RA und axSpA Ohne RABBIT geht es kaum
Registerdaten sind eine wichtige Ergänzung zu den Erkenntnissen aus klinischen Studien. Denn sie haben den Vorteil, dass auch die Daten derjenigen Patienten einfließen, die aus RCT meist ausgeschlossen sind. Zudem ist durch den längeren Verlauf der Nachbeobachtung eine bessere Aussage zur Sicherheit möglich, betonte Prof. Dr. Anja Strangfeld vom Deutschen Rheumaforschungszentrum in Berlin.
Eine für die Rheumatologen entscheidende Datenquelle ist das seit 2001 laufende RABBIT-Register. Über 22.500 Patienten mit rheumatoider Arthritis (RA) wurden inzwischen darin aufgenommen, und über 25 Therapien mit für die RA zugelassenen Wirkstoffen stehen unter Beobachtung.
Ärzte und Patienten liefern gemeinsam Daten
Das Follow-up mit regelmäßigen Messzeitpunkten dauert mindestens fünf Jahre. In die Dokumentation gehen von ärztlicher Seite u.a. Daten zur Krankheitsaktivität, Therapie und zu unerwünschten Ereignissen ein. Der Patient liefert Rückmeldungen zu Schmerz, Funktion und Lebensqualität, aber auch zu seiner Arbeitssituation und den AU-Zeiten.
Die Real-World-Daten spiegeln auch das Verschreibungsverhalten wider. So erhöhte bei Einführung der ersten JAK-Inhibitoren (JAKi) das Vorhandensein relevanter Komorbiditäten wie Diabetes, KHK oder Hypertonie die Wahrscheinlichkeit für die Verordnung der damals neuen Wirkstoffe. Nach Veröffentlichung der EMA-Sicherheitshinweise erhielten dagegen vor allem Patienten mit vorangegangenen erfolglosen DMARD-Therapien einen JAKi. Der schlechtere Gesundheitszustand ist mittlerweile eher etwas, das gegen den JAKi-Einsatz spricht, berichtete Prof. Strangfeld.
Die EMA-Sicherheitswarnung hat aber nicht nur die Rheumatologen in der Praxis, sondern auch die RABBIT-Forscher beschäftigt. Sie wollten wissen, wie es unter JAKi und TNF-Blockern in puncto schwerer unerwünschter kardiovaskulärer Events (major adverse cardiac events, MACE) aussieht. Dazu überprüften sie die Daten von 8.000 Patienten mit neu eingeleiteter RA-Therapie.
In der Gesamtkohorte traten innerhalb von fünf Jahren 154 MACE auf, jeweils 65 fatale/nicht fatale Myokardinfarkte und Schlaganfälle sowie 25 Todesfälle anderer kardiovaskulärer Ursache. Die Inzidenzraten für MACE unterschieden sich zwischen den einzelnen Therapiegruppen – JAKi, TNF-Blocker, andere Biologika, csDMARD – nicht signifikant. Das Gleiche galt für die Untergruppe von Patienten mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko (Alter über 50 Jahre plus mindestens ein weiterer Risikofaktor) – wenngleich die Inzidenzen in dieser Gruppe erwartungsgemäß höher ausfielen.
Erinnerungs-App wird gut genutzt
Im Rahmen eines Verbundprojekts mit Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wurde in das RABBIT-Register eine Medikations-Erinnerungs-App integriert. Die App dient gleichzeitig der Forschung, weil die Daten über einen sicheren Datenlink zum Register geschickt werden. Die ersten Ergebnisse zeigen, dass mehr als ein Drittel der Teilnehmer von Polypharmazie betroffen sind, also mindestens fünf Medikamente täglich einnehmen. Die Erinnerung an die Einnahme der Medikamente kommt offenbar gut an: 52 % der Patienten, die die App auf ihrem Smartphone installiert haben, nutzten sie über drei Monate hinaus, berichtete Prof. Strangfeld.
In der Hauptanalyse wurde das MACE-Risiko unter JAKi, anderen Biologika und csDMARD im Vergleich zu dem unter TNF-Blockern berechnet. Auch dabei zeigte sich weder bei den Patienten mit noch bei denjenigen ohne erhöhtes kardiovaskuläres Risiko ein signifikanter Unterschied. Weiteren Subgruppenanalysen zufolge erhöhte auch weder das Geschlecht noch das Alter (über/unter 65 Jahren) oder der Rauchstatus das kardiovaskuläre Risiko unter JAKi im Vergleich zu TNF-Blockern.
Bias durch risikoadaptierte Therapie der Rheumatologen?
Beobachtungsstudien aus Registerdaten weisen allerdings eine wichtige Limitation auf: Die Patienten sind nicht randomisiert. Möglicherweise behandeln die deutschen Rheumatologen so risikoadaptiert, dass sich keine Risikoerhöhung finden ließ, gab Prof. Strangfeld zu bedenken.
Register für axSpA und PsA kommt ohne Papier aus
Seit Mai 2017 existiert in Deutschland auch für die axiale Spondyloarthritis (axSpA) und die Psoriasisarthritis (PsA) ein eigenes Register: RABBIT-SpA unterscheidet sich von seinem großen Bruder RABBIT darin, dass es ohne Papier auskommt und die Daten in einer webbasierten Plattform eingegeben werden. Bisher wurden über 3.000 Patienten eingeschlossen, wobei die beiden Krankheitsbilder axSpA und PsA etwa hälftig verteilt sind.
Eine wichtige Erkenntnis aus RABBIT-SpA betrifft depressive Symptome. Die Daten zeigen, dass unter beiden Erkrankungen jeweils 8 % der Betroffenen schwere depressive Symptome gemessen am WHO-5-Score entwickelten.
Unter moderaten depressiven Beschwerden leidet sogar jeder fünfte axSpA- oder PsA-Patient. Begünstigt werden Depressionen durch eine hohe Krankheitsaktivität, eine starke Funktionseinschränkung und eine ausgeprägte Fatigue. Einen protektiven Effekt scheint dagegen Bewegung zu haben. Wer mindestens eine Stunde pro Woche körperlich aktiv war, litt seltener unter depressiven Beschwerden als inaktive Patienten.
Depressive Symptome beeinflussen die Betroffenen offenbar auch bei der Wahrnehmung der Krankheitsaktivität. Dies zu wissen ist wichtig für den behandelnden Rheumatologen, sagte Prof. Strangfeld: Denn je stärker die Beschwerden ausgeprägt waren, desto mehr unterschied sich die Einschätzung der Krankheitsaktivität des Betroffenen von der des Arztes.
Quelle: Rheuma live „Real World Data“ vom 4.3.2024, streamed-up.com