Leberkrankheit geht ans Herz

Dr. Andrea Wülker

Bei geschädigter Leber auf kardiale Funktionsstörungen achten. Bei geschädigter Leber auf kardiale Funktionsstörungen achten. © iStock/Kazachek

Zu einer fortgeschrittenen Lebererkrankung gesellt sich häufig ein Herzschaden, die sogenannte zirrhotische Kardiomyopathie. Die Diagnose ist schwierig, da sich die Störung meist nur unter Belastung zeigt. Eine regelmäßige Überprüfung der kardialen Funktion ist daher anzuraten.

Zirrhosepatienten weisen nicht nur neurologische, pulmonale und nephrologische Komplikationen auf, sie können auch kardiale Probleme entwickeln. Eine häufig unterdiagnostizierte, aber klinisch bedeutsame Folgeerkrankung stellt die zirrhotische Kardiomyopathie (CCM) dar, schreiben Dr. Philipp­ Kasper­ von der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsklinikums Köln und Kollegen. Bis zu 50 % der Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung haben Schätzungen zufolge ein „zirrhotisches Herz“. Verschiedene Pathomechanismen tragen zur Entwicklung der CCM bei.

Komplexe Pathophysiologie

Bei Leberzirrhose steigt der portale Gefäßwiderstand aufgrund der fibrotischen Leberveränderungen an. Dies setzt vasoaktive Mediatoren frei, die im Splanchnikus-Stromgebiet eine ausgeprägte Vasodilatation bewirken, was wiederum eine zentrale Hypovolämie bedingt. Ergebnis ist eine hyperdyname Zirkulation. Die Veränderung der Hämodynamik im Splanchnikusgebiet beeinflusst die Darmpermeabilität, sodass vermehrt Endotoxine in den Pfortaderkreislauf gelangen. Dadurch kommt es zu einer systemischen Entzündungsreaktion. Im Verbund induzieren diese Vorgänge eine Störung der kardiomyozytären Membran, was klinisch zu einer systolischen und diastolischen Dysfunktion führen kann. Darüber hinaus wird bei CCM häufig ein strukturelles kardiales Remodeling mit Hypertrophie und Myokardfibrose beobachtet.

Während sich die CCM im körperlichen Ruhezustand meist nicht bemerkbar macht, tritt sie in hämodynamischen Belastungssituationen (z.B. bei körperlicher Anstrengung, Volumenmangel, systemischem Infekt) durch eine inadäquate kardiale Anpassungsreaktion klinisch in Erscheinung. Das Krankheitsbild der zirrhotischen Kardiomyopathie setzt voraus, dass der betroffene Patient keinerlei kardiovaskuläre Grunderkrankung wie etwa eine ischämische oder hypertensive Herzkrankheit aufweist. Die sichere Diagnose einer CCM ist im klinischen Alltag allerdings oft schwierig. Denn in Ruhe entspricht sie einer Herzinsuffizienz Stadium B (strukturelle Herzerkrankung ohne Herzinsuffizienzsymptomatik). Andererseits können typische Symptome wie Ödeme und Leistungsabfall sowohl bei einer Lebererkrankung als auch bei einer Herzinsuffizienz auftreten.

Subklinische Störungen per Herzecho aufdecken

Als Leitkriterium der CCM gilt die systolische und/oder diastolische Dysfunktion. Daher ist eine spezifische diagnostische Abklärung erforderlich, wobei vor allem die Echokardiographie eine bedeutende Rolle spielt: Mit ihrer Hilfe lassen sich auch subklinische kardiale Funktionsstörungen erfassen. Bei CCM-Patienten ist die diastolische Funktion oft stärker beeinträchtigt als die systolische. Als weitere diagnostische Merkmale nennen die Autoren:
  • elektrophysiologische Veränderungen (Verlängerung des QTc-Intervalls)
  • chronotrope oder ino­trope Inkompetenz
  • Erhöhung kardialer Biomarker (z.B. natriuretische Peptide)
  • strukturelle Veränderungen (z.B. Vergrößerung des linken Vorhofs)
Bisher gibt es für die zirrhotische Kardio­myopathie keine spezifischen, allgemein anerkannten Behandlungsoptio­nen. Wenn Patienten eine symptomatische Herzinsuffizienz entwickeln, sollte zunächst diuretisch behandelt werden, wobei sich Aldosteron-Antagonisten als vorteilhaft erwiesen haben. Nicht-selektive Betablocker können die portale Hyertonie senken und die hyperdynamische Belastung mindern. Allerdings dürfen Beta­blocker nicht verabreicht werden, wenn Zirrhosepatienten klinische Zeichen der akuten Dekompensa­tion, eine Hypotonie, akute Nierenfunktionsstörung oder Sepsis zeigen, da dies ihre Prognose verschlechtern könnte. Dr. Kasper und seine Kollegen betonen, dass die kardiale Funktion bei allen Zirrhosepatienten regelmäßig kontrolliert werden sollte, auch um weiteren Komplikationen wie dem hepatorenalen Syndrom vorzubeugen. Ein Herz-Check ist insbesondere vor größeren invasiven Maßnahmen und Operationen unbedingt zu empfehlen.

Quelle: Kasper P et al. Dtsch Med Wochenschr 2021; 146: 1070-1076; DOI: 10.1055/a-1321-9523

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