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Neuroleptika gegen alles? Studie hinterfragt breiten Einsatz

Eine unkontrollierte Psychose greift das Gehirn an – ein unkontrollierter Neuroleptikaeinsatz aber auch. In einer aktuellen Bildgebungsstudie untersuchte man erstmals placebokontrolliert den Einfluss der Medikamente auf die zerebrale Morphologie. Teilnehmer waren Patienten im Alter zwischen 18 und 85 Jahren, die zusätzlich zu einer Depression unter psychotischen Symptomen litten. Sie erhielten zur Remissionsinduktion zwölf Wochen lang offen das atypische Neuroleptikum Olanzapin und das Antidepressivum Sertralin.
Geschrumpfte Großhirnrinde vor allem bei Älteren
Anschließend folgte eine achtwöchige Stabilisierungsphase. In die 36-wöchige Doppelblindphase wurden nur Patienten mit kompletter Remission der psychotischen Symptome aufgenommen, die Depression musste fast vollständig abgeklungen sein. Alle nahmen nun weiterhin Sertralin ein, zusätzlich bekamen sie Olanzapin oder Placebo. Zu Beginn und nach 36 Wochen bzw. bei einem Rückfall erfolgte ein Hirnscan (MRT). Die Daten von 72 Patienten konnten ausgewertet werden.
Unter Olanzapin zeigten vor allem die älteren Probanden eine Reduktion der kortikalen Dicke, im Bereich der Hirnoberfläche gab es keine wesentlichen Veränderungen. Beschränkte man die Analyse auf Teilnehmer mit anhaltender Remission, verringerte die Therapie mit dem Neuroleptikum signifikant die kortikale Dicke der linken Hemisphäre.
Diese Beobachtungen sind jedoch kein Grund, generell auf die Substanzen zu verzichten, betont die Autorengruppe um Dr. Aristotle N. Voineskos vom Centre for Addiction and Mental Health in Toronto. Bei psychotischen Erkrankungen mit ihren potenziell lebensbedrohlichen Folgen bleiben Neuroleptika unverzichtbar. Die Off-Label-Anwendung vor allem bei Kindern und älteren Menschen sollte jedoch noch einmal überdacht werden, vor allem, wenn es therapeutische Alternativen gibt.
Quelle: Voineskos AN et al. JAMA Psychiatry 2020; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2020.0036
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