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Hydroxychloroquin: Schwächt das Antirheumatikum Herz und Muskeln?

In der Notaufnahme der Klinik klagte ein 57-jährige Frau mit Lupus erythematodes über eine Muskelschwäche, die über Monate hinweg zugenommen habe. Die Myasthenie war zuletzt so ausgeprägt, dass die Patientin nicht mehr alleine vom Stuhl aufstehen konnte, berichtet das Team um den Internisten Dr. Florian Wille vom Klinikum Dritter Orden in München. Seit neun Jahren nahm die Frau wegen der Autoimmunerkrankung Hydroxychloroquin ein. Kumulativ kamen etwa 950 g zusammen.
Die Ärzte sahen eine deutlich abgemagerte Patientin vor sich. Wie sich herausstellte, hatte die Dame in den vergangenen 18 Monaten ungewollt mehr als 20 Kilogramm Gewicht verloren. Die körperliche Untersuchung von Lunge und Herz-Kreislauf-System verlief unauffällig, auch neurologisch fand sich nichts Bemerkenswertes. Allerdings fiel eine massive Kraftminderung vor allem der proximalen Muskeln auf – die Frau konnte den Kopf nicht selbstständig von Kissen anheben.
Patientin mit hochgradigem diastolischem Herzversagen
Anzeichen für einen Muskelschaden zeigte auch die Laboruntersuchung: Die Werte für Kreatinkinase sowie Lactatdehydrogenase waren stark erhöht. Die ebenfalls zu hohen Messergebnisse des Kreatinkinase-Isoenzyms vom MB-Typ, von Troponin T und Glutamat-Oxalacetat-Transaminase ließen die Kollegen zudem an einen Schaden des Herzmuskels denken.
Im EKG fand sich außer einem atrioventrikulären Block ersten Grades mit inkomplettem Rechtsschenkelblock und unspezifischen Erregungsrückbildungsstörungen nichts Auffälliges. Die QT-Zeit war normal.
Das Herzecho alarmierte die Kollegen dann allerdings: Es zeigte ein hochgradiges diastolisches Herzversagen mit linksventrikulärer Hypertrophie, die systolische Pumpfunktion war weitgehend erhalten. Die MRT-Untersuchung bestätigte den Befund, und schließlich ergab die Myokardbiopsie ausgeprägte chronische Schäden an den Herzmuskelzellen mit deutlich verminderter Zahl an Myofibrillen. Damit stand die Diagnose fest: hydroxychloroquininduzierte Kardiomyopathie.
Zwischenzeitlich hatten sich Herz- und Lungenfunktion der Kranken so weit verschlechtert, dass sie auf die Intensivstation verlegt worden war. Dort setzten die Mediziner das Hydroxychloroquin ab. Trotzdem kam es am neunten Tag nach der Aufnahme zum irreversiblen Linksherzversagen mit Asystolie und zum Tod der Patientin.
Auch wenn der Arzneistoff bekanntermaßen die QT-Zeit verlängern kann, ist eine Kardiotoxizität unter Hydroxychloroquin sehr selten, betonen die Autoren. Ähnliches gilt für Neuromyopathien. Dennoch raten die Kollegen zum jährlichen EKG und zur regelmäßigen Kontrolle von Muskelenzymen und den spezifischen Biomarkern einer Myokardschädigung. Fallen pathologische Werte auf, ist die Überweisung zum Kardiologen geboten.
Der Fortgang nach Absetzen von Hydroxychloroquin ist sehr variabel, so die Autoren abschließend. Er reicht von deutlicher Befundverbesserung bis hin zu rasch progredienten und letalen Verläufen. Warum manche Patienten derart sensibel auf die Substanz reagieren und was dafür prädisponiert, ist unklar. Eine Korrelation zu Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen oder der Kumulativdosis konnte bislang nicht nachgewiesen werden.
Quelle: Wille F et al. Der Internist 2020; 61: 854-859; DOI: 10.1007/s00108-020-00820-1
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