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CLL-Behandlung kann bei MRD-Negativität beendet werden

Daten der CAPTIVATE-Studie weisen darauf hin, dass die Erstlinie mit Ibrutinib/Venetoclax bei MRD*-negativen Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) therapiefreie Remissionen ermöglicht.1 In die Phase-2-Studie wurden 164 nicht vorbehandelte CLL-Patienten eingeschlossen. Sie erhielten nach drei Zyklen Ibrutinib zwölf Zyklen der oben genannten Kombination. Patienten, die über mindestens drei Zyklen keine nachweisbare MRD (10-4) in Blut und Knochenmark aufwiesen, bekamen Ibrutinib oder Placebo. Teilnehmer mit MRD-positivem Status wurden Ibrutinib oder der dualen Therapie zugeteilt. Professor Dr. William G. Wierda vom MD Anderson Cancer Center in Houston stellte nun die primäre Analyse zum krankheitsfreien Überleben (DFS) vor.
Bis zu 75 % der Patienten ohne Resterkrankung
75 % der Patienten waren im peripheren Blut, 68 % im Knochenmark MRD-negativ. 86 dieser Patienten hatten im Blut sowie Knochenmark einen negativen Status. Teilnehmer mit negativem MRD-Status wurden zu Ibrutinib oder Placebo randomisiert. Nach median 16,6-monatiger Beobachtung unterschied sich die Ein-Jahres-Rate des DFS in der MRD-negativen Kohorte mit 100 % im Prüfarm und 95,3 % in der Kontrolle nicht signifikant (p = 0,1475). Sie war definiert als anhaltende MRD-Negativität ohne klinischen Progress oder Tod.
Ibrutinib/Venetoclax führt zu mehr Konversionen
Auch die 30-Monatsrate des progressionsfreien Überlebens (PFS) fiel mit 95,3 % bzw. 100 % ähnlich aus. Dies spricht laut Prof. Wierda bei nachweislich MRD-negativen Patienten für die zeitlich limitierte Gabe von Ibrutinib/Venetoclax und einen Therapiestopp von zwölf Monaten. Bei Patienten mit unbestätigter MRD-Negativität lag die PFS-Rate nach 30 Monaten ebenfalls über 95 %, betonte Prof. Wierda. Die hohen Raten in allen Behandlungsarmen setzte er in Relation mit Studiendaten zu anderen Erstlinien-Regimen wie FCR** oder Venetoclax/Obinutuzumab. Diese erwirken Drei-Jahresraten beim PFS von 73 % bzw. 82 %.
Im zweiten Studienteil stieg die Rate nachweislich MRD-negativer Patienten bei weitergeführter Kombination deutlich an: So blieb der Anteil von Menschen mit negativem MRD-Status im Blut unter Ibrutinib bei 45 % stabil und nahm unter der Kombination von 50 % auf 69 % zu. In beiden Kohorten wurden die Ibrutinib-Monotherapie und Ibrutinib/Venetoclax gut vertragen. Nebenwirkungen vom Grad 3 und höher kamen selten vor.
Weitere Daten zu Ibrutinib/Venetoclax stammen aus der britischen Studie TAP CLARITY. An ihr nahmen 50 Hochrisikopatienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL (rrCLL) teil, berichtete Professor Dr. Talha Munir vom St. James University Hospital in Leeds.2 Auch in dieser Studie wurde ein Therapiestopp bei Patienten vorgesehen, die in Proben von Blut und/oder Knochenmark einen negativen MRD-Status erreichten.
Nach zwölfmonatiger Behandlung mit Ibrutinib/Venetoclax hatten 58 % der Teilnehmer im Blut und 40 % im Knochenmark einen negativen MRD-Status. Die Rate kompletter Remissionen verbesserte sich von 40 % nach 8 Monaten bis auf 68 % nach 38 Monaten.
Die Geschwindigkeit der MRD-Eradikation in den ersten zwei Monaten unter der Kombination bezeichnete Prof. Munir als guten Prädiktor für ein dauerhaftes Ansprechen. Der Anteil MRD-negativer Patienten blieb langfristig mit 50 % im Blut und 40 % im Knochenmark weitgehend stabil.
