
Meilenstein in der Behandlung

Nicht immer ist das progressionsfreie Überleben mit Tyrosinkinase-Inhibitoren so lange, wie man sich das beim Ausschalten einer wesentlichen Treibermutation wünschen würde. Mit neuen zielgerichteten Substanzen könnte sich auch das verbessern, glaubt PD Dr. Matthias Scheffler von der Uniklinik Köln.1 Grund für den Optimismus sieht er am Beispiel der zielgerichteten Behandlung von RET-Fusionen: In der ersten Publikation zur RET-gerichteten Erstlinientherapie des NSCLC betrug die Ansprechrate mit Cabozantinib in einer Phase-2-Studie gerade einmal 28 %. Mit dem neueren RET-Hemmer Selpercatinib wurde eine Rate von 85 % erreicht. Zudem ist dieser Inhibitor im Gegensatz zu Cabozantinib auch ZNS-gängig. Allerdings wird ein potenziell neuroprotektiver Effekt hirngängiger TKI erkauft mit einem höheren Potenzial neurologischer und psychiatrischer Nebenwirkungen, räumte PD Dr. Scheffler ein.
Insgesamt liegen die Ansprechraten auf die zielgerichtete Behandlung mit 60–90 % über denjenigen der Immuntherapie, betonte der Referent. Innovationen würden die Effektivität der Substanzen für die verschiedenen Alterationen erhöhen, glaubt er und verwies auf die hohe Wirksamkeit des Drittgenerations-ALK-Inhibitors Lorlatinib versus aller übrigen „-inibs“. Allerdings fehlen hier noch die medianen PFS-Daten.
ALK-Hemmer zeigen Wirksamkeit
Schon mit bisherigen ALK-Hemmern war ein medianes PFS von 35 Monaten erreicht worden. Dabei handelt es sich bei Tumoren mit ALK-Alterationen um besonders aggressive Erkrankungen. Das mediane PFS der von Lungenkrebs Betroffenen betrage für TKI gegen Treibermutationen wie BRAFV600E, METEx14SM oder EGFRL858R nur 10–15 Monate; im Fall von Alterationen im ROS1-Gen, der EGFRdel19-Mutation oder RET-Fusionen sind es über 20 Monate.
Die Unterschiede sollten nicht erstaunen, findet PD Dr. Scheffler. Die Treibermutationen seien ganz unterschiedlich – mal handele es sich um Punktmutationen, mal um Alterationen eines ganzen Chromosomenabschnitts. Und die Zielstrukturen der Therapie reichen von membranständigen oder internalisierten, daueraktivierten TKI (z.B. durch ALK-Rearrangements) bis hin zu veränderten Elementen von Signalketten nachgeordnet zu TKI. „Die TKI-Therapie ist nicht über einen Kamm zu scheren“, betonte PD Dr. Scheffler.
Optionen in der Erstlinie
Aktuell stehen in der Erstlinie für verschiedene Targets mindestens zwei Konkurrenzprodukte zur Verfügung:
- für NTRK-Fusionen Entrectinib oder Larotrectinib,
- für ROS1-Alterationen Entrectinib und Crizotinib,
- für RET-Translokationen Selpercatinib sowie Pralsetinib und
- für ALK-Translokationen/Rearrangements Lorlatinib und viele andere TKI.
Die derzeit in der Zweitlinie eingesetzten TKI, z.B. bei KRASG12C-Mutationen, könnten zukünftig ebenfalls in die Erstlinie vorstoßen. Für insgesamt etwa ein Drittel der NSCLC-Patient:innen im Stadium IV ist aktuell eine zielgerichtete Behandlung möglich. Alle Personen mit fortgeschrittener Erkrankung sollten daher zuerst auf therapierelevante Treibermutationen getestet werden, betonte PD Dr. Scheffler.
Erst wenn dies kein Ergebnis bringt, kommt die PD-L1-Testung infrage – und im Fall einer hohen PD-L1-Expression dann Checkpoint-Inhibitoren ergänzend zur Chemotherapie. Mit einem Ansprechen von rund 47 % und einem medianen PFS von 8,8 Monaten ist dieses Vorgehen in der Erstlinie den zielgerichteten Substanzen bei identifizierter Treibermutationen klar unterlegen, zitierte der Referent die Keynote-189-Studie als Benchmark für seine Übersicht.2
Quellen:
1. Scheffler M. Jahrestagung 2022 der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie; Vortrag V59 „Genomische Medizin: neue Treibermutationen und gezielte Therapien“
2. Gandhi L et al. N Engl J Med 2018; 378: 2078-2092; DOI: 10.1056/NEJMoa1801005
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).