Neuroleptikum geht ans Herz: Toxische Kardiomyopathie unter Clozapintherapie

Dr. Elke Ruchalla

Bei dem  jungen Mann aus dem Fallbeispiel lag eine ausgeprägte Kardiomegalie vor. (Agenturfoto) Bei dem jungen Mann aus dem Fallbeispiel lag eine ausgeprägte Kardiomegalie vor. (Agenturfoto) © iStock/SIphotography

Wenn Sie eine Therapie mit Clozapin planen, fragen Sie unbedingt nach Herzerkrankungen und klären Sie eine Insuffizienz ab! Denn mitunter macht die Pumpe wegen des Medikaments schlapp – nicht nur zu Beginn, sondern auch Monate später, wie dieser Fall zeigt.

Ein 31-Jähriger mit seit mehreren Jahren bestehender schizoaffektiver Störung klagte bei der Aufnahme in die Universitätsklinik Tübingen über Belastungsdyspnoe, Abgeschlagenheit und Schwindel, die seit zwei Monaten bestünden. Vor einer Woche seien Herzrasen und dauernde Atemnot dazugekommen.

Laborwerte gaben keinen Hinweis auf Myokardschäden

In der Anamnese erfragten Dr. Lars­ Mizera­ von der Abteilung für Kardiologie und Angiologie und seine Kollegen eine schizoaffektive Störung. Dagegen schluckte der Patient bereits seit zwei Jahren eine Kombination aus Lithium, Clozapin und Venlafaxin. Unter anderen Medikamenten kam es immer wieder zu refraktären Verläufen und teils suizidalen Tendenzen.

Bei dem stark übergewichtigen Mann (BMI 36,3 kg/m2) ergab die körperliche Untersuchung bis auf eine leicht erhöhte Herzfrequenz und diskrete prätibiale Ödeme keine pathologischen Befunde. Die Laborwerte zeigten einen Lithiumspiegel oberhalb des therapeutischen Bereichs, aber keinen Hinweis auf Myokardschäden. Ebenso fanden sich im EKG bis auf eine gering verlängerte QTc-Zeit nur unspezifische Veränderungen.

In der Röntgenuntersuchung des Thorax stellte sich bei freier Lunge eine ausgeprägte Kardiomegalie dar. Die Herzschädigung bestätigten die Tübinger Kollegen dann in der transthorakalen Echokardiographie, bei der sie eine stark verminderte Auswurfleistung nachwiesen (linksventrikuläre Ejektionsfraktion 15 %). Dazu kamen ein erweiterter linker Ventrikel und Vorhof, und auch die Funktion der rechten Herzkammer schien eingeschränkt. Im daraufhin angesetzten Herzkatheter fanden die Kardiologen unauffällige Koronararterien, aber eine pulmonale Hypertonie mit deutlich vermindertem Herzindex (1,8 l/min pro m2).

Clozapin durch Olanzapin plus Mirtazapin ersetzt

Die endgültige Diagnose einer chronischen toxischen Kardiomyopathie erbrachte schließlich die Endomyokardbiopsie. Zunächst kümmerten sich die behandelnden Ärzte um die Herzinsuffizienz und stellten den Patienten mit Betablockern, ACE-Hemmern und einem Aldosteron-Rezeptor-Antagonisten ein. Unter der Annahme, dass Clozapin für die kardiale Beeinträchtigung verantwortlich war, änderten sie dann die Psychopharmakotherapie auf zunächst Amisulprid und Mirtazapin. Wegen extrapyramidaler Nebenwirkungen wurde später Amisulprid durch Olanzapin ersetzt.

Nach sechs Wochen ergaben die Kontrolluntersuchungen eine wesentlich verbesserte Herzfunktion, die QTc-Zeit lag nun im Norm­bereich. Die psychiatrische Erkrankung war unter den neuen Medikamenten zu diesem Zeitpunkt stabil. Wenn auch nur der geringste Verdacht auf eine Kardiomyopathie aufkommt, wird die Echokardiographie obligat, warnen die Autoren.

Quelle: Mizera L et al. Internist 2019; 60: 1209-1214; DOI: 10.1007/s00108-019-00674-2

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Bei dem  jungen Mann aus dem Fallbeispiel lag eine ausgeprägte Kardiomegalie vor. (Agenturfoto) Bei dem jungen Mann aus dem Fallbeispiel lag eine ausgeprägte Kardiomegalie vor. (Agenturfoto) © iStock/SIphotography