Neue Erkennisse zur optimalen Therapiedauer und onkogengetriebenen NSCLC

ELCC 2025 Lara Sommer

Es bestehen offene Fragen zur Dauer der Immuntherapie und zu möglichen CPI-Anwendungen bei Treibermutationen. Es bestehen offene Fragen zur Dauer der Immuntherapie und zu möglichen CPI-Anwendungen bei Treibermutationen. © Valerii Evlakhov – stock.adobe.com

In Bezug auf die Immuntherapie fortgeschrittener NSCLC gibt es noch zahlreiche offene Fragen. Dazu zählt, inwiefern eine zeitlich unbegrenzte Behandlung tatsächlich Vorteile bietet und ob bestimmte Erkrankte mit targetierbaren Treibermutationen doch CPI erhalten können.

In den klinischen Studien zu Immuntherapien beim NSCLC erfolgte diese unterschiedlich lang, von einem Jahr bis hin zum Progress, rief Prof. Dr. Dr. Silvia Novello von der Universität Turin ins Gedächtnis.1 Sie fasste zusammen: „Trotz der Unterschiede in der Behandlungsdauer sehen wir keine großen Differenzen hinsichtlich PFS und OS.“ 

„Daten stützen Stopp der Immuntherapie nach zwei Jahren“

In Studien schlossen 12–25 % der Behandelten ein zweijähriges Immuntherapieregime ab. Demgegenüber hielt die Response bei 45–50 % nach zwei Jahren noch an. Wie die Kollegin betonte, sprach ein Großteil derjenigen, die alle Zyklen vollendeten und langanhaltend profitierten, bereits innerhalb der ersten sechs Monate an. Dies spreche für die radiologischen Befunde als potenziellen Marker.

In CheckMate-153 korrelierte ein Stopp von Nivolumab nach einem Jahr mit einer schlechteren Überlebensprognose. Die Expertin merkte jedoch an, dass es sich nicht um eine geplante Auswertung handelte, die Untersuchung nicht verblindet war und einige Erkrankte auch nach einem Progress weiter den CPI erhielten. 

In der Phase-3-Studie DICIPLE wurden Patient:innen mit metastasiertem NSCLC, die nach sechs Monaten Nivolumab/Ipilimumab eine Krankheitskontrolle aufwiesen, 1:1 randomisiert: Eine Hälfte setzte die Immuntherapie bis zum Progress fort, die andere unterbrach diese zunächst und durfte die CPI-Dublette im Progressfall erneut erhalten. Hier beobachteten die Verantwortlichen keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich des PFS oder OS, sehr wohl aber eine geringere Rate an Toxizitäten. Daten aus der klinischen Praxis belegen ebenfalls keinen eindeutigen Überlebensnachteil bei zeitlich begrenzter CPI-Gabe gegenüber einer zeitlich unbegrenzten Behandlung.

„Die optimale Dauer der Immuntherapie bleibt zu debattieren“, so Prof. Novello. Die jetzigen Daten stützten jedoch eine ärztliche Entscheidung, eine Checkpointinhibition nach zwei Jahren zu stoppen. Um die Behandlungsdauer zu individualisieren, braucht es ihrer Ansicht nach zukünftig Biomarker, beispielweise ctDNA. Nicht zuletzt dürfe man auch die Wünsche der Patient:innen nicht vergessen.

HER2-Alterationen und Immuntherapie

Bei HER2-deregulierten Malignomen könnten CPI-haltige Kombinationen möglicherweise eine Option darstellen. In der Erstlinie erreiche eine Chemoimmuntherapie ein längeres PFS als Chemotherapie alleine. „Wir wissen aber, dass für HER2-mutierte und -überexprimierende Tumoren Trastuzumab-Deruxtecan den Versorgungsstandard darstellt“, schilderte Prof. Masip. Einige Daten suggerierten, dass ein synergistischer Effekt zwischen dem ADC und Pembrolizumab bestehe. In einer frühen klinischen Untersuchung zeigte die Kombi eine vielversprechende Aktivität, mit Ansprechraten über 50 % in allen Subgruppen HER2-deregulierter NSCLC. Allerdings bleiben Toxizitäten ein Problem: In der Studie entwickelten 27,3 % derjenigen mit HER2-Mutation eine medikamentenassoziierte Pneumonitis/interstitielle Lungenerkrankung.