Anhaltende MRD-Negativität trotz Therapiestopp
Gut zwei Drittel der Teilnehmer (68 %) konnten die Behandlung aufgrund des anhaltenden negativem MRD-Status im Studienverlauf beenden. Bei 27 Patienten wurde Venetoclax für mindestens ein Jahr abgesetzt, bei 25 Patienten zusätzlich Ibrutinib. Der MRD-Status von 17 Patienten blieb negativ, vor 18 Monaten wurden sie das letzte mal behandelt. Weitere fünf Teilnehmer wiesen eine geringe MRD auf und werden seit 19 Monaten nicht mehr behandelt. Der Kollege betonte jedoch, dass aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht von allen Patienten Daten erhoben werden konnten. Der Median im progressionsfreien und Gesamtüberleben (OS) ist bislang nicht erreicht. Die geschätzte 36-Monatsrate des PFS betrug 95,9 %, die für das OS 97,7 %.
Das finale Update von MURANO nach median 59-monatigem Follow-up untermauert die Bedeutung der MRD-Negativität als wichtigen Prädiktor für ein verbessertes PFS und OS.3 In der Phase-3-Studie mit 389 rrCLL-Patienten wurde die auf zwei Jahre begrenzte Therapie von Venetoclax/Rituximab mit Bendamustin/Rituximab als etabliertem Standard verglichen.
Das Vier-Jahres-Update der Studie hatte bereits einen Vorteil im PFS und OS für die mit Venetoclax/Rituximab behandelten Teilnehmer ergeben, berichtete Dr. Arnon Kater vom Cancer Center Amsterdam.4 Die Überlegenheit hielt auch drei Jahre nach Behandlungsstopp an: Das mediane PFS im Arm mit Venetoclax/Rituximab fiel mit 53,6 Monaten mehr als dreimal so lang aus wie mit Bendamustin/Rituximab (17 Monate; Hazard Ratio [HR] 0,19; p < 0,0001). Die Fünf-Jahresrate des OS war unter Venetoclax/Rituximab 20 Prozentpunkte höher als die in der Kontrollgruppe (82,1 % vs. 62,2 %; HR 0,40; p < 0,0001).
Hohe Effektivität von Venetoclax/Rituximab
Ein negativer MRD-Status bei Therapieende ging im Prüfarm mit einem verlängerten PFS und OS einher. Bei 61,3 % der Patienten mit fehlender MRD war die CLL auch drei Jahre später noch nicht progredient. Alle Erkrankten mit hochpositivem MRD-Status von mehr als 10-2 erlitten hingegen in diesem Zeitraum einen Progress. 83 der 130 Patienten, die nach zweijähriger Venetoclax-Gabe nicht progredient waren, blieben weiterhin MRD-negativ.
Die OS-Raten drei Jahre nach Therapieende betrugen im MRD-negativen Kollektiv 95,3 % und waren bei hochpositivem MRD-Status um 10,3 Prozentpunkte niedriger. Die Zeitspanne zwischen Therapieende und MRD-Konversion bei MRD-Negativen betrug 19 Monate, die zwischen MRD-Konversion und Progress zusätzliche 25 Monate. Zudem zeichnete sich in der Kaplan-Meier-Kurve für das Intervall zwischen Therapiestopp und MRD-Konversion ein Plateau ab, was laut Prof. Kater auf eine Risikoabnahme für die Konversion mit der Zeit deutet. Im Fünf-Jahres-Update blieben 32 Patienten dauerhaft MRD-negativ.
* minimal residual disease
** Fludarabin, Cyclophosphamid, Rituximab
Quellen:
1. Wierda WG et al. 62. ASH-Meeting (virtuell) 2020; Abstract 123
2. Munir T et al. 62. ASH-Meeting (virtuell) 2020; Abstract 124
3. Kater AP et al. 62. ASH-Meeting (virtuell) 2020; Abstract 125
4. Kater AP et al. J Clin Oncol 2020; 38: 4042-4054; DOI: 10.1200/JCO.20.00948
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