Neue Erstlinienoption – zeitlich limitiert und hocheffektiv

Dr. Katharina Arnheim

Ein typisches Bild bei CLL: Viele Lymphknoten in Hals und Axilla sind vergrößert. Ein typisches Bild bei CLL: Viele Lymphknoten in Hals und Axilla sind vergrößert. © Science Photo Library/Living Art Enterprises, LLC

Die zeitlich befristete Kombination aus Ibrutinib und Venetoclax überzeugte in der Phase-3-Studie GLOW bei älteren und unfitten Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie. Erkrankte waren damit signifikant länger progressionsfrei als unter Chlorambucil/Obinutuzumab – und profitierten auch hinsichtlich anderer Endpunkte wie Remissionstiefe und MRD-Eradikation.

Die Erstlinientherapie von Patienten mit chronischer lymphatischer Leukämie (CLL) mit dem BTK*-Inhibitor Ibrutinib scheint laut den Ergebnissen mehrerer Phase-3-Studien eine gute Wahl zu sein: Dadurch verlängern sich sowohl progressionsfreies (PFS) als auch Gesamtüberleben (OS).

Auch zu Venetoclax liegen positive Daten vor. Dank der zeitlich begrenzten Zweifach-Behandlung aus BCL2**-Hemmer und Obinutuzumab leben die Erkrankten im Vergleich zur Chemoimmuntherapie länger ohne Progress, erinnerte Professor Dr. Dr. Arnon K­ater vom Amsterdam University Medical Center. Die zeitliche Befristung sei ein attraktives Konzept, das Patienten die Möglichkeit auf behandlungsfreie Remissionen biete, betonte der Referent.

Prof. Kater stellte die Ergebnisse der Phase-3-Studie GLOW vor, in der die Kombination aus Ibrutinib und Venetoclax als zeitlich begrenzte Strategie im Vergleich mit Chlorambucil/Obinutuzumab geprüft wurde. Die beiden Inhibitoren weisen unterschiedliche, sich ergänzende Wirkmechanismen auf, erläuterte der Redner den Hintergrund der Studie (siehe Kasten). Die Autoren schlossen 211 nicht-vorbehandelte ältere oder unfitte Personen mit CLL ein. Rund ein Drittel der GLOW-Teilnehmer war mindestens 75 Jahre alt. Die Kollegen verabreichten den Patienten Ibrutinib initial über drei 28-tägige Zyklen als Monotherapie und setzten die Behandlung in Kombination mit Venetoclax danach über zwölf Zyklen fort. Als primären Endpunkt definierten die Wissenschaftler die Auswertung durch ein unabhängiges Review-Komitee (IRC). 

Synergistische Wirkung

Ibrutinib mobilisiert CLL-Zellen aus den Lymphknoten in das periphere Blut und verhindert deren Rückmigration. Gleichzeitig hemmt es die CLL-Proliferation. Der BTK-Inhibitor verstärkt außerdem die Abhängigkeit von CLL-Zellen gegenüber dem BCL2-Protein, steigert so die Sensibilität gegenüber Venetoclax und beschleunigt die Apoptose. „Diese Kombination hat damit das Potenzial, CLL-Zellen in allen Kompartimenten stärker zu eliminieren“, so Prof. Kater.

Nach einem medianen Follow-up von 27,7 Monaten war der PFS-Median im Prüfarm noch nicht erreicht; in der Kontrolle betrug er 21 Monate. Der Unterschied entsprach einer Risikoreduktion von 78 % (Hazard Ratio 0,216; p < 0,0001). Die Auswertung durch die Prüfärzte bestätigte das IRC-Ergebnis (HR 0,207; p < 0,0001). „Die Kombination aus Ibrutinib und Venetoclax verlängerte das PFS über alle vorab definierten Subgruppen wie Alter und IGHV-Mutationsstatus“, berichtete Prof. Kater. Die Forscher analysierten die Remissionstiefe als einen sekundären Studienendpunkt. Auch diesbezüglich erwies sich die Prüfkombination als überlegen. Während sich die Gesamtansprechrate mit 86,8 % vs. 84,8 % unter Ibrutinib/Venetoclax vs. Kontrolle kaum unterschied, war die Rate an kompletten Remissionen (CR) und CR mit inkompletter Knochenmarkerholung mehr als dreimal so hoch (38,7 % vs. 11,4 %). Prof. Kater wies darauf hin, dass sich 90 % der Responder im Prüfarm auch nach zwei Jahren noch in Remission befanden. Unter Chlorambucil/Obinutuzumab erreichten dieses Ergebnis nur 41 % der ansprechenden Erkrankten.

Hälfte der Patienten wird MRD-negativ

Die Autoren untersuchten weiterhin die Eradikation der minimalen Resterkrankung (MRD). Sie ermittelten drei Monate nach Therapieende eine MRD-Negativität im Knochenmark bei 51,9 % der mit Ibrutinib/Venetoclax behandelten Teilnehmer gegenüber 17,1 % der Kontrollpatienten. Im peripheren Blut wurden 54,7 % bzw. 39 % der Betroffenen MRD-negativ. Dieser Zustand blieb im Prüfarm länger erhalten: Ein Jahr nach dem Ende der Behandlung hatten weiterhin 84,5 % einen negativen MRD-Status im peri­pheren Blut – gegenüber 29,3 % in der Vergleichsgruppe.

„Weiterer Beleg für positives klinisches Profil“

Außerdem wurde die Zeit bis zur nächsten Therapie durch Ibrutinib/Venetoclax erheblich verlängert. So verringerte sich das Risiko für die Notwendigkeit einer Zweitlinienbehandlung im Vergleich zu Chlorambucil/Obinutuzumab um 86 % (HR 0,143). Die mediane Therapiedauer war mit 13,8 Monaten vs. 5,1 Monaten unter der Prüfkombination länger als im Vergleichsarm. 78,3 % der Teilnehmer unter Ibrutinib/Venetoclax wurden mindestens ein Jahr lang behandelt. Insgesamt entsprach die Verträglichkeit beider Regime dem bei älteren komorbiden CLL-Erkrankten zu erwartenden Profil. „Die Ergebnisse der GLOW-Studie sind ein weiterer Beleg für das positive klinische Profil der zeitlich limitierten oralen Erstlinientherapie mit Ibrutinib/Venetoclax bei älteren CLL-Patienten“, resümierte Prof. ­Kater.

* Bruton-Tyrosinkinase
** B-cell lymphoma 2

Quelle: Kater AP et al. EHA 2021 virtual; Abstract LB1902

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Ein typisches Bild bei CLL: Viele Lymphknoten in Hals und Axilla sind vergrößert. Ein typisches Bild bei CLL: Viele Lymphknoten in Hals und Axilla sind vergrößert. © Science Photo Library/Living Art Enterprises, LLC
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