funktionelle Kapazität der gebildeten Antikörper und die zelluläre Reaktion zu berücksichtigen.
Die vierte Arbeit untersuchte die protektive Wirkung der Impfstoffe von AstraZeneca und BioNTech-Pfizer bei Patienten mit autoimmunbedingter Glomerulopathie oder rheumatischer Erkrankung. Das Besondere an dieser Studie ist, dass ein großer Teil der Patienten den CD-20-Antikörper Rituximab oder den Calcineurinhemmer Tacrolimus erhielt. Nach der ersten Impfdosis erreichten nur knapp 29 % der Teilnehmer eine Serokonversion und 26 % eine T-Zell-Aktivierung. Die zweite Impfung sorgte für eine erheblich verbesserte Protektion: 59 % der Probanden hatten nun ausreichend viele Antikörper und bei 83 % ließ sich eine zelluläre Immunantwort nachweisen.
Serologische Non-Responder benötigen möglicherweise zusätzlichen Booster
Eine B-Zell-Depletion nach Rituximabbehandlung verringerte den serologischen Schutz bei zumeist erhaltener T-Zell-Aktivierung, schreiben die Studienautoren um Dr. Maria Prendecki vom Imperial College in London. Unter Tacrolimus hingegen muss man mit einem verminderten zellulären Ansprechen rechnen.
Allerdings waren es nur knapp 9 % der Patienten, bei denen auch nach der zweiten Dosis weder eine Antikörperbildung noch eine vermehrte Immunzellproduktion festgestellt werden konnte. Sämtliche Teilnehmer, die bereits zuvor eine SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht hatten, erreichten bereits nach der ersten Dosis eine Serokonversion – und zwar unabhängig von der Art der immunsuppressiven Therapie.
Eine erfolgreiche Impfung ist also auch unter der Behandlung mit Rituximab und Tacrolimus möglich, betonen die Autoren. Serologische Non-Responder benötigen möglicherweise eine zusätzliche Booster-Dosis. Zur Einschätzung des Erfolgs sollte man neben der humoralen eventuell auch die zelluläre Protektion messen, so die Kollegen.
Quellen:
1. Boekel L et al. Lancet Rheumatol 2021; DOI: 10.1016/S2665-9913(21)00222-8
2. Haberman RH et al. Ann Rheum Dis 2021; DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-220597
3. Mahil SK et al. Lancet Rheumatol 2021; DOI: 10.1016/S2665-9913(21)00212-5
4. Prendecki M et al. Ann Rheum Dis 2021; DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-220626
Aktualisiert am 06.09.2021
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