Adipositas Rein in den Speck
Mit rund 650 Millionen Betroffenen weltweit stellt die Adipositas die häufigste chronische Erkrankung dar. Bislang gilt die bariatrische Chirurgie als effektivste Methode, um einen nachhaltigen Gewichtsverlust zu erzielen. Das könnte sich jedoch bald ändern: Der Magenbypass bekommt möglicherweise Konkurrenz aus der Apotheke, meint Prof. Dr. Ania Jastreboff von der Yale University: Tirzepatid, ein dualer Rezeptoragonist der beiden Inkretin-Hormone GIP (Gluose-dependent Insulinotropic Polypeptide) und GLP-1 (Glucagon-like Peptide 1), führt bei stark übergewichtigen Personen zu einer deutlichen und dauerhaften Gewichtsabnahme.
Gewichtsabnahme um 15–20 % in 16 Monaten
An der an 119 Zentren in neun Ländern durchgeführten SURMOUNT-1-Studie nahmen 2.539 Erwachsene mit einem BMI ≥ 30 bzw. ≥ 27 und begleitenden Komplikationen (z.B. Hypertonie, Schlafapnoe) teil. Ein Diabetes stellte ein Ausschlusskriterium dar. Je etwa ein Viertel erhielt einmal wöchentlich eine Subkutanspritze mit 5, 10 oder 15 mg Tirzepatid bzw. einem Placebo.
Nach 72 Wochen betrug die durchschnittliche Gewichtsabnahme in den drei Tirzepatid-Gruppen rund 15, 20 bzw. 21 %, im Kontrollarm dagegen nur rund 3 %. Auch im Hinblick auf die kardiometabolischen Endpunkte wie den Bauchumfang, den Blutdruck, die Lipide und den Blutzuckerhaushalt erwies sich der duale Rezeptoragonist als vorteilhaft. Das Medikament verursachte dabei lediglich leichte bis mittelschwere gastrointestinale Nebenwirkungen.
Großes Potenzial für die Adipositastherapie?
Auch Prof. Dr. Clifford Rosen von der Tufts Universität in Boston zeigt sich von der Effektivität von Tirzepatid beeindruckt und sieht großes Potenzial für die Adipositastherapie. Allerdings seien auch noch viele Fragen offen: Schützt Tirzepatid langfristig auch vor schweren kardiovaskulären Komplikationen? Wie verändern sich die gastrointestinalen Nebenwirkungen während der Behandlung? Und welche Risiken drohen bei einer Langzeittherapie? Weitere Studien müssen diese und andere Fragen klären.
Quellen:
1. Jastreboff AM et al. N Engl J Med 2022; DOI: 10.1056/NEJMoa2206038
2. Rosen CJ et al. N Engl J Med 2022; DOI: 10.1056/NEJMe2206939