„Nicht alle Erkrankten mit Treibermutation ausschließen“ 

Der Grundsatz, dass man fortgeschrittene NSCLC mit targetierbaren genomischen Alterationen niemals mit Immuntherapie behandeln solle, weiche zunehmend auf, schilderte Prof. Dr. Dr. Jordi Remon Masi, Institut Gustave Roussy, Villejuif.2  Es gelte, immunologisch „kalte“ Tumoren (z. B. mit Alterationen in EGFR, RET oder HER2) von solchen abzugrenzen, die potenziell auf CPI ansprechen können (KRASG12C-, BRAFV600E-, METexon14-Mutationen).

RET-mutierte NSCLC demonstrieren typischerweise eine niedrige Tumormutationslast (TMB) und PD-L1-Expression. Hier scheint eine Intensivierung der Behandlung mit Bevacizumab deutlich aussichtsreicher als eine Chemoimmuntherapie. 

Tumoren mit häufigen EGFR-Mutationen gelten ebenfalls als weitgehend insensitiv gegenüber CPI-Monotherapien. Kombinationen von PD(-L1)-Inhibitoren und Chemotherapie ± Angiogenesehemmer lieferten teilweise einen PFS-Vorteil, scheiterten aber bisher daran, das OS zu verlängern. Einer aktuellen Metaananalyse zufolge könnte es sich bei dem dreifachen Ansatz dennoch um die optimale Option nach Progress unter TKI handeln. „Ich wüsste nicht, wie ich diese Strategie in der aktuellen Behandlungslandschaft platzieren soll“, kommentierte der Referent kritisch. 

Seltene EGFR-Mutationen gehen mit einer höheren Tumormutationslast und PD-L1-Expression, einer höheren Rate an TP53-Komutationen und tabakassoziierten Signaturen einher, was sie potenziell empfindlicher für CPI machen könnte. Gemäß retrospektiven Analysen könnte die ORR in dieser Subgruppe höher liegen als bei anderen EGFR-Alterationen, aber prospektive Daten fehlen. 

Andere Mutationen korrelieren tendenziell mit einer proimmunogenen Tumormikroumgebung. In der Erstlinie BRAFV600E-mutierter NSCLC erreicht eine Chemoimmuntherapie ein ähnliches OS wie Dabrafenib/Trametinib. Der Experte schätzte ein, dass eine Chemoimmuntherapie für Erkrankte mit „Smoking Pattern“ und einer hohen TMB vermutlich eine gute Option darstellt. Daten zur Sequenz liegen nur von Melanomerkrankten vor, bei denen PFS und Gesamtüberleben länger ausfielen, wenn eine Immuntherapie vor statt nach Kinaseinhibitoren verabreicht wurde. 

Tumoren mit METexon14-Mutationen haben eine sehr hohe PD-L1-Expression und eine niedrige Tumormutationslast. Daten stützen gemäß Prof. Masip, dass eine Chemoimmuntherapie einer reinen Chemotherapie hinsichtlich PFS und OS überlegen sei. Beachten müssen Ärzt:innen, dass bei der nachfolgenden Gabe von MET-Inhibitoren das Risiko für Hepatotoxizitäten und Pneumonitis steigt.

Grundsätzlich beeinflusst eine KRAS-Mutation das Ansprechen auf Immuntherapien nicht, berichtete der Referent. Komutationen in STK11 und KEAP1 vermitteln wiederum eine Resistenz gegenüber CPI-Monotherapien, bei kombinierten Behandlungen bleibe dies noch unklar. Im Falle einer KRASG12C-Mutation hängt der Benefit einer Kombination aus zielgerichteter und Immuntherapie vom verwendeteten Kinaseinhibitor ab. Mechanistisch ergebe der Ansatz Sinn: „Präklinische Daten implizieren, dass wir durch den Einsatz eines KRAS-Inhibitors die Immunogenität des Tumors steigern können.“ Eine sequenzielle Therapie mit CPI und Sotorasib erhöhte jedoch die Raten an Hepatotoxizitäten, was für Adagrasib nicht berichtet wurde. In der KRYSTAL-7-Studie führte die Behandlung mit Pembrolizumab und einer reduzierten Dosis Adagrasib (400 mg BID) in der Erstlinie zu einer ORR von 59 % und einem medianen PFS von 27,7 Monaten.

Quellen:
1. Novello S. European Lung Cancer Congress 2025; Vortrag „When can or should anti-PD(-L)1s be stopped in advanced NSCLC?“
2. Masip JM. European Lung Cancer Congress 2025; Vortrag „Should we exclude immunotherapy in case of advanced NSCLC with oncogenic addiction?“

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